DEG gegen KEC. Düsseldorf gegen Köln.
"Jedem wird das Derby eingeimpft"
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Es gibt kein anderes Derby im deutschen Eishockey, das die Fans in Deutschland mehr elektrisiert. Und diesmal kommt es noch größer, noch extremer daher.
Das Rheinderby bildet den Rahmen für das 2. Winter Game der Deutschen Eishockey Liga (DEL) in der Düsseldorfer Esprit-Arena an diesem Samstag. Und die Ziele für dieses Spiel sind superlativ.
54.500 Fans sollen kommen, das zur Eishockeyarena umgebaute Fußballstadion möglichst ausverkauft sein. Es wäre europäischer Rekord für ein Eishockeyspiel unter freiem Himmel.
Der Schweinsteiger Düsseldorfs
Für die Protagonisten auf dem Eis wird es ein einmaliges Highlight ihrer Karriere - auch für DEL-Rekordtorschütze Daniel Kreutzer.
Er ist beim Tabellenachten so etwas wie der Bastian Schweinsteiger Düsseldorfs. Seit 2002 läuft er für den Klub seiner Heimatstadt auf.
Vor der Partie sprach er mit SPORT1 über den Hype rund ums Rheinderby, Partys nach Siegen in der Stadt und Ambitionen seiner Sportart hinter dem Fußball.
SPORT1: Herr Kreutzer, wo tut's überall weh?
Daniel Kreutzer: Die Wehwehchen werden nicht weniger. Wenn ich morgens aufstehe, merke ich, welchen Beruf ich ausübe. Der Rücken ist steif am Morgen, das Knie oder die Schulter schmerzen, weil ich da schon Verletzungen hatte. Aber es geht mir sonst gut. Ich hoffe, dass ich noch mindestens zwei, drei Jahre spielen kann.
SPORT1: Sie sind immerhin 35. Wie schaffen Sie es, noch auf diesem hohen Niveau spielen zu können?
Kreutzer: Man muss auf seinen Körper achten. Ich habe das Gefühl, dass ich von Jahr zu Jahr mehr trainieren muss, damit ich mit den jungen Spielern mithalten kann. Alle Sportarten werden immer schneller und athletischer. Entsprechend muss man leben, und das versuche ich.
SPORT1: Mit Erfolg. Sie sind Rekordtorschütze der DEL. Auf was kommt's an vor dem Tor?
Kreutzer: Ein Rezept gibt es nicht. Du musst schauen, dass du so schnell wie möglich schießt, um den Torwart zu überraschen. Du brauchst aber auch den Instinkt, um dahin zu laufen, wo die Scheibe hinkommt oder du dich freispielen kannst. Und dann gilt es einfach, die Scheibe so hart wie möglich aufs Tor zu bringen.
SPORT1: Ihr Team profitiert von Ihren Toren. Noch in der Vorsaison stand die DEG unten drin. Jetzt sind die Play-offs so realistisch wie lange nicht. Woran liegt's?
Kreutzer: Wir haben die Qualität unseres Kaders im Vergleich zu den letzten beiden Jahren gesteigert. Junge Spieler wie die Norweger Andreas Martinsen und Ken-Andre Olimb haben sich sehr gut entwickelt und sind jetzt richtige Leistungsträger. Auch was die Erfahrung betrifft, haben wir mit Rob Collins oder Jakub Ficenec gute Spieler dazubekommen.
SPORT1: Und was ist künftig drin mit dieser Truppe?
Kreutzer: Mein Ziel ist immer noch, irgendwie deutscher Meister zu werden. Das ist das einzige, was mir in meiner Karriere noch fehlt. Darauf arbeite ich hin.
SPORT1: Bei den Fans dürften Sie damit Sehnsüchte bedienen. Viele erinnern sich noch an glorreiche Zeiten in der Brehmstraße.
Kreutzer: Klar, es wäre jetzt zu hochgegriffen, zu sagen, dass wir schon diese Saison um die Meisterschaft mitspielen. Wir sind noch im Aufbauprozess. Aber vielleicht klappt es ja in den nächsten zwei, drei Jahren, insofern wir uns verstärken.
