Home>Fußball>

"RB Leipzig tut dem Osten gut"

Fußball>

"RB Leipzig tut dem Osten gut"

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

"RB Leipzig tut dem Osten gut"

Von Reinhard Franke

{ "placeholderType": "MREC" }

München - Wer als Fußballfan in diesen Tagen an den Mauerfall 1989 zurückdenkt, dem kommt automatisch Eduard "Ede" Geyer, in den Sinn.

Der 70 Jahre alte frühere DDR-Nationaltrainer ist eine Ikone des Ost-Fußballs.

Seine größten Erfolge feierte Geyer als Spieler in der DDR-Oberliga, wo er mit Dynamo Dresden 1971 Pokalsieger und zwei Mal Deutscher Meister (1971 und 1973) wurde.

{ "placeholderType": "MREC" }

Sein größter Erfolg als Trainer war 2000 der Aufstieg mit Energie Cottbus in die Bundesliga. Die Lausitzer hatte er 1994 in der Regionalliga übernommen.

Am 9. November jährte sich der Mauerfall zum 25. Mal und zu diesem Anlass spricht Geyer im SPORT1-Intervierw über den heutigen Fußball im Osten, RB Leipzig und blickt zurück auf den historischen Tag der Wende.

SPORT1: Herr Geyer, wo haben Sie den Mauerfall erlebt und was haben Sie damals gedacht?

Eduard "Ede" Geyer: (lacht) Ich hatte zuerst gar keine Gedanken. Wir waren in der Sportschule in Leipzig und haben uns auf das letzte Qualifikationsspiel in Österreich vorbereitet. Wir konnten das zuerst gar nicht einordnen, dass die Mauer gefallen war. Wir haben uns erst mal die Frage gestellt, wie es nach der Grenzöffnung nun weitergeht.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Acht Teams der ehemaligen DDR wurden nach der Wende in die 1. und 2. Bundesliga eingegliedert. Heute sind nur noch drei Klubs in der Zweiten Liga dabei. Wie erklären Sie sich diesen Einbruch des Ost-Fußballs?

Geyer: Wir wissen ja, wie der Fußball funktioniert. Man braucht eine gesunde Wirtschaftlichkeit und vor allem fähige Leute, die versuchen, das alles umzusetzen. Es mangelt im Osten an Geld und an großen Sponsoren. Die Zweite Liga müsste auch mit weniger Geld machbar sein, doch dazu braucht man Personen, die Ahnung vom Fußball haben.

SPORT1: War der Aderlass nach dem Fall der Mauer zu viel für die Ostvereine? Talente wie Matthias Sammer, Andreas Thom oder Ulf Kirsten gingen in den Westen.

Geyer: Die Vereine waren damals noch nicht bereit und strukturell auch noch nicht in der Lage mit den anderen Klubs mitzuhalten, die das schon Jahre praktiziert haben. Da war es normal, dass sich die Spieler an den Klubs orientierten, die schon Jahre in der Bundesliga waren. Die Spieler wollten in der Bundesliga spielen, weil die West-Vereine allesamt lukrativer waren.

SPORT1: Ein Grund waren fehlende Strukturen?

Geyer: Mit Sicherheit. Wir mussten im Osten erst mal ganz vieles aufbauen und alles neu lernen. Es war klar, dass nicht alles glatt ging. Die andere Seite war die, dass wir auch Vereine hatten, die in der Bundesliga gespielt hatten wie Dresden, Leipzig, Rostock oder Cottbus. Heute sind wir vom europäischen Fußball oder von der Bundesliga sehr weit entfernt. Und das wird sich auch in der Zukunft nicht ändern. Leider. Es sei denn, es kommt ein Emir oder ein Scheich daher, der einen Verein fördert.

SPORT1: Waren die Ostvereine durch den Mauerfall und den Einzug des Kapitalismus in den Fußball überfordert?

