Die Fußstapfen, in die Francesco Pianeta treten könnte, sind gewaltig.

Sollte er den mit Spannung erwarteten Kampf gegen Ruslan Chagaev am Samstagabend in Magdeburg (22.45 Uhr im LIVETICKER) gewinnen, wäre er der erste deutsche Schwergewichts-Weltmeister seit Max Schmeling. Der erste seit 1930. Der erste seit 85 Jahren.

Es ist die ganz große Chance für Pianeta. Einen bis dahin in Deutschland weitgehend unbekannten Mann. Einen Mann mit bewegter Vergangenheit.

Mit sechs Jahren weg aus Italien

Im Alter von sechs Jahren wanderte der im italienischen Corigliano Calabro geborene Pianeta mit seinen Eltern nach Gelsenkirchen aus.

Die Anfänge dort seien nicht gerade einfach gewesen, deutet der mittlerweile 30-Jährige im Gespräch mit SPORT1 an, will aber nicht näher darauf eingehen.

Halt in der für ihn neuen Umgebung fand der junge Pianeta im Boxsport. Seit er 14 Jahre alt ist, schnürt er bereits die Handschuhe.

Schockdiagnose im Februar 2010

21 Kämpfe, 21 Siege: In den ersten viereinhalb Jahren seiner Profi-Laufbahn lief es für den 1,92 Meter großen Rechtsausleger wie am Schnürchen. Bis zum Februar 2010.

Weil er beim Training den Eindruck hatte, irgendetwas stimme nicht, suchte der Deutsch-Italiener eine Klinik auf und erhielt die niederschmetternde Diagnose: Hodenkrebs.

Eine Operation war unumgänglich, die Karriere schien gelaufen. Nicht allerdings für Pianeta.

"Schon als ich die Diagnose bekam, wusste ich, dass ich früher oder später wieder in den Ring zurückkehren wollte", sagt er rückblickend zu SPORT1.

Triumphales Comeback gegen Middleton

"Natürlich war das eine schwere Zeit mit der Chemotherapie und es gab auch viele Rückschläge - ob seelisch oder gesundheitlich", räumt er zwar ein, betont aber auch: "Ich habe immer alles gegeben und dank des lieben Gotts habe ich es dann auch geschafft."

Tatsächlich stand Pianeta schon gute zwölf Monate später wieder im Ring - und feierte mit dem Blitz-K.o. über den US-Amerikaner Mike Middleton ein glorreiches Comeback.

Klitschko voll des Lobes

Was folgte, waren sieben weitere souveräne Siege und der bis dato größte Fight seiner Karriere.

Knapp 15.000 Zuschauer waren dabei, als Pianeta im Mai 2013 in Mannheim gegen Wladimir Klitschko boxte, sich sechs Runden lang achtbar wehrte, letztlich dann aber doch durch technischen K.o. besiegt wurde.

"Ich glaube, damals haben mir einfach die Erfahrung und die Cleverness gefehlt, um in der einen oder anderen Situation besser zu reagieren", sagt er heute.

Anerkennende Worte vom ukrainischen Champion gab’s dennoch. Der prophezeite Pianeta schon damals, noch mal die Chance auf einen WM-Titel zu bekommen.

Erster Kampf unter deutscher Flagge

Gute zwei Jahre später ist es nun also so weit.

"Jetzt bekomme ich meine zweite Chance und so Gott will, werde ich sie nutzen", sagt Pianeta mit Blick auf das Duell mit Chagaev, der dank Klitschkos Status als WBA-Superchampion aktuell regulärer Weltmeister dieses Verbandes ist.

Die Gelegenheit, durch einen Sieg auf eine Stufe mit dem legendären Max Schmeling klettern zu können, bezeichnet Pianeta als "etwas ganz Großes", von Stolz erfüllt ist er aber auch schon vor dem Kampf - seinem ersten unter deutscher Flagge.

Freizeit auf dem Fußballplatz

"Eigentlich hatte ich schon länger den Wunsch, für Deutschland zu boxen, aber irgendwie ist es dann doch nie dazu gekommen", berichtet er und fügt hinzu: "Jetzt habe ich endlich den deutschen Pass und darüber bin ich sehr froh."

Nebenbei bekleidet Pianeta übrigens das Präsidentenamt von Grün-Weiß Hessler - einem Fußball-Kreisligisten aus dem Gelsenkirchener Südwesten.

"Wir wollen unbedingt aufsteigen", sagt der Klubchef voller Vorfreude auf die kommende Saison: "Wir haben viele neue Spieler geholt." Einige davon werden am Samstag live dabei sein. Wenn Pianeta Schmelings Erbe antreten will.