Hinter den Gläsern der dunklen Sonnenbrille leuchteten die Augen. Valentino Rossi war die gute Laune ins Gesicht geschrieben, in seiner unnachahmlichen Art freute sich der Italiener über den Sieg in Argentinien.
Rossis Motorrad-Märchen
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Mit 36 Jahren führt der MotoGP-Superstar das Klassement nach drei Saisonrennen an und darf wieder vom zehnten Weltmeistertitel träumen (Die Fahrerwertung).
Rossi ist schon länger der älteste Fahrer im Feld, und er ist schon länger das Gesicht der Szene.
Dass sich nun ausgerechnet der Fanliebling aus Tavullia anschickt, der Königsklasse die Spannung zurückzubringen und die Dominanz von Marc Marquez zu brechen, hat etwas von einem Märchen.
Marquez schießt sich selbst ab
Alles passte für Rossi vor, während und nach dem packenden Rennen in Termas de Rio Hondo.
Im Stile eines Champions fuhr der Routinier zum 110. Grand-Prix-Sieg seiner langen Karriere. Schade fand der Ausnahmekönner nur, dass er vom Aussetzer seines designierten Nachfolgers Marquez profitierte.
"Es hätte ein toller Kampf bis zum Ende werden können", sagte der Yamaha-Pilot. Lieber hätte Rossi den jungen Konkurrenten auf der Strecke besiegt, doch der 22-Jährige schoss sich selbst aus dem Rennen.
In einem Anfall von Übermut, einer Schwäche, die er längst besiegt zu haben schien, fuhr der Spanier in Rossi hinein, stürzte und musste aufgeben.
"Er ist mein Idol"
Lange hatte Marquez, Titelgewinner der beiden vergangenen Jahre, beim Überseerennen an der Spitze gelegen. Doch sein Hinterreifen baute immer mehr ab und Rossi kam näher, weil er sich für die ganz harte Mischung entschieden hatte.
Der "Doctor" ging vorbei, Marquez wollte kontern und prallte mit der Honda gegen die Yamaha. Anders als häufig in der Vergangenheit, ging es schlecht für den Katalanen aus.
"Es ist eine Schande, was passiert ist. Leider habe ich ihn berührt", erklärte Marquez reumütig: "Ich habe immer gesagt, dass er mein Idol ist. Aus solchen Dingen lernt man." Für Rossi kam die überharte Attacke wenig überraschend: "Marc geht immer volles Risiko."
Rossi, der bereits das Auftaktrennen in Katar gewonnen hatte und in Austin/Texas Vierter geworden war, führt mit 66 WM-Punkten vor seinen Landsleuten Andrea Dovizioso (60) und Andrea Iannone (40/beide Ducati).
Maradona-Trikot auf dem Podium
Marquez (36) ist hinter Jorge Lorenzo (37/Spanien/Yamaha) Fünfter. Weiter geht es in zwei Wochen mit dem ersten Europa-GP in Jerez/Spanien.
Spitzenreiter Rossi, WM-Vierter von 2013 und (abgeschlagener) WM-Zweiter von 2014, geht auch dann wieder mit viel Selbstbewusstsein an den Start.
"Das ist ein großartiger Sieg. Wir haben bewiesen, dass wir überall konkurrenzfähig sind. Wir kämpfen um den Titel", stellte Rossi klar.
Worum es in dieser Saison geht, unterstrich er bei der Siegerehrung. Rossi, zum bislang letzten Mal 2009 Weltmeister, streifte sich kurzerhand das Nationaltrikot der argentinischen Fußball-Legende Diego Maradona über die Rennkombi. Auf dem Rücken prangte - natürlich - die Nummer 10.