So unspektakulär Lewis Hamiltons Start-Ziel-Sieg in Monza am Ende auch war, so symbolisch und emotional wurde es im Wohnzimmer der Tifosi später bei der Siegerehrung.
Vettels verrückte Ferrari-Welt
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Knapp 100.000 Ferraristi bejubelten den Drittplatzierten Sebastian Vettel ganz und gar weltmeisterlich. Und das, nachdem der Heppenheimer erstmals nach 161 Tagen seine WM-Führung an Lewis Hamilton verloren hatte. (Das Rennen zum Nachlesen im TICKER)
Vettels Bad im roten Tollhaus
"Grazie an alle Tifosi. Ihr seid das beste Publikum der Welt. Forza Ferrari", jubilierte Vettel, bei der Stimmung in der Ehrenrunde und auf dem Podium fühle man sich "wie der König der Welt“.
Der Mann, der in den vergangenen Wochen nach Rückschlägen auch gerne mal den Griesgram gab, ließ sich seine Laune partout nicht verderben. Nicht an diesem Tag und vor allem nicht vor seinen Fans, denen er unter tosendem Jubel noch eine markige Kampfansage mit auf den Weg gab.
"Ich bin voller Hoffnung. Ihr gebt uns so viel Kraft. Das Ergebnis ist mir heute ehrlich gesagt egal. Wir schaffen das", blies Vettel ins Mikrofon, bevor er sich vom roten Tollhaus per Victory-Zeichen verabschiedete.
Ferrari erlebt Debakel beim Heimspiel
Die vorangegangene Machtdemonstration der Silberpfeile, die Ferrari so schlecht wie noch nie in dieser Saison aussehen ließ? Für einen Moment vergessen.
Über eine halbe Minute hatte der Heppenheimer am Ende Rückstand auf seinen Titelkonkurrenten, im Qualifying waren es 2,5 Sekunden auf einer Runde, wohlgemerkt unter den gleichen äußeren Bedingungen.
Dass zudem die beiden Red Bull ohne die Strafversetzungen für Max Verstappen und Daniel Ricciardo höchstwahrscheinlich vor den Ferrari gelandet wären - ebenfalls geschenkt.
Auch wenn Ferrari-Boss Sergio Marchionne anschließend den Finger in die Wunde legte: "Wir haben völlig versagt", nahm der 65-Jährige kein Blatt vor den Mund, und schob hinterher: "Wir haben die Strecke unterschätzt und das Auto im Vergleich zu Spa schlechter gemacht. Wir müssen nun wieder zurückkommen." (Die Stimmen zum Rennen in Monza)
Vettel schwört Ferrari ein
Zurückschlagen, das will auch Sebastian Vettel. Die Euphorie soll nun offenbar ein wichtiger Faktor im Titelrennen werden. Der 30-Jährige ergriff trotz des Heim-Debakels mit seiner emotionalen Feier die Chance, alle Ferraristi auf den Titel-Endspurt einzuschwören.
Sieben Rennen vor Schluss ein nicht unwichtiger Faktor, besonders nach dem Wechsel der WM-Führung. Drei Punkte sind es auf Lewis Hamilton, beileibe nicht die Welt. (Die Fahrerwertung nach 13 von 20 Rennen)
Stadtkurs spielt Ferrari in die Karten
Was Ferrari nun sogar in die Karten spielen könnte: Bereits in zwei Wochen startet die Asien-Tour in Singapur, bevor es dann weiter nach Übersee geht.
Gerade der enge Stadtkurs in Südostasien kommt Ferrari entgegen, wie auch der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda befürchtet: "Die WM ist noch nicht gewonnen. Wir müssen in Singapur Schadensbegrenzung betreiben. Der Ferrari ist ein Super-Auto für Singapur, der Red Bull auch", sagte der 68-Jährige.
Auch Motorsportchef Toto Wolff, der zwar liebend gerne die Erwartungen dämpft, in der Vergangenheit aber auch oft genug schon Recht behielt, sagt: "Heute hat einfach alles gepasst. Es ist aber komisch, wie es in diesem Jahr hin und her schwingt. Es gab Rennen, in denen wir extrem viel schneller waren und Rennen, in denen es in die andere Richtung geht. Singapur könnte wieder schwierig für uns werden."
Beseelt von den roten Streicheleinheiten dürfte Vettel und Co. dies am Sonntag aber ohnehin alles ziemlich egal gewesen sein.
Ab Montag gilt die volle Konzentration dann Singapur - und der Rückeroberung der WM-Führung.