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Besessener vs. Taktik-Fuchs

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Besessener vs. Taktik-Fuchs

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Besessener vs. Taktik-Fuchs

Von Andreas Reiners und Denis de Haas

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München - Das erste Aufeinandertreffen ist eine halbe Ewigkeit her.

Vor mehr als 20 Jahren war das. Beim FC Barcelona. Natürlich. Wo auch sonst.

Lucien Favre hospitierte damals als junger Trainer unter dem damaligen Coach Johan Cruyff. Pep Guardiola war zu der Zeit noch Spieler bei den Katalanen.

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Beeinflusst und inspiriert in ihrer eigenen Philosophie als Trainer wurden beide von dem Niederländer. Und das bis heute.

Doch natürlich haben sich beide über die Jahre verändert, haben diese Vorstellung vom Fußball aus den frühen 90er Jahren weiterentwickelt. Versucht, sich selbst und zugleich die Idee zu verbessern. Doch die Basis, erlernt beim FC Barcelona, die blieb gleich.

Das Ziel, das beide eint: Das perfekte Spiel. Eine ewig fortwährende Suche, der sich die beiden Fußball-Feingeister mit Leib und Seele verschrieben haben.

Offensiv, spektakulär und erfolgreich

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Die Umsetzung: Auf jeden Fall offensiv. Im besten Fall erfolgreich. Und wenn es geht, dabei natürlich gerne auch spektakulär.

Favre und Guardiola sind sich ähnlich, und dabei doch sehr verschieden. SPORT1 stellt vor dem Topspiel der Bundesliga (ab 17 Uhr LIVE bei SPORT1.fm und im LIVE-TICKER) die beiden Trainer im großen Check gegenüber.

• Gegneranalyse

Favres Leitmedium: DVDs. Der Perfektionist kann Stunden, ja Tage damit verbringen, den Gegner zu studieren. Seine Erkenntnisse teilt er der Mannschaft mit klaren, strukturierten Ansagen mit.

Eine Kostprobe vor dem Spitzenspiel: "Die Bayern machen immer ein Dreieck, einen Diamanten im Spielaufbau. Damit sie immer eine Möglichkeit haben, eine Lösung zu finden. Sie kommen zudem immer zwischen den Linien, stehen sehr hoch bei der Balleroberung, pressen sofort im Rücken und kontern 30 Meter vor dem Tor."

Favre ist also stets auf alle Unwägbarkeiten, auf alle möglichen Varianten des Gegners vorbereitet. Taktisch überraschen kann man ihn kaum noch. Die Bayern sowieso nicht.

Auch Guardiola gönnt sich den ein oder anderen DVD-Abend. Die Blockbuster mit Real Madrid, Manchester City oder dem FC Arsenal schaut er sich vor wichtigen Champions-League-Spielen stundenlang an.

Aber auch Independet-Filme legt Guardiola in seinen Player. Er analysiert auch den Erstrundengegner im DFB-Pokal haarklein. So glänzte Guardiola vor der Partie in Münster mit Details zu den Preußen-Spielern.

Natürlich versucht Guardiola auch einige Vor-Ort-Beobachtungen in seinen Terminplan reinzupacken.

Wie vor drei Wochen, als die Bayern ihren Oktoberfestbesuch hatten. Kurz geschunkelt, an der Maß genippt und schon ging's in den Flieger nach Rom. Schließlich wollte Guardiola dort den AS beobachten.

Der Kurztrip hat sich im Nachhinein gelohnt, wenn man das Ergebnis in der Champions League betrachtet.

Apropos Königsklasse. Dort sieht Guardiola auch die Gladbacher. "Das ist eine Champions-League-Mannschaft", sagte er über das Team von Favre.

• Persönlichkeit

Favre gilt als Gentleman der Branche. Gut gekleidet, modisch mit Maßanzug und dazu dem Vereinsemblem auf der Brust versehen. Immer höflich und freundlich, aber auch zurückhaltend, bisweilen sogar reserviert im Umgang, vor allem mit den Medien. Als Trainer ist er detailversessen, akribisch, ehrgeizig.

