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Missbrauchsfälle im englischen Fußball: "Größte Krise" der Geschichte

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Missbrauchsfälle im englischen Fußball: "Größte Krise" der Geschichte

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Missbrauchsskandal in England weitet sich aus

Die Ausmaße des Skandals um missbrauchte Fußballer im Kindesalter aus den 1980er und 90er Jahren sind noch nicht abzusehen. Der Verbandschef verspricht schonungslose Aufklärung.
South Park v Dorking - The Emirates FA Cup Qualifying First Round
South Park v Dorking - The Emirates FA Cup Qualifying First Round
© Getty Images

Das Vorstandstreffen des englischen Fußball-Verbandes FA am Mittwoch hätte für dessen Vorsitzenden Greg Clarke ein Grund zur Freude sein sollen. Die FA beschloss dort, Interimstrainer Gareth Southgate zum neuen Nationalcoach zu machen - eine Erleichterung nach wochenlanger Hängepartie, auch wenn Southgates Vierjahresvertrag den Verband umgerechnet über neun Millionen Euro kosten soll. Doch auf der Agenda des Treffens stand noch ein anderes, sehr viel schwierigeres Thema: die laut Clarke "größte Krise" in der Geschichte der FA.  

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Hohe Dunkelziffer

Das Fußball-Mutterland wird seit zwei Wochen von einem Missbrauchsskandal erschüttert; fast täglich melden sich seither Betroffene, darunter frühere Nationalspieler, die als Kinder und Jugendliche meist in den 1980er- und 90er-Jahren von Trainern oder Scouts auch großer Klubs sexuell missbraucht worden sein sollen.  

Auslöser war ein mutiges Interview des Ex-Profis Andy Woodward in der BBC. Woodward (43) berichtete darin, wie er im Alter zwischen elf und 15 Jahren als Spieler des heutigen Viertligisten Crewe Alexandra missbraucht wurde - und von fehlender Unterstützung, als er innerhalb des Klubs um Hilfe bat. "Das ist die Mentalität des Fußballs", sagte Woodward, "dass nichts nach außen dringt." 

Entschädigungen in Millionenhöhe?

Doch das will die FA unter Clarke jetzt ändern. Der Vorsitzende spricht von "abscheulichen Verbrechen". Am Sonntag beschloss der Verband, eine Untersuchung einzuleiten, über deren Details am Mittwoch beraten wurde. Clarke stellte Betroffenen Entschädigungszahlungen in Aussicht, die laut Times in die Millionen gehen könnten. Klubs und verantwortliche Personen sollen zur Rechenschaft gezogen werden, die Vertuschungen endlich aufhören. "Und wenn die FA dabei schlecht aussieht, dann soll das so sein", sagte Clarke.  

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Doch nicht nur der Verband muss um sein Image fürchten. Wie die Times und der DailyTelegraph am Mittwoch übereinstimmend berichteten, soll der FC Chelsea einem ehemaligen Jugendspieler erst in den letzten drei Jahren ein Schweigegeld bezahlt haben. Der Kicker soll gedroht haben, öffentlich über sein Martyrium unter dem früheren Chefscout Eddie Heath zu berichten. Heath, von 1968 bis 1979 in dieser Rolle aktiv und inzwischen verstorben, hat zahlreiche prominente Profis entdeckt, darunter den späteren England-Kapitän Ray Wilkins.  

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Wilkins verteidigte Heath als "großartigen Typen", die Times jedoch zitierte einen namentlich nicht genannten Jugendspieler aus den 1970er-Jahren so: "Jeder sagte: Lass dich nicht von ihm unter der Dusche erwischen oder nach Hause fahren." Chelsea kündigte eine Untersuchung an.  

Missbrauch mehrmals am Tag

Derweil berichtete der ehemalige Nationalspieler Paul Stewart, er sei wie Woodward zwischen elf und 15 täglich von seinem Coach missbraucht worden. "Er war ein Monster", sagte er über seinen Peiniger, der Missbrauch habe ihn in Alkohol- und Drogensucht gestürzt. Andere Talente von einst berichteten, wie ihr Traum vom Profifußball zum brutalst möglichen Albtraum wurde.  

Laut Spielergewerkschaft PFA haben sich inzwischen über 20 Ex-Profis mit ähnlichen Geschichten gemeldet, auf einer eigens eingerichteten Hotline seien über 100 Anrufe eingegangen. Polizeistationen in acht Bezirken ermitteln, darunter im Großraum London.  

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Stewart glaubt, es könne schlimmer werden als beim Savile-Fall. Der ehemalige Entertainer Jimmy Savile hatte jahrzehntelang Minderjährige missbraucht, was erst nach seinem Tod 2011 bekannt geworden war. "Ich glaube, dass es damals einen Pädophilen-Ring gab", sagte Jason Dunford, ehemals Manchester City.  

Sportministerin Tracey Crouch hat derweil eine noch schlimmere Befürchtung: Die, dass der Fußball mit dem Problem nicht alleine ist. Sie hat bereits Vertreter von 40 weiteren Sportarten kontaktiert.