Der frühere deutsche FIFA-Schiedsrichter Bernd Heynemann kann die Diskussion um den italienischen Unparteiischen Nicola Rizzoli nachvollziehen. Dieser pfiff das EM-Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich.
Heynemann zu Rizzoli: Unglücklich
© Grafik SPORT1 Paul Hänel
"Ich habe schon im Vorfeld gesagt, dass dies eine sehr unglückliche Entscheidung war. Wenn man gegen Deutschland ausscheidet und fünf Tage später pfeift ein italienischer Schiedsrichter das deutsche Spiel. Dass das Diskussionen mit sich bringt, die man nicht haben muss, ist klar", sagte Heynemann im Gespräch mit SPORT1.
Nach der 0:2-Niederlage im EM-Halbfinale gegen Frankreich witterte Waldemar Hartmann eine Verschwörung gegen das DFB-Team. Der ehemalige ARD-Moderator glaubt, dass Rizzoli noch eine Rechnung mit der deutschen Mannschaft zu begleichen hatte.
"Ich hatte schon vor dem Spiel ein schlechtes Bauchgefühl", sagte Hartmann nach der Partie in Marseille im ZDF. Der 68-Jährige lieferte die Begründung gleich mit. Deutschland habe Italien im Viertelfinale im Elfmeterschießen glücklich besiegt. Daraufhin habe der europäische Schiedsrichter-Chef Pierluigi Collina seinen Landsmann Nicola Rizzoli für das Halbfinale des deutschen Teams angesetzt.
"Ohne Not da einen italienischen Schiedsrichter anzusetzen, habe ich nicht für glücklich gehalten", sagte Heynemann und fügte hinzu: "Über die Elfmeter-Entscheidung kann man diskutieren. Jetzt ist eine Basis geschaffen worden, um zu fragen, warum. Aber das muss Collina selber wissen."
Erinnerung an WM 2014
Hartmann lieferte gleich noch ein weiteres Argument. Rizzoli hatte nämlich auch das WM-Finale 2014 der Deutschen gegen Argentinien gepfiffen - und Argentinien einen Elfmeter versagt. Diesen Makel, so Hartmann, trage Rizzoli mit sich herum.
War Rizzolis Elfmeter gegen Deutschland nach dem Handspiel von Bastian Schweinsteiger nun eine Art ausgleichende Gerechtigkeit?
Hartmann dazu: "Den kannst du geben. Aber ich würde ihn nicht geben in der 44. Minute eines EM-Halbfinales. Punkt."
In dem Punkt widerspricht Heynemann: "Solange denkt ein Schiedsrichter nicht zurück. Du hast vielleicht dein letztes oder vorletztes Spiel im Kopf, aber dazwischen lagen ja 25 internationale Spiele."
"Entscheidung war unglücklich"
Und weiter: "Rizzoli hat das Spiel am Donnerstag im Griff gehabt, aber die Gelbe Karte gegen Emre Can löste schon Unmut aus. Diese Entscheidung war unglücklich, aber das hat nichts mit der Geschichte vor zwei Jahren zu tun."
Generell hatte Heynemann an den Schiedsrichter-Leistungen bei der EM nichts auszusetzen.
"Ich war im Wesentlichen mit den Schiedsrichter-Leistungen zufrieden, aber die große Linie, die gegenüber der WM 2014 praktiziert wurde, ist nicht immer eingehalten worden. Manchmal gab es Freistöße, wo man sich fragen musste, warum der gepfiffen wurde. Aber es war okay."
Fortschritte sieht Heynemann "in der Zweikampfbewertung" und beim Thema "lange Leine". "Da ist etwas durchgesetzt worden, was sich auch schon in der Endspielphase der Champions League und Europa League angedeutet hat, dass bei der EM großzügiger geleitet wird. Ich hoffe, dass sich das auch in der neuen Bundesliga-Saison positiv fortsetzt."