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Raphael Honigstein über Diego Costa und Zukunft beim FC Chelsea

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Raphael Honigstein über Diego Costa und Zukunft beim FC Chelsea

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Costas Kampf gegen den inneren Hulk

Diego Costas neuerlicher Ausraster befördert ihn beim FC Chelsea weiter ins Abseits. Das könnte dem designierten neuen Coach Antonio Conte in die Karten spielen.
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© SPORT1-Montage: Philipp Heinemann / Getty Images / Imago

Am Dienstagmorgen teilte der italienische Verbandspräsident Carlo Tavecchio mit, dass Nationaltrainer Antonio Conte sein Amt nach der Europameisterschaft niederlegen wird. "Er braucht das Gefühl, jeden Tag auf dem Platz zu stehen", sagte Tavecchio.

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Conte wurde zwar noch nicht als kommender Chelsea-Trainer bestätigt - man wartet in West-London noch auf das im Mai anstehende Urteil aus dem Verfahren wegen seiner angeblich unterlassenen Meldung eines verschobenen Matches von 2011 - aber das Timing von Tavecchios Statement ist sicher kein Zufall.

Italy Training Session And Press Conference
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Chelseas Saison ist seit diesem Wochenende ja schon vorbei. Man muss keine Rücksicht mehr auf die Geschicke der Blauen nehmen.

Der FA-Pokal hätte als Trostpreis für das Aus in der Champions League dienen sollen. Doch nach dem 0:2 beim FC Everton am Samstag geht es für Chelsea nur noch darum, die anstehenden Ligapartien weitestgehend unfallfrei über die Bühne zu bringen.

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Ohne Diego Costa im Kader dürfte das in den nächsten Wochen leichter fallen. Der laut Passdaten 27-Jährige hat sich mit seinem ungebührlichen Verhalten gegenüber Schiedsrichter Michael Oliver und den Everton-Fans voraussichtlich eine lange Sperre eingehandelt. Am Mittwoch wird der englische Verband FA das Strafmaß bekanntgeben.

Diego Costa erwies sich im müden Kick gegen die Toffees mal wieder als ein Mann, der seine Aggressionen nicht in geregelte Bahnen lenken kann. Im Clinch mit Gareth Barry schien er kurz versucht, die Hauptschlagader des Gegners anzuknabbern, ersann sich aber dann gottlob im letzten Moment eines Besseren. Vom Platz flog er für die alte Oliver-Kahn-Nummer - auch der Titan zeigte ja manchmal zu viel Heißhunger auf dem Platz - natürlich trotzdem.

FBL-ENG-FACUP-EVERTON-CHELSEA
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Guus Hiddink warnte hinterher davor, auf den Spieler einzuprügeln. Diego Costa hat Glück, dass Barry sofort Druck aus der Affäre nahm ("Er hat mich nicht gebissen") - er hat im Gegensatz zu Luis Suarez noch nicht ganz den Status eines fußballerischen Staatsfeinds auf der Insel erreicht.

Für Chelsea und Conte wirft der neuerliche Ausfall trotzdem Fragezeichen auf. Diego Costa hatte sich beim 1:2 gegen Paris Saint-Germain bis zu seiner Auswechslung als einer der wenigen echten Klassespieler im Dress der Blues gezeigt. Conte, so hieß es noch am selben Abend an der Stamford Bridge, solle der in ihre Einzelteile zerfallenen Truppe wieder eine Identität und taktischen Zusammenhalt geben, sein Auftrag wäre jedoch nicht, eine neue Mannschaft zusammenzustellen.

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Wenn der sowieso schon verletzungsanfällige Diego Costa es jedoch auf Dauer nicht schafft, den Hulk in sich im Zaum zu halten, bricht einer der wenigen einigermaßen funktionierenden Eckpfeiler der Mannschaft komplett weg. Verein und Coach werden sich bald entscheiden müssen, ob der Torjäger physisch und psychisch in der Lage ist, jenen Rammbock zu geben, den jede waschechte Chelsea-Mannschaft braucht.

Diego Costa vom FC Chelsea jubelt
Diego Costa vom FC Chelsea jubelt

Gerüchte, wonach der gebürtige Spanier am liebsten zu Atletico Madrid zurückkehren würde, werden in den nächsten Wochen wieder lauter werden. In Spanien scheint man Spitzenspielern soziopathische Verhaltensweisen eher nachzusehen als im Vereinigten Königreich, wo Wehleidigkeit, Schwalben und hinterhältige Attacken auf dem Index stehen.

Vielleicht bietet der Ausraster des Brasilianers insgeheim auch eine Chance für Conte. Der Italiener könnte mit Verweis auf Diego Costas Unberechenbarkeit bei der Veränderung von Chelseas Identität im Sommer ganz vorne anfangen.

Raphael Honigstein, geboren 1973 in München, zog 1993 nach London. Dort lebt und arbeitet er als Journalist und Autor. Für SPORT1 berichtet er in seiner Premier-League-Kolumne über alle Themen rund um den englischen Fußball. Honigstein arbeitet unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung", das Fußballmagazin "11 Freunde", die englische Tageszeitung "The Guardian", den Sportsender "ESPN" und ist in England und Deutschland als TV-Experte tätig.