Von Florian von Stackelberg
FIFA 20: Braucht es Coaches?
© Werder Bremen eSports
Es war ein seltenes Bild beim FUT Champions Cup Stage II. Die allermeisten Spieler vor Ort hatten einen Coach an ihrer Seite, einer der wenigen ohne externe Hilfe reckte am Schluss die Trophäe in die Höhe. Niklas "NR7" Raseck überzeugte vor allem in der K.o.-Runde gegen die Größen der Szene und krönte sich selbst zum Turniersieger. Da stellt sich die Frage: Braucht es überhaupt Coaches in FIFA 20? Und wie kann er Weltklasse-Spieler überhaupt weiter bringen?
Erhan "Dr. Erhano" Kayman, Spieler vom SV Werder Bremen und Urgestein der deutschen FIFA-Szene, ist überzeugt davon, "dass ein Coach deshalb wichtig ist, weil er dir eine andere Sicht auf das Spiel verschaffen kann." Und weil er den Spieler mental pushen könne.
"Ohne Coach wäre "MoAuba" vermutlich nicht Weltmeister geworden"
Im kompetitiven Bereich ist mittlerweile die Leistungsdichte so hoch, dass die Matches in der Weltspitze nur noch im mentalen Bereich entschieden werden. Wer kann seine Top-Leistung im entscheidenden Moment abrufen? Wer hält dem Druck stand, den Preisgeld, Gegner und Zuschauer erzeugen? Das sind die entscheidenden Fragen zwischen Weltspitze und Mittelmaß.
"Dr. Erhano" führt hier das Beispiel vom aktuellen Weltmeister Mohammed "MoAuba" Harkous an, der beim FIFA eWorld Cup mit unglaublicher Nervenstärke auftrumpfen konnte. "Dass Mo Weltmeister geworden ist, hat auch mit seinem Coach Stylo zu tun.", sagt Kayman, "Er hat ihm diese Nervenstärke durch seine Unterstützung ermöglicht. Er hat den richtigen Ton getroffen."
Was braucht ein FIFA-Coach um auf diesem Niveau Weltklasse-Spieler noch auf ein anderes Level zu bringen? Kognitive Fähigkeiten stehen, anders als beim Spieler selbst, im Hintergrund. Laut "Dr. Erhano" gehe es vielmehr darum den Spieler mental und emotional zu unterstützen, "und dazu benötigt es soziale Kompetenz und unbedingten Siegeswillen."
FIFA-Coaching ist mehr als nur Live-Coaching beim Spiel
Kayman selbst war in Bukarest als Coach für den Bremer Teamkollegen Michael "MegaBit" Bittner mit dabei. Und zeigt an einem Beispiel auf, wie er den Weltklasse-Spieler noch weiterbringen konnte: "Ich weiß, dass "MegaBit" ein besserer Offensiv- als Defensiv-Spieler ist. Also habe ich ihn nach guten Defensivaktionen gelobt. So bekam er ein gutes Gefühl, sein Selbstvertrauen stieg und damit auch seine Leistung."
Es geht im FIFA-Coaching aber nicht nur um das Live-Coaching während der Partien. Scouting der kommenden Gegner, Nacharbeit und Analyse der Spiele, Fokussierung und manchmal auch Ablenkung – das alles muss ein guter Coach beherrschen, um seinen Schützling auf das nächste Level bringen zu können. Dabei schließt es sich nicht aus, dass auch der Trainer von seinem Spieler noch etwas lernt, denn die allermeisten Trainer spielen auch selbst. "Als ich vergangene Saison noch beim VfB Stuttgart war, habe ich oft Lukas "Lukas__1004" Seiler trainiert. Er spielt schnell nach vorne, benutzt spektakuläre Skills. Das habe ich mir abgeschaut, denn das war bis dahin fremd in meinem Spielstil. Nach und nach habe ich versucht das auch bei mir einzubauen", sagt Kayman.
Auf lang oder kurz wird es sich durchsetzen, dass alle Spieler im kompetitiven Bereich Trainer haben, dieser Überzeugung ist auch "Dr. Erhano". Er selbst kann es sich vorstellen nach der aktiven Karriere noch tiefer in den Trainer-Job einzusteigen, als er es im Moment schon tut. Fest steht: Einen guten Coach kann jeder gebrauchen. Vielleicht auch "NR7"? "Niklas ist ein Wahnsinns-Spieler und hat endlich seinen verdienten Major-Titel. Im Konsolenfinale ist er meiner Meinung nach viel zu oft gescheitert, vielleicht hätte er mit einem Coach ja schon zwei bis drei Majors mehr?!" – Viele Beispiele haben es gezeigt: Coaching in FIFA wird immer wichtiger um in der Weltspitze Erfolg zu haben. Der Major-Titel von "NR7" ohne Coach ist deshalb eher eine Ausnahme.