Für die Fans des VfB Stuttgart war es zwei Tage vor Heiligabend eine vorzeitige Weihnachtsüberraschung.
Stuttgarts riskanter Retro-Kurs
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Der Verein verkündete die Rückkehr von Mario Gomez. Der Nationalstürmer, der schon von 2004 bis 2009 für die Schwaben spielte, wurde bis 2020 verpflichtet. Mit 32 Jahren wollte der Angreifer nach Stationen beim FC Bayern, AC Florenz, Besiktas Istanbul und dem VfL Wolfsburg zurück nach Hause.
"Mario Gomez ist natürlich auch eine wichtige Identifikationsfigur für den VfB aufgrund seiner außergewöhnlichen Vergangenheit bei uns", erklärt Sportvorstand Michael Reschke den Coup bei SPORT1 und fügte hinzu: "Viel wichtiger und ein entscheidender Grund für seine Verpflichtung: Mario ist ein Topstürmer, der uns besser und torgefährlicher macht."
Berthold warnt vor Schürrle
Ein weiterer Name eines Nationalspielers wurde im VfB-Umfeld in den vergangenen Tagen genannt: Andre Schürrle. Doch scheinen die Stuttgarter Abstand zu nehmen von einer Ausleihe.
Wie Gomez befindet sich auch Schürrle schon länger in einem Leistungstief.
Thomas Berthold warnt vor einer Verpflichtung: "Seit seinem Abschied aus Mainz war er andauernd verletzt, kam nie in die Gänge und hat brutale Schwankungen in seinen Leistungen. Das ist keine Planungs-Konstante. Als Trainer würde ich bei ihm ein dickes Fragezeichen machen", sagt der 53-Jährige, von 1993 bis 2000 für den VfB aktiv, im Gespräch mit SPORT1.
Erfahrung statt Talente
Doch auch ohne Schürrle stellt sich nach der Rückholaktion von Gomez die Frage, wie viel Risiko im Retro-Plan von Reschke steckt. Spieler holen, die woanders keine große Rolle mehr gespielt haben - so kann man diesen Plan zusammenfassen.
Im Sommer kehrte ja schon mit Andreas Beck bereits ein anderer Ex-Stuttgarter von Besiktas Istanbul zurück. Zudem wurden vor der Saison mit Holger Badstuber, Torwart Ron-Robert Zieler und Dennis Aogo drei weitere Routiniers verpflichtet, die bei ihren Ex-Klubs keine Rolle mehr spielten.
Bis auf Badstuber und Zieler gehen alle Transfers auf das Konto von Reschke.
Beim FC Bayern stand der 60-Jährige für Transfers hoffnungsvoller Talente. Bestes Beispiel: Kingsley Coman, der kürzlich seinen Vertrag in München langfristig bis 2023 verlängerte. In Stuttgart steht Reschke mehr auf Erfahrung.
Präsidiumsmitglied Thomas Hitzlsperger hatte schon im Sommer angekündigt, sich um die Rückkehr früherer VfB-Stars zu kümmern. Mit Gomez, Beck und Kapitän Christian Gentner stehen nun drei Spieler aus der Meister-Mannschaft von 2007 im Kader der Schwaben.
"Am Ende muss die Performance stimmen"
"Es gibt für mich keine jungen und alten Spieler, sondern nur gute oder schlechte Spieler, am Ende muss die Performance stimmen", findet Berthold.
Zieler als Torwart habe "eine andere Halbwertszeit als ein Feldspieler. Er macht seine Sache gut."
Beck und Gomez hätten "eine VfB-Vergangenheit, was nicht so schlecht ist." Und es gebe "kein Sprachproblem".
Was Berthold allerdings Kopfzerbrechen bereitet: "Von der Leistungskurve geht es bei Beiden wie auch bei Badstuber perspektivisch eher nach unten. Das ist ein Risiko, weil es beim Fußball immer mehr um Tempo geht."
Mit Winter-Transfers sei es immer so eine Sache. "Sie sind eine Korrektur der Planungen, die im Sommer getätigt wurden", sagt Berthold, verteidigt aber Reschkes Plan mit Gomez: "Im Winter stattdessen einen Südamerikaner zu holen, birgt gewisse Risiken."
In welcher Verfassung ist Gomez?
Bei Gomez fällt eine Eingewöhnungszeit weg, "weil er den Klub und die Liga kennt und kein Sprachproblem hat. Aber in welcher Verfassung ist er?", fragt sich Berthold.
Und er sieht ein weiteres Problem: "Wenn ich mit so einem Stoßstürmer spiele, dann muss ich mein System umstellen. Mit einem Mario Gomez kann ich schlecht auf Konter spielen, er ist nicht der Schnellste. Er ist ein reiner Strafraumstürmer, der ein Spielsystem über außen braucht. Alles andere ist uninteressant."
Berthold beneidet Reschke nicht. "Es gibt keinen Transfer ohne Risiko. Man muss immer versuchen alles abzuwägen. Was gibt es im Winter an Alternativen und was ist an Budget da? Bei Badstuber war ich skeptisch, doch er hat seinen Mann gestanden. Aber er ist zu verletzungsanfällig. Und Beck kam aus der türkischen Liga, die in Europa nicht zu den stärksten Ligen gehört."
Der VfB sei aber nicht der FC Bayern und habe "nur begrenzte Mittel", sagt Berthold: "Man hat es bei Maximiliano Romero gesehen, ihn hat PSV Eindhoven dem VfB weggeschnappt."
Berthold vermisst vor allem eines: "Ich habe nach dem Aufstieg des VfB gedacht, dass dort eine neue Spiel-Philosophie entwickelt wird. Aber ich tue mich schwer zu sagen, für welchen Fußball der VfB steht."
Berthold glaubt nicht an Khedira
An die Rückkehr eines weiteren Meisters von 2007 glaubt Berhold nicht.
Über Gerüchte, wonach auch Sami Khedira an den Neckar zurückkehren soll, muss er vielmehr schmunzeln.
"Ich denke nicht, dass Khedira in Stuttgart ein Thema ist. Er hat noch einen Vertrag bei Juventus Turin und ich glaube auch nicht, dass der VfB sein Gehalt zahlen kann."