Von Christian Paschwitz und Joanna Kouzina
HSV-Crunchtime: Endspiel für Zinnbauer
© imago
Großes Hurra in der Hansestadt: Hamburg besiegt Berlin.
Auch die Granden des HSV jubelten, als sich der Deutsche Olympische Sportbund am Montag mit seiner Empfehlung auf die Nord-Metropole als deutschen Kandidaten für Olympia 2024 festgelegt hatte.
Karl Gernandt bemühte bei SPORT1 fix den Brückenschlag zum Abstiegskampf-Bundesliga gegen Hertha BSC (Fr., 20 Uhr im LIVETICKER und im Sportradio auf SPORT1.fm):
"Das ist das beste Omen für Freitagabend", sagte der Aufsichtsratsboss. "Wenn uns da auch ein Sieg gelingt, dann ist der Himmel wieder ganz, ganz golden."
Westermann: "HSV nicht zu halten"
Und ungeachtet der bitteren 0:3-Pleite bei 1899 Hoffenheim frohlockte Heiko Westermann sogar im Kicker: "Wenn wir es schaffen, die Stimmung zu drehen, dann sind die Möglichkeiten riesig. Der HSV wäre nicht zu halten, wenn er wieder ins Rollen kommt."
Forsche bis schon realitätsferne Töne vom Tabellen-15. - denn die Fakten erscheinen trübe und grau: Nur drei Punkte entfernt vom direkten Abstiegsplatz. Die schlechteste Offensive bei gerade mal 16 erzielten Toren.
Und dazu unter Joe Zinnbauer keine erkennbare Weiterentwicklung. Der Trainer selbst sagt: "Es gibt nur noch Endspiele für uns." (SERVICE: Tabelle)
Womöglich ist das Kräftemessen mit der Hertha auch Zinnbauers letzter Auftritt auf der HSV-Bank. Denn der 44-Jährige muss dringend punkten, soll die persönliche Lage und die für den Klub nicht noch prekärer werden.
Fünf Spiele ohne Sieg
Seit fünf Spielen gelang kein Sieg mehr, die jüngsten Auftritte zeugen mitnichten von einer Wende durch ein Team, das vor allem mit sich selbst zu kämpfen hat.
Nicht nur wegen permanenter Verletzungssorgen. (Die Highlights gegen 1899 zum Nachhören auf SPORT1.fm)
Westermann ist immer wieder mal für einen Patzer gut, Rafael van der Vaart spielt momentan keine Rolle mehr für die Stammelf.
Stürmer Ivica Olic hing zuletzt nur noch in der Luft, und wegen der Rotsperre für Jaroslav Drobny wird nun auch noch eine Rochade auf der Torwart-Position in Person von Rene Adler nötig.
Laufeinheit schon um 8 Uhr
Der Ernst der Lage wirkt bei den HSV-Verantwortlichen indes allein rhetorisch bewusst.
"Ich glaube, dass wir in der Hinrunde den Kontakt zur Realität ein bisschen verloren und uns zu sicher gefühlt haben", sagt Gernandt - und schwärmt über die Gegenwart: "Die ganzen kämpferischen und athletischen Werte sind nach oben gegangen."
Nach Außen hin zeigt man beim HSV Flagge, werden die Ärmel öffentlichkeitswirksam aufgekrempelt.
Zinnbauer setzte am Dienstag bereits um 8 Uhr eine Laufeinheit an, zieht die Zügel an. Die Mannschaft wiederum arbeitet ohne ihren Trainer in einer Krisensitzung die Niederlage gegen Hoffenheim auf.
Gernandt stützt Zinnbauer, aber...
Fraglich bleibt allein, ob all das langt im anstehenden "Sechs-Punkte-Spiel", in dem Zinnbauer "Hertha mit unten reinziehen" will.
Nun ist auch noch Westermann mit Knieproblemen angeschlagen, und danach stehen die wenig aussichtsreichen Duelle in Leverkusen und gegen Wolfsburg an.
Dann vielleicht schon ohne Zinnbauer?
Gernandt stützt den Trainer noch: "Er ist perfekt in der Lage ist, in einer solchen Situation eine Mannschaft anzuheizen. Er ist schon der richtige Mann und ein Kämpfer vor dem Herrn."
Trainerfrage: Beiersdorfer mauert
Vorstandsboss Dietmar Beiersdorfer will bei SPORT1 das Vertrauensverhältnis zu Zinnbauer aber "nicht erörtern. Ich kann nur sagen, dass unser Trainer sehr leidenschaftlich alles gibt, volle Einsatzbereitschaft zeigt und die Mannschaft auf das Spiel immer sehr gut vorbereitet."
Warme Worte. Welchen Wert sie haben, wird die Zukunft weisen.
Zur Erinnerung: Auch bei Zinnbauers Vorgänger Mirko Slomka zog Beiersdorfer wegen ausbleibender Resultate schließlich die Reißleine.
Kühne lauert im Hintergrund
Beunruhigend für Thomas Helmer ist überdies:
"Coach Joe Zinnbauer macht aktuell keine gute Figur. Er hat nach dem Spiel wieder nur darauf hingewiesen, dass die anderen Teams ja auch nicht gepunktet haben", sagte der SPORT1-Experte im Volkswagen Doppelpass - und sieht Gefahren für eine Weiterbeschäftigung des einstigen U-23-Coachs bei den Profis.
Im Hintergrund lauert ohnehin Kaderfinanzierer Kühne, der ein Zittern wie in der Relegationsssaion kaum gutheißen dürfte.
Kurzum: Es ist Crunchtime - der HSV und Zinnbauer müssen Zählbares liefern. Sonst mündet der olympische Stimmungsaufheller schnell in Lippenbekenntnisse inklusive Abstieg.