24 Stunden kein Auge zumachen, immer ansprechbar sein: Für Peter Hermann war das kein Problem.
Der heimliche Chef beim HSV
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"Ich komme aus dem Westerwald, da können die Leute so was ab", meinte Hermann inmitten des Feiermarathons mit dem FC Bayern. 2013 war das, zu Triple-Zeiten. Jetzt braucht Hermann wieder Kondition und Durchhaltevermögen - wenn auch ganz anderer Art.
Gemeinsam mit Cheftrainer Peter Knäbel soll Hermann als Co-Trainer den Hamburger SV vor dem Abstieg retten. Und kaum war seine Verpflichtung publik, ließ sich republikweit ein leichtes Aufatmen der HSV-Anhänger vernehmen.
Denn Hermann steht für geballte Fußballkompetenz: In Nürnberg, Leverkusen, beim FC Bayern und zuletzt bei Schalke 04 machte er sich einen Namen, als Interimscoach bewahrte er Leverkusen 1996 vor dem Gang in die Zweitklassigkeit.
Akribischer Arbeiter
Wer den heute 63-Jährigen in München oder anderswo hat wirken sehen, weiß um dessen Kompetenz. Hermann arbeitet akribisch, weiß, wie er die Spieler anpacken muss, er motiviert und treibt bei den Einheiten an, ohne Mätzchen nötig zu haben.
Als er am Freitag in Hamburg zum ersten Mal das Training leitete, sprach er die Profis sofort mit ihren Namen an, wirkte positiv und voller Tatendrang zur Start der Aufgabe beim Tabellen-16.
"Es hat Spaß gemacht. Die Mannschaft ist motiviert", meinte Hermann danach.
Chefcoach Knäbel kommentierte nun mit Blick auf seine erste Woche als HSV-Trainer: "Das Positivste waren die beiden Trainingstage mit Peter Hermann. Es ist augenscheinlich, welche Qualität der Mann hat."
Herzensangelegenheit für den Ex-HSV-Spieler
Dass Hermann dem HSV hilft, ist für ihn auch eine Herzensangelegenheit, schließlich trug er als Spieler 1973 selbst einst das Trikot der Rothosen.
"Bereits im Winter sollte ich nach Hamburg kommen. Wir waren eigentlich auch schon klar. Doch dann habe ich mich verletzt und musste wieder absagen. Ich fühle mich in der moralischen Pflicht, Peter Knäbel jetzt zu unterstützen", erklärte Hermann.
Dass ihn unheimlich viel Arbeit erwartet, ist ihm bewusst. Doch auch auf Schalke hat er es gemeinsam mit Trainer Jens Keller geschafft, immer wieder Widerständen wie etwa dem Verletzungspech zu trotzen.
"Ich bin ein mutiger Typ, sonst wäre ich nicht hier", sagte Hermann jetzt.
Er ist sich bewusst, worauf es im Abstiegskampf ankommen wird: "Wir müssen gut trainieren, gut organisiert und fit sein. Die Mannschaft ist gut besetzt. Wichtig ist, dass wir zusammenstehen und die Kräfte bündeln."
Vom Co- zum Cheftrainer?
SPORT1-Experte Olaf Thon hält viel von Hermann. "Er hat riesengroße Erfahrung", betont der Weltmeister von 1990, der ihm sogar noch mehr als nur die Rolle des Co-Trainers zutraut.
"Ich glaube, er wird jetzt Co- und im Erfolgsfall dann im Sommer Cheftrainer. Ich kann mir vorstellen, dass er die Mannschaft übernimmt, wenn Peter Knäbel wieder auf seine eigentliche Position als Sportdirektor zurückkehrt. Das ist eine Win-win-Situation."
Dass Hermann ein Teamplayer ist, zeigte sich auch in seiner Zeit in München. Im Trainergespann mit Jupp Heynckes und Hermann Gerland fand er seinen Platz, auch weil jeder über seine Rolle Bescheid wusste.
In München genießt er weiterhin einen hervorragenden Ruf, auch deshalb gibt es Spekulationen, dass er zur kommenden Saison die U23 beim FCB übernehmen könnte.
Aogo lobt Hermann
"Er gibt dir das Gefühl, dass du mit ihm ein Team bildest und zusammen etwas verbesserst", schwärmt Dennis Aogo, der bei Schalke 04 eine kurze gemeinsame Zeit mit Hermann hatte.
In Hamburg wird Hermann vorangehen müssen. Seine Devise dafür: "Viel nachdenken muss ich nicht. Wir haben hier acht Wochen - und Feierabend."
Was Hermann in seinen ersten Wochen mit der Mannschaft erarbeitet, wird zum ersten Mal am Samstag (ab 15 Uhr LIVE im Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) auf die Probe gestellt - und das ausgerechnet auswärts gegen Bayer Leverkusen.
Ein Verein, den der Mann aus dem Westerwald nach 19 Jahren in Leverkusen sehr gut kennt.