Ein versessener Fußball-Fachmann, Realist, aber auch ein Dickkopf. Feilt stets an seinen Spielern, aber auch an sich selbst. Er ist beileibe kein Lautsprecher. Formuliert lieber eine Floskel mehr als eine populistische Aussage zu viel.

Aber: Bei Ungerechtigkeiten wie der Handspiel-Regel wird er laut, redet sich in Rage, explodiert verbal und philosophiert über das nahende Ende des Fußballs.

Guardiola vermeidet öffentliche Ausbrüche. Auch er schützt seine Spieler - so lange sie seinen Weg mitgehen. Weichen Guardiola-Schützlinge davon ab, wird es für sie ungemütlich.

Das hat beim FC Bayern schon Mario Mandzukic erfahren, der kurz vor dem DFB-Pokalfinale aus dem Kader flog.

Während seiner Zeit beim FC Barcelona servierte Guardiola zudem Topstars wie Ronaldinho, Samuel Eto'o oder Zlatan Ibrahimovic ab. Der Schwede bezeichnete seinen Ex-Trainer übrigens einst als feige.

Doch Guardiola hat schon bewiesen, dass er sich Problemen stellt. Nicht nur auf dem Fußballplatz: So tritt er öffentlich für die Unabhängigkeit Kataloniens ein, sprach zuletzt auch auf einer Kundgebung in Berlin.

• Taktik

Favre setzt auf ein blitzschnelles Umschaltspiel, gepaart mit so viel Ballbesitz und Laufbereitschaft wie möglich, dabei immer auf eine funktionierende Defensive bedacht. Er kann dank eines qualitativ breiten Kaders taktisch variieren, so auch auf den Gegner und den Spielverlauf reagieren.

Dafür braucht der 56-Jährige spielerisch intelligente, gedankenschnelle und technisch ausgereifte Spieler, die sein System bis ins letzte Detail verinnerlichen können. Die hat er inzwischen.

Guardiola galt in seiner aktiven Spielzeit als Passmaschine. Deshalb kann er sich auch als Trainer an langen Ballstaffetten ergötzen - allerdings müssen diese zielführend sein.

Der schnelle, direkte Spielstil, mit dem Barca begeisterte, hieß "El Toque". Damit läutete Guardiola eine Stilepoche ein.

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Die Spielform Tika-Taka mag der Startrainer nicht - so steht es zumindest im Buch "Herr Guardiola". "Ich hasse dieses Tiki-Taka", wird der Starcoach zitiert. Er meint damit Ballgeschiebe, das nicht zum Ziel führt.

Dieses haben die Bayern im Frühjahr gegen Real Madrid gezeigt und scheiterten sang- und klanglos in der Champions League. Guardiola war auf einmal der Sturkopf, der nur sein System spielen will.

Das er aber bereit für Experimente ist, bewies er drei Wochen später: Da schickte er gegen Borussia Dortmund eine Dreierkette auf den Rasen und gewann den DFB-Pokal.

• Erfolge

Seine größten Erfolge als Trainer feierte Favre in seiner Heimat. Mit Servette Genf wurde er 2001 Pokalsieger, vier Jahre später auch mit dem FC Zürich.

Mit dem Klub holte er zudem 2006 und 2007 die Meisterschaft. Der größte Coup gelang Favre in Gladbach 2011 mit dem Klassenerhalt in der Relegation und dem Erreichen der Champions-League-Qualifikation im Jahr darauf.

Guardiola spart sich durch das ständige Trophäenstemmen den Besuch im Fitnessstudio. Beim FC Barcelona gewann er 15 Trophäen in vier Spielzeiten.

Und auch beim FC Bayern hat sich Guardiola schon vier Titel geholt. Die Meisterschaft in der Saison 2014/15 scheint nur noch Formsache zu sein.

Zu dominant ist sein Team bislang aufgetreten, zu schwach die Konkurrenz. Derzeit sieht es so aus, als könne nur einer die Bayern stoppen: Lucien Favre.