Die Dortmunder Krise nimmt ungeahnte Ausmaße an - ohne Aussicht auf schnelle Besserung. Nach der 1:2-Niederlage gegen Tottenham Hotspur und dem blamablen Gruppen-Aus in der Champions League geht es längst nicht mehr um eine einfache, sportliche Talfahrt.
Dortmund hat Angst vor der Wahrheit
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Die erschreckende und zugleich leblose zweite Halbzeit (wie schon in Stuttgart) offenbart viel mehr Probleme als nur eine verunsicherte Mannschaft. Ab sofort geht es für den BVB auch darum, den Erfolg einer ganzen Saison und die mittelfristige Entwicklung eines ganzen Fußballklubs nicht zu gefährden.
Die derzeitige Gesamtsituation kratzt bereits gefährlich an der Marke Borussia Dortmund. Der Abstand zur nationalen und europäischen Spitze ist so groß wie lange nicht mehr.
Höchste Alarmstufe also für Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc. Ab sofort müssen alle, auch noch so bittere Erkenntnisse auf den Tisch. Die BVB-Bosse dürfen keine Angst vor unbequemen Wahrheiten zeigen. Das Leugnen von grundsätzlichen Problemen könnte noch mehr irreparablen Schaden anrichten.
Ich habe aber immer noch den Eindruck, dass die Krise nicht voll angenommen wird, auch mit allen drohenden Konsequenzen. Der Ernst der Lage bedingt eine schonungslose Analyse und Offenheit - sofort!
Trainer Peter Bosz findet in der täglichen Zusammenarbeit mit seiner Mannschaft keinerlei Lösungen. Aber genau daran muss sich Thomas Tuchels Nachfolger jetzt messen lassen. Das Ergebnis von Bosz’ Krisenmanagement ist ernüchternd. Spieler wie Trainer wirken eher noch mehr verunsichert, gar ratlos. Eine Besserung ist nicht in Sicht, selbst nicht im anstehenden Revierderby gegen den Erzrivalen FC Schalke 04.
Dabei fühle ich mich in der Systemfrage bestätigt. Eine überwertete Scheindiskussion, wie sich in den Niederlagen gegen den FC Bayern München und die Tottenham Hotspurs (jeweils mit neuem System) zeigte.
Besonders kritisch sehe ich die Kaderplanung des BVB, auch das darf bei den Bossen kein Tabu-Thema mehr bleiben. Der Verkauf von Ousmane Dembele vor der Saison war für den Preis absolut richtig.
Bei der ganzen Diskussion um die Offensive blieb aber offenbar allen Beteiligten eine elementare Defensiv-Schwäche verborgen. Abwehrspieler wie Jeremy Toljan, Marc Bartra oder Ömer Toprak genügen höheren Ansprüchen nicht. Die Borussia hat ein Qualitätsproblem in der Defensive und das müssen die BVB-Bosse in der Winterpause auf dem Transfermarkt korrigieren.
Der BVB hat sich im Sommer gegen einen unbequemen, aber erfolgreichen Trainer Thomas Tuchel entschieden. Ich finde diese Entscheidung nach wie vor richtig und konsequent, wenngleich auch riskant. Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc tun gut daran jetzt auch konsequent zu bleiben. Das bedeutet im Klartext, ihre eigenen Fehler schnell zu korrigieren. Die Entlassung von Peter Bosz darf längst kein Tabu-Thema mehr bleiben.