Geyer: Natürlich. Es mussten, wie schon erwähnt, ganz neue Strukturen geschaffen werden und man musste neue Wege gehen. Damals hat man in den Präsidien lange zusammen gesessen und hat versucht, den DDR-Fußball ganz neu zu entwickeln. Ich denke aber, dass die Leute in der Kürze der Zeit sehr klug gehandelt haben. Das war schon bemerkenswert, denn es war nicht so leicht von einer Gesellschaftsordnung in die andere zu springen, ohne dabei Fehler zu machen. Und Fehler sind gemacht worden. Es wurde natürlich schnell begriffen, wie der Hase läuft.

SPORT1: Sie haben drei Jahre für Sachsen Leipzig gearbeitet. Wie ist es zu erklären, dass in dieser Stadt erst Red Bull kommen muss, damit es Profifußball geben kann?

Geyer: Das haben wir in der Vergangenheit schon erlebt, dass sich die beiden Vereine Sachsen Leipzig und Chemie Leipzig lange Zeit nicht grün waren. Die haben sich immer nur bekämpft. Wir sind damals Erster in der Staffel geworden, haben aber keine Lizenz gekriegt. Als man mal hoch kommen konnte, lief einiges schief. Dazu der dauernde Kampf, weil keiner den anderen akzeptiert hat. Deshalb konnte sich da nichts entwickeln. Die Leipziger sind eigentlich selber schuld.

SPORT1: Dabei gab es schon lange genug Potenzial dort.

Geyer: Ganz genauso ist es. Dort gibt es eine große Fußball-Kultur und die Leute haben einfach diese Querelen satt. Die Menschen sind froh, durch RB Leipzig endlich wieder Profifußball zu sehen. Der Verein tut dem Osten gut. Manche Verfahrensweisen sind sicher fragwürdig, aber es kam mehr Fußball-Kultur in die Liga, gerade was die Talente angeht.

SPORT1: Wird es in Ostdeutschland auf lange Sicht nur mit dem Modell Red Bull Bundesliga-Fußball geben?

Geyer: Zumindest sind die finanziellen Möglichkeiten gegeben, den Fußball so zu etablieren, dass man nicht bloß in der Liga mitspielt, sondern, dass es auch eine Chance gibt, sich lange dort zu halten. Erst mal in der Zweiten Liga und dann später eine Etage höher, denn ich traue RB den Aufstieg in die Erste Liga zu.

SPORT1: Sie haben den Aufstieg in die Bundesliga einst mit Energie Cottbus geschafft. Warum gelang dies mit einem einst zu DDR-Zeiten unbedeutendem Klub und die großen Vereine schafften dies nicht?

Geyer: Da gehörte etwas Ahnung vom Fußball und eine Gruppe von Menschen dazu, die etwas zu sagen haben und sich untereinander vertrauten. Da hatte man dann versucht die Mannschaft etwas zu verstärken. Am Ende brauchtest du auch etwas Glück und Geduld dazu. Die Entscheidungsträger müssen sich untereinander vertrauen.

SPORT1: War es Zufall, dass Sie in Deutschland auch nach der Wende als Trainer nur bei Ost-Klubs tätig waren?

Geyer: Das war Zufall, ja. Das hat sich so ergeben. Natürlich hätte ich gerne mal einen großen Bundesligaverein trainiert. Das kann man sich wünschen, aber ich jammere jetzt nicht rum. Ich hatte auch nach der Wende immer Arbeit und sportlichen Erfolg. Ich muss nicht traurig sein, weil mir irgendetwas nachhängt. Wenn mein Anspruchsdenken zu hoch gewesen wäre, dann hätte ich gar nicht in Cottbus anfangen dürfen. Die Bedingungen dort waren sehr schlecht.

SPORT1: Gibt es trotzdem die Sehnsucht, nochmal Cottbus-Trainer zu sein?

Geyer: Nein. Ich würde Cottbus und Dresden gerne helfen, aber mehr in beratender Funktion. Als Trainer würde ich höchstens nochmal ins Warme wollen.