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Kolumne: Raphael Honigstein über Manchester United und David De Gea

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Kolumne: Raphael Honigstein über Manchester United und David De Gea

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"Madchester"

Raphael Honigstein erklärt in seiner SPORT1-Kolumne die Transfer-Panne zwischen Manchester United und Real Madrid - und hinterfragt das Tranferkonzept der Red Devils.
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© SPORT1 / Getty

Von Raphael Honigstein

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Und was wird jetzt aus dem Anzug? David De Gea’s Freundin und Eurovisions-Kandidatin Edurne Garcia (Platz 21), die einst Manchester als "hässlicher als die Hinterseite eines Eisschranks" bezeichnete, hatte für die geplante Vorstellung des Torhüters bei Real Madrid am Dienstag extra eine neue Hose und ein neues Sakko für ihn gekauft.

Dieses Outfit muss der 24-Jährige bis frühestens Januar einmotten, nachdem sein gut 30 Millionen Euro teurer Wechsel buchstäblich im letzten Moment gescheitert ist. 

United hatte kurz vor Mitternacht (MEZ) am Montag die nötigen Daten ins FIFA-Transfersystem eingegeben, Real Madrid kam nicht mehr dazu, bevor das System in Zürich dicht machte. Später, so teilten die Königlichen mit, hätte der FIFA-Computer es ihnen erlaubt, De Geas Daten noch nachträglich zu übermitteln, aber das wollten sie dann auf Grund der unsicheren Rechtslage nicht mehr. Schuld für das Desaster sei aber United, das zu lange brauchte, um sich mit De Geas designierten Nachfolger Keylor Navas zu einigen. 

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Das konnte der englische Rekordmeister natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Am Dienstagabend kam die Gegendarstellung. Madrid habe zu spät die nötigen Informationen nach Manchester geschickt und dazu auf den letzten Drücker auch noch die Konditionen geändert. "Manchester United wickelt seine Transfergeschäfte angemessen und effizient ab", heißt es in der letzten Zeile, und überhaupt: "Der Klub ist sehr glücklich, dass der zweifache (United-)Spieler des Jahres und Fan-Liebling David De Gea ein Manchester-United-Spieler bleibt".

Deal absichtlich an die Wand gefahren?

Dem Gesichtsausdruck von De Gea nach zu urteilen, ist das Glück womöglich einseitiger Natur. Der Keeper hatte den ganzen Tag in Madrid auf den Vollzug gewartet, musste aber dann traurig unverrichteter Dinge mit seinem Rollkoffer ins Mannschaftshotel des spanischen Nationalteams trotten. 

Der Verdacht liegt nahe, dass einer der beiden Vereine den Deal absichtlich an die Wand gefahren hat: Manchester United, um Madrid noch spät eins auszuwischen oder Madrid, weil man sich mit De Gea sowieso für die kommende Saison einig ist und ihn dann ablösefrei bekommt.

Die Wahrheit ist jedoch wohl nicht ganz so spannend: Beide Vereine einigten sich nach einem wochenlangen Stand-Off erst so spät auf eine akzeptable Lösung, dass schlichtweg die Zeit zu knapp wurde, diese akkurat umzusetzen. "Bei dieser Sache gibt es nicht Gewinner und Verlierer, sondern nur Verlierer", schrieb Kollege Gabriele Marcotti in seiner Kolumne für ESPN

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Ed Woodward ohne Megatransfer

Das stimmt grundsätzlich. Aber Einige (Keylor Navas, Real Madrid) können mit diesem Fiasko zweifelsohne besser leben als Andere. Louis van Gaal, der sich binnen kürzester Zeit schon mit seiner Nummer eins (David De Gea) und mit seiner Nummer zwei (Victor Valdes) überwarf, muss es nun schaffen, den bislang auf Eis gestellten Stammkeeper wieder zu integrieren.

Torwart Nummer drei,  Sergio Romero, hat bislang nicht überzeugt. Letztlich ist das De-Gea-Debakel auch nur die finale Pointe einer mal wieder unfreiwillig komischen Transferperiode der Red Devils. Zum dritten Mal in Folge scheiterte Geschäftsführer Ed Woodward bei dem Versuch, einen Superstar wie Cristiano Ronaldo, Gareth Bale oder Neymar nach Manchester zu locken.

Vorgänger David Gill war zwar auch nicht alles gelungen, aber zu Zeiten von Alex Ferguson gingen Deals und Nicht-Deals immerhin meist völlig geräuschlos über die Bühne. Woodward dagegen gibt inoffiziell stündlich Wasserstandsmeldungen ab. Bei den Fans in aller Welt entstehen so Hoffnungen, die regelmäßig wieder zerplatzen. Die Folgen sind Unmut und Ärger. 

"Madchester" hat Methode

Wie schon im Vorjahr, als für 75 Millionen Euro Angel di Maria einkaufte und Ausleihe-Stürmer Falcao für ein Jahr 30 Millionen Euro Gehalt überwies, hat bei Woodward Ende August die Panik eingesetzt. Um im Sturm nach dem Weggang von Robin van Persie und Chicharito nicht mit leeren Händen dazustehen, holte man für 50 Millionen Euro den 19-Jährigen Antony Martial vom AS Monaco.

Van Gaal beschrieb den Franzosen prompt als Spieler mit "Top-Perspektive", der aber noch Zeit benötige - Zeit, die weder van Gaal noch die Mannschaft wirklich haben. "Madchester" titelte die Daily Mail am Dienstag. Der Wahnsinn hat mittlerweile Methode: Wenn Woodward nicht mehr weiter weiß, ruft er bei Super-Berater Jorge Mendes an und lässt sich einen völlig überteuerten Neueinkauf aufschwatzen. Der Portugiese hatte Di Maria und Falcao eingefädelt und wickelte auch Martials Wechsel ab. 

Seit 2013: 330 Millionen Pfund in den Kader gepumpt

Seit Fergusons Abgang im Sommer 2013 hat Woodward grob 330 Millionen Pfund in den Kader gepumpt, das sind nach derzeitigem Kurs etwa 450 Million Euro. Besser ist United dabei jedoch nicht wirklich geworden, dafür zum besten Beweis für die Lebensnotwendigkeit eines versierten Sportdirektors, der sich auf dem Markt auskennt und dazu noch zwischen Trainer und Spielern vermitteln kann, falls es notwendig ist.

Van Gaal lotet mit seiner unnachgiebigen, von Starnamen gänzlich unbeeindruckten Linie bereits die Grenzen der Geduld aus. Auf den Niederländer kommen schwierige Zeiten zu. Und auch Woodward werden die amerikanischen Eigentümer vermutlich nicht ewig dilettieren lassen. 

Raphael Honigstein, geboren 1973 in München, zog 1993 nach London. Dort lebt und arbeitet er als Journalist und Autor. Für SPORT1 berichtet er ab sofort in der wöchentlichen Rubrik "London Calling" über alle Themen rund um den englischen Fußball. Honigstein arbeitet unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung", das Fußballmagazin "11 Freunde", die englische Tageszeitung "The Guardian", den Sportsender "ESPN" und ist in England und Deutschland als TV-Experte tätig.