Jürgen Kramny hatte beide Hände in seiner Glücksjeans vergraben und schmunzelte. "Es wäre ja total idiotisch von mir gewesen, wenn ich sie nach dem Pokal abgelegt hätte", sagte der Trainer des VfB Stuttgart nach dem 2:0 gegen Hertha BSC über seine Hose.
Stuttgart siegt und siegt und siegt
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Das 1:3 im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund hatte Kramnys Beinkleid zwar nicht verhindern können - doch die bemerkenswerte Bundesliga-Serie der Schwaben hielt. Und so wurden Jeansträger Kramny auf einmal Fragen gestellt, die in Stuttgart lange kein Trainer gehört hat.
VfB Mannschaft der Stunde
Fünf Ligasiege nacheinander, beste Mannschaft der Rückrunde, sieben Begegnungen ohne Pleite - wo, bitte sehr, soll das enden? "Das muss ja nicht enden, das kann auch weitergehen", sagte Kramny, "wir werden fleißig dran bleiben und gehen weiter unseren Weg." In Jeans, natürlich.
Ab nach Europa?
Am Samstagabend stand Stuttgart erstmals seit fast drei Jahren wieder auf einem einstelligen Tabellenplatz - mit zwölf Punkten Vorsprung auf Abstiegsrang 17. "Wir haben uns befreit", sagte Kramny sichtbar stolz über die starke Zwischenbilanz seiner noch jungen Ära, "aber wir brauchen jetzt nicht über andere Ziele zu reden." Obwohl selbst Platz drei nur acht Punkte entfernt liegt.
Auch Sportvorstand Robin Dutt ließ sich nicht locken. "Wir sollten die Gegenwart genießen", sagte er - mehr aber auch nicht. Dass der VfB aber, wie Kramny versprach, "weiter Gas geben" werde, darf als sicher gelten.
Der schweigsame Die
Dafür steht vor allem Mittelfeld-Kämpfer Geoffroy Serey Die. Am Samstag erzwang der nimmermüde Arbeiter das 1:0, sein erstes Bundesligator (51.), mit einer "reinen Willensleistung", wie Kramny lobte.
Von Kevin Großkreutz gab es dafür beim Torjubel ein paar lieb gemeinte Backpfeifen, Dutt nahm den Ivorer nach Schlusspfiff als ersten Spieler in den Arm und drückte ihn lange. Die steht wie kaum ein anderer Spieler für den Aufschwung unter Kramny.
Zu Saisonbeginn wirkte er mitunter überfordert und konfus wie das ganze VfB-Spiel. "Das Trainerteam hat sehr viel mit ihm an Positionsdisziplin gearbeitet", sagte Dutt. Das Ergebnis: "Die Defensive ist dicht." Reden über seine starke Leistung wollte Die, seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, wie immer nicht.
Gierig auf Tore
Dafür sprach Kramny. "Organisation, mannschaftliche Geschlossenheit, Glaube an gewisse Fähigkeiten, Fitness", nannte er als Erfolgsfaktoren. Und diese Gier vor dem Tor, die auch Filip Kostic beim 2:0 (84.) gezeigt habe. Außerdem - siehe Pokal - habe sich der VfB beim Thema "Misserfolgsverarbeitung" weiterentwickelt.
Kramny sieht gleichwohl "keinen Grund, selbstzufrieden zu sein". Ein Hauch Euphorie packte aber auch ihn: "Das kann weitergehen", sagte er, "die anderen Mannschaften, die da noch kommen, werden sich schwer tun."
Hertha enttäuscht
Wie die Hertha, die nach dem historischen Pokal-Coup und acht Pflichtspielen ohne Pleite unsanft in der Realität ankam. Der Pokal-Mittwoch, sagte Trainer Pal Dardai enttäuscht, "hat Konzentration gekostet".
Und, mit Blick auf die Zukunft: "Wir müssen lernen, mit der Doppelbelastung besser umzugehen." Schließlich belegt die Hertha nach wie vor einen Europapokal-Platz.