Glen Durrant konnte es nicht fassen. Vollkommen verdutzt blickte er seinem dritten Pfeil nach, der im Bullseye landete.
Wenn die Königsklasse zur Qual wird
Er wirkte ganz so, als wolle er es selbst nicht glauben, dass er gerade 121 Punkte gecheckt hatte. Es blieb auch sein einziger Leggewinn des Abends.
Wieder einmal musste der Titelverteidiger in der Unibet Premier League of Darts eine krachende Niederlage einstecken. Am 8. Spieltag unterlag der 50-Jährige Peter Wright mit 1:7. (Alle Spieltage der Unibet Premier League of Darts LIVE im TV auf SPORT1, im LIVESTREAM und im LIVETICKER)
Durrant löst Mardle mit Negativrekord ab
Es war Durrants achte Pleite in Folge. Nie hat ein Spieler in der Geschichte der prestigeträchtigen Königsklasse des Darts schlechter abgeschnitten. Bereits nach dem fünften Spieltag hatte er den Negativrekord von fünf Niederlagen zum Auftakt von Wayne Mardle eingestellt.
Am Mittwochabend folgte gegen Wright dann ein weiterer Tiefpunkt. Nachdem ihm in den ersten sieben Partien kein Drei-Dart-Average jenseits der 90 Punkte gelungen war, brachte "Duzza" gegen Wright lediglich 79,54 Punkte pro Aufnahme ans Board. (Spielplan und Ergebnisse der Darts Premier League)
"Man hat bei dem Spiel auch die ganze Zeit das Gefühl, 'mach's schnell Peter', damit es nicht zu qualvoll wird für Glen", litt auch SPORT1-Experte Gabriel Clemens, der hin und wieder mit Durrant trainiert, während der TV-Übertragung mit. "Man sieht es ihm an, dass er sich hier wirklich quält", ergänzte "The German Giant".
Wright und de Sousa leiden mit
Wie verbittert der Engländer ist, merkte man ihm auch nach der Partie an. Durrant verließ die Bühne in der Marshall Arena von Milton Keynes schnellstmöglich, schlug sich dabei mit seinem Handtuch gegen den Kopf und steckte es sich schließlich in den Mund.
Nicht nur als Zuschauer leidet man mit, sogar die Gegner, die auf den Darts-Bühnen dieser Welt schon fast alles erlebt haben, sind sichtlich betroffen.
"Gegen Glen zu spielen ist wirklich hart, wenn man sieht, wie er zu kämpfen hat", teilte "Snakebite" seine Gedanken. "In seinen letzten beiden Spielen waren kleinere Eindrücke des alten Glen zu erkennen, aber heute hat er nicht performt", ergänzte Wright.
Am Tag zuvor hatte José de Sousa nach seinem 7:4-Erfolg gegen Durrant, der dessen vorzeitiges Ausscheiden besiegelt hatte, emotional angefasst gesagt: "Es sind zwei gute Punkte für mich, weil ich weiterkommen möchte, aber ich bin trotzdem traurig."
"Ich bin nicht glücklich, weil er ein Freund von mir ist und es hart ist, eine Person wie Glen so sehr leiden zu sehen", fügte der Portugiese hinzu: "Ich hoffe, dass er bald zurückkommt, weil wir ihn lieben und seine Darts lieben."
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Corona-Erkrankung trifft Durrant hart
Gründe dafür, warum seine Pfeile nur noch selten dort einschlagen, wo sie Durrant gerne hätte, vermag keiner so wirklich zu nennen. Er selbst rätselt sicherlich am meisten, warum seine Leistung momentan nicht stimmt - und vor allem, wie er sich aus diesem Tal wieder befreien kann. Eine Ursachenforschung fällt hier im Mentalsport Darts besonders schwer.
Fakt ist: Seit sich Durrant im Oktober 2020 nur kurz nach seinem sensationellen Triumph als Debütant in der Premier League mit dem Coronavirus infiziert hatte, nahm die Misere ihren Lauf. Der Familienvater musste eine wochenlange Pause einlegen und kehrte stark formgeschwächt auf die PDC Tour zurück.
"Es war eine schreckliche Zeit, einfach einige Wochen zum Vergessen", blickte der dreimalige BDO-Weltmeister im November zurück. Die Covid-Erkrankung äußerte sich bei ihm und seiner Frau in starken Symptomen. "Wegen dieser nervigen Geschichte hatte ich keine Gelegenheit, meinen Premier-League-Sieg zu feiern", haderte Durrant. (Alles Wichtige zum Darts)
Lebenszeichen bei der Darts-WM 2021
Bis zur Weltmeisterschaft im Dezember hatte er sich ein wenig gefangen, feierte im Ally Pally zwei Siege und scheiterte erst im Achtelfinale knapp mit 3:4 Sätzen an Dirk van Duijvenbode.
Aber seit Jahresbeginn geriet Durrant immer tiefer ins Leistungsloch. Bei den beiden bisherigen Majors schied er gleich zum Auftakt aus, auf der Pro Tour gelang ihm immerhin einmal der Einzug ins Viertelfinale.
Doch seit 17. März hat der Weltranglistenzwölfte kein Match mehr gewonnen. Elf (!) Niederlagen in Folge stehen in der Bilanz des BDO-Champions von 2017, 2018 und 2019, der erst nach seinem dritten Triumph zur PDC wechselte.
Am Donnerstagabend könnte die zwölfte Pleite folgen. In der Premier League trifft Durrant auf Rob Cross, der als zweiter Spieler schon vor der Judgement Night ausgeschieden ist. (Tabelle der Darts Premier League)
Durrant kündigt Pause an
Danach zieht sich der Routinier erst einmal zurück. Er hat am Dienstag angekündigt, die anstehenden Super-Series-Turniere in Niedernhausen auszulassen.
"Ich will jetzt einfach nur zu meiner Frau und meiner Tochter und Darts scheint nicht zu zählen… VORERST", erklärte der Mann aus Middlesbrough seine Entscheidung.
Möglicherweise wird die Wettkampfpause etwas länger ausfallen. Am Donnerstag ließ er einen Tweet als Antwort auf Wrights Zuspruch folgen.
"Darts-Kameradschaft. Wir sehen uns im Juli, Peter Wright", lautete sein Text. (Darts: PDC Order of Merit – die aktuelle Weltrangliste)
Von 17. bis 25. Juli ist das World Matchplay angesetzt. Dort wünscht sich wohl jeder in der Darts-Szene, den alten Durrant wieder zu sehen.