Kevin De Bruyne war schon einmal da, wo er jetzt wieder ist: in der Premier League, bei einem reichen und mächtigen Topklub. Es endete mit einer Flucht.
Wohin mit Kevin De Bruyne?
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Jose Mourinho, damals De Bruynes Trainer beim FC Chelsea, hat seine Version dieser Geschichte vor kurzem erst wieder erzählt.
Schmeichelhaft fiel sie nicht aus für den neuen Rekordabgang der Bundesliga.
"Er hat mir gesagt, es wäre nicht Teil seiner Persönlichkeit, um einen Platz in seinem Team zu kämpfen", erinnerte sich der portugiesische Coach kürzlich: "Er bräuchte ein Team, bei dem er wisse, dass er in jedem Spiel spiele. Er muss das Gefühl haben, dass er wichtig ist."
Scheitern in Chelsea als Schatten
Zwei Spieltage lange konnte De Bruyne damals, im Sommer 2013, dieses Gefühl haben. So lange war er Stammspieler unter Mourinho, danach nicht mehr: "Er hat nicht gut trainiert und gesagt: 'Ich kann nicht mehr geben. Das ist einfach meine Art.'"
Es passte nicht, zu dem Ergebnis kamen am Ende beide Seiten. De Bruyne ging zum VfL Wolfsburg.
Dort passte es besser, bekanntermaßen. So gut, dass Manchester City dem VfL nun viel Geld überwiesen hat, um ihn zurück nach England zu transferieren.
Trotzdem: Das Kapitel Chelsea, es verfolgt De Bruyne. Und die Fragen, die Mourinho aufgeworfen hat, sie kreisen nun über seinem früheren Schützling: Ein 75-Millionen-Mann, der es angeblich nicht im Blut hat, um seinen Platz zu kämpfen - kann das gut gehen?
Andere Voraussetzungen
De Bruyne wird bei ManCity ganz andere Voraussetzungen als in Wolfsburg vorfinden, wo er der unumstrittene Fixpunkt war, das ist sicher. Allerdings auch etwas andere als bei Chelsea.
An der Stamford Bridge war er ein Talent unter zahlreichen anderen, für acht Millionen Euro vom Heimatklub KRC Genk verpflichtet, nach seinem Scheitern - was soll's - für 25 Millionen weiterverkauft.
Die 25 Millionen mal drei, die City nun in Deutschlands Fußballer des Jahres investiert haben soll, sind dagegen auch für englische Verhältnisse ein Statement. Abgesehen von Manchester United bei Angel di Maria im vergangenen Jahr hat kein Premier-League-Klub je so viel Ablöse für einen Spieler bezahlt.
De Bruyne muss folglich nicht damit rechnen, bei den Citizens als Randnotiz behandelt zu werden. Spannend ist allerdings die Frage, wo genau De Bruyne sich bei Britanniens Vizemeister eigentlich einfügen soll.
Die Lieblingspositionen sind besetzt
In Wolfsburg war der Belgier am besten, wenn er auf der linken Seite oder im Zentrum agierte. Bei City spielt auf links Raheem Sterling, der andere Prestige-Einkauf, im Zentrum David Silva, der Dreh- und Angelpunkt der Mannschaft.
Und wenn De Bruyne in der Dreierreihe hinter Stürmer Sergio Agüero auf rechts ausweicht, muss er dort erstmal Jesus Navas verdrängen, auch immerhin ein Welt- und Europameister.
Aufgrund der Konkurrenzsituation gibt es in England bereits Spekulationen, dass City planen könnte, De Bruyne weiter hinten, als Schaltstation hinter dem offensiven Mittelfeld, agieren zu lassen.
Yaya Toure, der diese Rolle momentan ausfüllt, ist zwar auch kein Schlechter, aber mit 32 Jahren nicht die Zukunft – und er wird häufiger Atempausen brauchen. Die Verantwortlichen des Klubs sollen De Bruyne die Rolle zutrauen, er selbst tut es prinzipiell auch.
Kampf gegen den Schönwetter-Ruf
So oder so: Unter Manuel Pellegrini wird De Bruyne zwar mehr spielerische Freiheiten als unter Korsettknüpfer Mourinho erwarten können, so auf ihn zugeschnitten, wie er es in Wolfsburg gewohnt war, wird das Spiel dort aber nicht sein.
Für De Bruyne ist das wahrlich "ein kleines Risiko", wie er es im SPORT1-Interview selbst umschrieben hat. Es ist aber auch eine Chance: Mourinhos Urteil, dass der Belgier zwar ein "fantastischer Junge", aber letztlich doch ein Schönwetterspieler ist, kann er in Manchester widerlegen.
Er muss die Chance nur nutzen.