SPORT1: Mit entsprechend Selbstvertrauen geht's ins Rheinderby. 54.500 Zuschauer sind angepeilt. Das kennen Eishockeyspieler nicht. Auf was freuen Sie sich?
Kreutzer: Auf die Gänsehautstimmung! Wenn ich aufs Eis laufe und uns dann über 50.000 Fans zujubeln, das ist eine Atmosphäre, die man nie wieder vergisst?
SPORT1: ... und die einen auf dem Eis beeinflusst?
Kreutzer: Das ist bei jedem anders. Wenn das Spiel losgeht, werde ich so fokussiert sein, dass ich das Drumherum nicht mitbekommen werde. Bei mir mache ich mir da keine Sorgen. Ich hoffe, dass sich unsere jungen Spieler nicht zu sehr beeinflussen lassen und aufs Wesentliche konzentrieren werden.
SPORT1: Das Winter Game ist wichtig für den Stellenwert Ihrer Sportart. Kann solch' ein Spiel Initialzündung sein für noch mehr Fans?
Kreutzer: Das muss das Ziel sein. Ich denke, was Zuschauerzahlen betrifft, sind wir schon die klare Nummer zwei hinter Fußball. Das muss sich künftig auch in der Fernsehpräsenz widerspiegeln. Ich denke, dass das Eishockey noch viel mehr Potenzial bietet. Die Kameraeinstellungen sind viel näher dran als früher. Auch die Zuschauer, die den Sport und seine Regeln nicht so richtig kennen, können ihn nun besser nachvollziehen. Früher war es kaum möglich, im TV die Scheibe zu verfolgen, weil es eben doch ein sehr schneller Sport ist. Ich hoffe, dass die Sportart einen neuen Push erfährt, weil das ganz neue finanzielle Möglichkeiten freimachen würde.
SPORT1: Wenn Sie von Potenzial reden meinen Sie wahrscheinlich Eigenschaften wie Dynamik und Intensität, oder?
Kreutzer: Absolut. Wer das Spiel mal live gesehen hat, weiß, dass es keine Sekunde langweilig wird. Es ist immer Action mit drin. Beim Fußball ist es zeitweise sehr langweilig und zäh. Beim Eishockey geht es immer zur Sache, fallen mehr Tore. Es ist eine sehr attraktive Sportart, die in Deutschland nicht genügend wertgeschätzt wird.
SPORT1: Das Winter Game soll Abhilfe schaffen. Dabei bräuchte das Rheinderby keinen extra Rahmen. Erklären Sie uns doch bitte den Hype um diese Konstellation.
Kreutzer: Es ist das größte Derby des deutschen Eishockeys. Alle sind heißt auf die Spiele Düsseldorf gegen Köln. Dabei sein ist alles, das ist das Motto, und das zieht viele Leute an?
SPORT1: ? und Sie als Spieler leben die Rivalität auf dem Eis vor? Es sind ausländische Spieler dabei, die gar nicht um die Bedeutung wissen dürften.
Kreutzer: Klar sind viele dabei, die mit den Städten erst mal nicht so viel zu tun haben. Wenn sie aber hier unterschreiben, bekommen sie eingeimpft, dass Düsseldorf gegen Köln das größte Derby ist, das es gibt. Das leben die dann auch auf dem Eis.
SPORT1: Und vielleicht nicht nur auf diesem. Es gibt Anekdoten, dass die DEG-Spieler nach Siegen im Rheinderby mit den Fans noch in die Altstadt ziehen - auch diesmal?
Kreutzer: Das war früher natürlich öfters der Fall als heute. Ich habe ja anfangs schon erwähnt, dass die Sportart heute so schnell ist, dass man sich kaum erlauben darf, während der Saison mal feiern zu gehen. Aber morgen ist ein besonderes Spiel, wir spielen dann auch erst wieder am darauffolgenden Freitag. Sicher wird man uns dann irgendwo antreffen, wo wir feiern werden.