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Ex-Schiedsrichter Hellmut Krug im Interview über Handspiele

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Ex-Schiedsrichter Hellmut Krug im Interview über Handspiele

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"Und noch eine Zeitlupe"

Ex-Referee Hellmut Krug spricht bei SPORT1 über die Problematik bei Handspielen. Er appelliert an die Vernunft der Trainer.
Hellmut Krug Annual Referee Course - Press Conference
Hellmut Krug Annual Referee Course - Press Conference
© Getty Images

Von Martin Quast

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In vielen Bereichen hält der technische Fortschritt Einzug.

Beim Fußball bleibt er bislang aber aus. Woche für Woche wird über Fehlentscheidungen disktutiert. Ein nicht geahndetes Handspiel hier, einen aberkannten regulären Treffer dort. Die vielen TV-Kameras in den Stadien decken alles schonungslos auf.

Es ist eine Entwicklung, die den Schiedsrichtern ihren Job nicht erleichtert. Im Vergleich zu früheren Jahren "ist es schwieriger geworden", gesteht DFL-Schiedsrichter-Berater Hellmut Krug im SPORT1-Interview: "Früher hat es genauso viele Fehler gegeben, genauso viele Handspiel-Situationen. Manches ist aber nicht deutlich geworden, weil es die Fernsehbilder nicht gezeigt haben."

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Daher weist er die Kritik von sich, dass die Unparteiischen heute öfter danebenliegen als zu seiner aktiven Zeit. Die "Trefferquote" der Referees liege bei über 90 Prozent, so Krug.

Die mögliche Einführung der Torlinien-Technologie, über die die Bundesliga-Klubs am Donnerstag erneut abstimmen, könnte diese Zahl sogar noch verbessern. "Das würde den Schiedsrichtern natürlich helfen", sagte Krug.

Schwieriger sei die Situation dagegen bei der Auslegung von Handspielen. Dabei appelliert der Ex-Referee auch an die Vernunft der Trainer.

... den Druck der Schiedsrichter

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"Natürlich ist es schwieriger geworden. Wir hatten früher nicht diese mediale Abdeckung, mit der die Schiedsrichter heute leben müssen. Früher hat es genauso viele Fehler gegeben, genauso viele Handspiel-Situationen. Manches ist aber nicht deutlich geworden, weil es die Fernsehbilder nicht gezeigt haben. In der Sportschau wurden damals drei Spiele gezeigt. Es war dann aber ein kurzer Zusammenschnitt, in dem es kaum Zeitlupen gab - also wurde auch kaum über Fehler gesprochen. Ich kann mich heute noch an Fehler von mir erinnern, die im Fernsehen keine Rolle gespielt haben. Und ich muss teilweise sagen: Gott sei Dank spielten sie keine Rolle. Heute haben wir die Situation, dass sämtliche Fälle mal eben aus fünf Blickwinkeln begutachtet werden. Das macht die Aufgabe für die Schiedsrichter heute um ein Vielfaches schwieriger."

... die Kritik an die Schiedsrichter

"Natürlich nimmt die Kritik zu. Je mehr Fehler aufgedeckt werden, desto größer wird die Kritik. Heute wird jeder Fehler thematisiert und möglicherweise auch in Foren diskutiert. Am Ende kommt der Schiedsrichter dann durchaus schon mal schlecht weg."

? die Fehlerquote der Unparteiischen

"Der Eindruck entsteht, dass Schiedsrichter mehr Fehler machen. Früher haben wir nicht über bestimmte Sachverhalte gesprochen. Doch einer, der sich intensiv mit den Schiedsrichtern auseinandersetzt, wird auch merken, dass sie überwiegend richtige Entscheidungen treffen. Das liegt bei weit über 90 Prozent."

