Hatte das Halloween-Kostüm schon eine prophetische Bedeutung?
Mit bekanntem Blues in die Grauzone
© SPORT1-Grafik: Paul Haenel / Getty Images
Mit seinem Aufzug als schlaksiger Butler der Grusel-Comedy "Addams Family" bewies Dirk Nowitzki einmal mehr viel Humor und Selbstironie. Das Lachen könnte dem 37-Jährigen aber aber schon zum NBA-Auftakt bei den Phoenix Suns (ab 3 Uhr LIVESCORES) vergehen, denn es droht eine Saison voll blankem Horror.
Tatsächlich bestehen nach verpatzter EM und einem missglückten Umbau der Dallas Mavericks frappierende Parallelen zur deprimierenden Saison 2012.
"Ich kann unser Potenzial noch nicht einschätzen. Es ist schwer zu sagen, wo das Limit dieses Teams ist, aber bei den Mavericks sind immer die Playoffs das Ziel", sagt Nowitzki vorsichtig.
Wie lange kämpft Nowitzki noch um achte Plätze?
Nowitzki ist der wohl selbstloseste Superstar der NBA, aber selbst bei ihm dürfte ob der Situation in Dallas die Motivation leiden.
Seinen jetzigen Vertrag hatte er explizit mit einem millionenschweren Gehaltsverzicht unterschrieben, um die nötigen Verstärkungen für einen letzten Anlauf auf den Titel zu unternehmen. Mit einer Ausstiegsklausel im Sommer 2016 scheint ein vorzeitiges Karriereende nicht ausgeschlossen.
Jährliche Qualen, um in der Grauzone der Western Conference um die Playoffs zu kämpfen und dann in der ersten Runde sang- und klanglos auszuscheiden - klingt nicht nach dem Traum eines zweimaligen Familienvaters im Spätherbst seiner Karriere.
EM-Enttäuschung reloaded
Dazu kommt die zusätzliche Belastung durch die EM in Berlin. Als grandioser Abschied von seinem deutschen Publikum mit der Chance auf Olympia gedacht, sprang am Ende ein enttäuschendes Vorrunden-Aus mit eher mageren Vorstellungen der alternden Galionsfigur heraus.
Ganz ähnlich wie 2011. Nach dem Meistertitel wollte Nowitzki Deutschland damals zu Olympia in London führen, das Unternehmen ging schief und kostete Nowitzki zwei NBA-Saisons, die durch ständige Knieprobleme geprägt waren.
Damals war die Pause sogar länger, und sein Körper noch jünger.
Die Minuten pro Spiel sollen laut Coach Rick Carlisle nun auf "etwa 26" sinken. "Wichtig sind effiziente Minuten. Im vergangenen Jahr habe ich mich im November gut gefühlt und fiel dann in ein Loch bis März. Es werden wohl mehr Pausen", sagt Nowitzki.
Verteidigung - die alte Mavericks-Achillesferse
Vor allem in den Playoffs gegen Houston zeigte der MVP von 2007 mit durchschnittlich 21,2 Punkten und 10,4 Rebounds, dass er durchaus noch Benzin im Tank hat.
Das große Fragzeichen ist die Verteidigung. Weil DeAndre Jordan erst wollte und dann doch nicht und Tyson Chandler nach Phoenix ging, fehlt Nowitzki ein fähiger Abräumer an seiner Seite. Schon mit Chandler gehörten die Mavs traditionell zu den löchrigsten Defensivreihen.
Zudem kommen die beiden stärksten Teamkollegen Wes Matthews (Achillessehnenriss) und Chandler Parsons (Knie-OP) nach schweren Verletzungen gerade erst zurück. "Offensive sehe ich keine Probleme. Wir haben einige gute Waffen. In der Verteidigung müssen wir besser werden, es gibt einige verdammt athletische Teams da draußen", analysiert Nowitzki.
Geringschätzung als Motivation
Kaum ein Experte traut diesem Team mit dem problembeladenen Spielmacher Deron Williams im Westen mehr als Rang acht zu, nicht wenige sehen gar einen Absturz voraus. In der Preseason blieben sie - fast immer ohne alle Stars - als einziges Team sieglos.
Vielleicht reißt aber gerade das Nowitzki aus dem EM-Blues: es als Underdog noch einmal der ganzen Welt zeigen und auf dem Weg Shaquille O'Neal von Rang sechs der ewigen Scorerliste verdrängen - es fehlen 477 Zähler.
"Jeder schreibt uns ab, niemand respektiert uns. Alle sind verletzt, Dirk ist zu alt und so weiter. All das Gerede ist gut, es motiviert. Wir wollen beweisen, dass sie falsch liegen", sagt Parsons.