In Film und Fernsehen ersetzt der Platzhalter bei der Lichtprobe den Schauspieler. Denn der hat schließlich Besseres zu tun bis zu seinem Auftritt und übernimmt erst, wenn alles geregelt ist.
Der Platzhalter vor dem Abschied
© Getty Images
Absurd wird es, wenn dieser Platzhalter vorher noch den ganzen Laden retten muss. Zum zweiten Mal geht der VfB Stuttgart nun schon diesen Weg mit Huub Stevens.
Erst Veh, jetzt Zorniger
Wieder hat er einen Vertrag bis Saisonende bekommen. Vor einem Jahr stellte der VfB Armin Veh als Protagonisten auf Stevens' mehr oder weniger recht ausgeleuchteten Platz. Diesmal soll es wohl Alexander Zorniger werden. Auf Nachfrage von SPORT1 wollte sich der Verein dazu nicht äußern.
Dafür wurde am Donnerstagabend bekannt, dass Sportdirektor Jochen Schneider den Verein wohl zum Saisonende verlassen wird (NEWS: Schneider verlässt offenbar Stuttgart). Ein Vorbote von Stevens' Abschied?
Noch gibt sich Stevens in der Öffentlichkeit gelassen. Einer zum Streicheln wird der Niederländer nicht mehr, seine Oberfläche hat aber mittlerweile immerhin mehr Charme als die Hakenseite eines Klettverschlusses.
Thon glaubt an "Krisenmanager" Stevens
"Er war schon in ähnlichen Situationen und hat immer gezeigt, dass er ein Krisenmanager ist", sagte Olaf Thon zu SPORT1, selbst sechs Jahre lang Spieler auf Schalke unter Stevens.
2007 rettete er den HSV in der Rückrunde vor dem Abstieg, erreichte gar noch den UEFA-Pokal. Im letzten Jahr dann gelang der Klassenerhalt mit dem VfB.
Bei Pleite gegen Hertha weg
Auch diesmal wird er kaum den ersten Abstieg seiner Trainerlaufbahn erleben: Bei einer weiteren Heimniederlage am Freitag gegen Hertha BSC (ab 20.15 Uhr im LIVETICKER bei SPORT1 und LIVE im Sportradio auf SPORT1.fm) ist er wohl schon weg.
Seine Lage schätzt er kühl ein: "Ich habe in der letzten Woche schon gesagt, dass ich nicht das erste Mal in der Bundesliga arbeite und das Geschäft kenne."
Von Anfang an war Stevens seine Rolle klar. Er muss niemandem mehr etwas beweisen. "Die vier Monate hier kriege ich schon auch noch rum", sagte er nach dem 1:1 in Hannover am Samstag halb im Scherz. Aber eben nur halb.
Kaum noch Hoffnung
Bei aktuell schon vier Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz hat Thon kaum noch Hoffnung in Stuttgart, bei allem Vertrauen in Stevens. "Die Chance, dass sie in der Bundesliga bleiben, liegt bei unter 50 Prozent. Aber ich drücke alle Daumen, die ich habe", sagte er SPORT1.
Mit Herthas Trainer Pal Dardai trifft Stevens jetzt auf einen weiteren seiner Ex-Spieler. "Er macht eine ehrliche Arbeit, ist ein taktisch sehr guter und sehr erfahrener Trainer", sagte Dardai, von 2002 bis 2003 zusammen mit Stevens bei der Hertha.
Selten klang ein Lob so unspektakulär. Ehrliche Arbeit ist natürlich nichts Schlechtes, der VfB braucht gerade aber deutlich mehr.
Stevens kommt an
Dabei kommt Stevens gut an bei den Spielern, obwohl einige Bedenken hatten, als ihn der Verein zurückholte. "Ich würde den Abstiegskampf gerne weiter mit Huub Stevens bestreiten und bestehen", sagte Kapitän Christian Gentner dem Kicker. Stevens lässt niemanden fallen, auch nicht den seit über einem Jahr torlosen Vedad Ibisevic. "Es ist unglaublich, wie gut die Jungs drauf sind und was für ein Zug im Training ist", lobte der Trainer.
Die Art der Spieler hat sich verändert seit seinem Debüt in der Bundesliga 1996, und mit ihr Stevens. Er versucht sich nichts anmerken zu lassen von seiner Unzufriedenheit über nur zwei Siege in elf Bundesligaspielen unter ihm in dieser Saison.
Emotion bricht manchmal heraus
Hinderlich dabei: "Ich bin kein Schauspieler", sagte er neulich. Seine Emotionen brechen also an manchen Stellen heraus. Nur nicht dort, wo man es eigentlich erwartet.
Sportdirektor Robin Dutt scheut vor einem Bekenntnis bis Saisonende zurück. "Huub Stevens und ich haben ein enges, vertrauensvolles Verhältnis. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Von mir gibt es keine grundsätzliche Aussage dazu", sagte er.
Stevens findet sich damit ab. Früher hätte es womöglich geknallt, genau wie mit einigen Spielern. Die Reibungsflächen schrumpfen.
Es fehlt Qualität im Kader, deshalb würde auch eine härtere Art wenig nutzen. Gegen die Hertha fehlt auch noch der bislang beste Torjäger Martin Harnik rotgesperrt. Als einer der wenigen hat Stevens in Stuttgart nur die sportlich beste Lösung im Blick, stärkt das Selbstvertrauen der Spieler, so gut es geht.
Ab sofort steht in jeder Partie Stevens' Job auf dem Spiel. Manchmal erinnert er sich noch selbst daran, dass ihm das nichts ausmacht.
Als er am Mittwoch einen Journalisten auf der wöchentlichen Pressekonferenz wegen einer Frage zur Aufstellung zurechtwies, fiel ihm schnell ein: "Ich muss nicht böse werden. Das muss ich nicht tun." So leise wie hier hat man Huub Stevens noch nie reden gehört.