Der 28. Juni 2012 ist kein ruhmreicher Tag in der Karriere von Toni Kroos. Damals verlor er mit der deutschen Mannschaft 1:2 gegen Italien.
Vom Statisten zum Chefstrategen
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Bundestrainer Joachim Löw hatte ihn im Halbfinale der EM 2012 gegen Italien in die Startelf beordert. Kroos sollte die Kreise von Italiens Star Andrea Pirlo einengen.
Aber Löws Taktik funktionierte nicht, die deutsche Mansnchaft verlor mit 1:2 und schied aus. Pirlo leitete dabei Italiens Führungstreffer ein.
"Wir hatten damals auch einen Plan, der ist vielleicht nicht ganz so aufgegangen", sagte Kroos am Donnerstag in Evian. "Allerdings haben wir das Spiel nicht durch die Taktik verloren, sondern durch individuelle Fehler, die gegen Italien schwer zu korrigieren sind."
Kein Italien-Trauma
Nein, ein Italien-Trauma habe er nicht, sagte Kroos. Warum auch? Schließlich habe er auch nur einmal bei einem Turnier gegen die Squadra Azzurra gespielt. Am Samstag will er mit dem DFB-Team im Viertelfinale gegen Italien (ab 20 Uhr in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) den Spieß umdrehen.
"Wir schauen, dass wir uns ideal vorbereiten und mit welcher Taktik wir aufs Feld gehen, um Italien zu schlagen. Ich bin da sehr, sehr optimistisch", meinte der 26-Jährige.
Kroos' Zuversicht hat auch viel mit seiner eigenen Entwicklung zu tun. Bei der EM 2012 war er Ergänzungsspieler, bis er im Halbfinale in der Startelf stand. Bei der WM 2014 gehörte er zwar zu den Leistungsträgern, strahlte aber noch nicht die absolute Dominanz aus.
Von Micoud geadelt
Heute ist der Real-Star sowohl beim DFB-Team als auch in Madrid nicht nur unangefochtene Stammkraft, sondern auch Denker und Lenker.
"Er bestimmt bei uns das Tempo, spielt sehr kluge Pässe, hat in schwierigen Situationen Verantwortung übernommen und ist noch torgefährlicher geworden", sagte Jerome Boateng auf SPORT1-Nachfrage: "Er hat sein Spiel auf die Mannschaft übertragen und ist einer der wichtigsten Spieler in Madrid und auch bei uns."
Sein Spiel auf die Mannschaft übertragen - Boateng schreibt Kroos klassiche Regisseur-Qualitäten zu.
Da passt es ins Bild, dass ein legendärer Regisseur Kroos adelt.
"Ich bewundere Toni Kroos. Jedes Mal, wenn er einen Ball abspielt, bietet er sich wieder in einem freien Raum an", sagte Johan Micoud zuletzt beim französischen Sender L’Equipe 21.
Kroos fühlte sich offensichtlich geschmeichelt und antwortete bei Twitter: "Merci Monsieur! Du weißt, wie sehr ich dich auch bewundere."
Heynckes als großer Förderer
Vor zehn Jahren nahm Kroos' Karriere Fahrt auf, als er als 16 -Jähriger in die Jugend des FC Bayern wechselte. Er schaffte den Sprung zu den Profis, hatte beim damaligen Trainer Jürgen Klinsmann aber keinen leichten Stand und wurde an Bayer 04 Leverkusen ausgeliehen.
Dort wurde er unter Jupp Heynckes zum Stammspieler, der auch nach seiner Rückkehr nach München sein großer Förderer war.
Nach dem Triple-Gewinn 2013 unter Heynckes und einem Jahr in München unter Pep Guardiola wechselte er 2014 als Weltmeister zu Real Madrid.
Konstanz und Titel
"Es war in meinen Augen eine ganz normale Entwicklung im Verein und in der Nationalmannschaft", meint Kroos, "dass man dazukommt, dabei ist, immer mehr Minuten bekommt und wenn die Leistung stimmt, dass man irgendwann fest spielt und ein ganz anderes Ansehen hat."
Die letzten vier Jahre seien für ihn "natürlich hervorragend gelaufen. Was sich an der Konstanz der Leistung und an dem Erreichten, den Titeln widerspiegelt."
Mit Real gewann er Ende Mai die Champions League, mit der Nationalmannschaft peilt er den EM-Triumph an. Darauf legt er seine volle Konzentration, Nebengeräusche blendet er aus.
Wechselgerüchte schiebt er beiseite
Angesprochen auf die Spekulationen um einen Wechsel zu Manchester City, sagte er: "Wenn ich anfange, jedes Gerücht zu kommentieren, komme ich da nicht mehr raus. Ich sollte ja angeblich auch schon zurück zum FC Bayern gehen. Ich bin Spieler von Real Madrid und habe noch vier Jahre Vertrag."
In Madrid ist Zinedine Zidane sein Trainer. Mit Frankreich wurde Zidane 1998 Weltmeister und zwei Jahre später Europameister. Finalgegner im Jahr 2000: Italien.