... die ewigen Handspiel-Diskussionen

Das ist langsam eine Diskussion, die ins Absurde abgleitet. Alle Schiedsrichter wissen, was strafwürdig ist und was nicht. Wir haben auch mit den Trainern gesprochen und festgestellt, dass wir auf einer Linie sind. Sie bemängeln, dass das Handspiel unterschiedlich ausgelegt wird. Schiedsrichtern unterlaufen dabei Fehler. Warum passiert das? Weil das in einer unglaublichen Schnelligkeit passiert. TV-Kommentatoren sagen dann: 'Jetzt will ich mal die Zeitlupe sehen.' Dann sieht man sich noch eine Zeitlupe an und noch eine Zeitlupe. Erst dann erschließt sich dem Kommentator, ob es Handspiel war oder nicht. Manchmal sagt er auch, er weiß es immer noch nicht. Vom Schiedsrichter wird dagegen erwartet, dass er die Entscheidung sofort trifft und immer richtig - und das ist nicht möglich."

... wütende Reaktionen der Trainer

"Natürlich können wir es verstehen, wenn Trainer sich aufregen. Sie müssen aber auch akzeptieren, dass es zu Fehlern kommen kann in der Schnelligkeit der Geschehensabläufe. Und an diesem notwendigen Verständnis fehlt es aus unserer Sicht manchmal."

... Ermessensspielraum beim Handspiel

"Man wird den Bereich niemals herausnehmen können. Überall, wo kein Sie kein Zentimetermaß anlegen, wird es Grauzonen geben. Der Schiedsrichter muss sich damit vertraut machen, was eine natürliche Körperhaltung ist. Ein Spieler wird nicht in einen Zweikampf gehen und die Arme hinter dem Rücken verschränken, das ist unnatürlich. Erst dann, wenn er die Arme unnatürlich ausbreitet und den Ball dadurch abfängt, ist es strafwürdig. Das ist in der Schnelligkeit schwer zu trennen, aber einem guten Schiedsrichter wird das gelingen."

... ob ein Schiedsrichter überhaupt gewinnen kann

Der Schiedsrichter ist nicht dazu da, um zu gewinnen, sondern um ein Spiel nach den Regeln zu leiten. Das Beste ist, wenn am Ende nicht über ihn gesprochen wird. Das sollte er anstreben. Ein Schiedsrichter muss nur einen Fehler machen, dann hat er nicht mehr gut gepfiffen. Damit müssen die Schiedsrichter klarkommen."

... den Traum-Beruf Schiedsrichter

"Es gibt viele positive Beispiele von Schiedsrichtern, die von jungen Leuten als Idole betrachtet werden. Es ist noch attraktiv, so etwas zu machen. Es ist eine Zeit, in der ein Jugendlicher sehr viel lernen muss, aber es ist auch eine lohnenswerte Geschichte."

... die Torlinien-Technologie

Wenn wir über Technik reden, haben wir in den letzten Monaten und Jahren fast nur über Torlinien-Technologie gesprochen. Das ist auch etwas, was den Schiedsrichtern natürlich helfen würde. Denn da gibt es eine klare objektive Aussage - anders als bei Fouls, wo es den Ermessensspielraum gibt. Natürlich würden sie es begrüßen, aber sie bezahlen es ja nicht."

... die Außendarstellung der Referees

Ich glaube nicht, dass es jemandem egal ist, wie er in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Es gibt Schiedsrichter, die können gut damit umgehen und solche, die sich schwer tun. Wichtig ist, dass ein junger Schiedsrichter lernt, in irgendeiner Form damit umzugehen, ohne dass er Schaden nimmt. Kritik tut natürlich weh. Daraus eine gute Leistung zu bringen, fällt schwer. Aber er muss es, weil er sich sonst verzettelt. Auf Sicht werden nur die Schiedsrichter weiterkommen, die mit diesem Druck umgehen können.

... Fußball ohne Fernsehkameras

Das wäre für den Fußball ein Desaster. Ich würde gerne ein Spiel ohne Zeitlupen sehen. Dann würde von den Diskussionen gar nichts übrig bleiben. Dann wäre es so wie früher und einfacher für die Schiedsrichter.