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Borussia Dortmund: Für Experte Verra begibt sich Lucien Favre auf "dünnes Eis"

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Borussia Dortmund: Für Experte Verra begibt sich Lucien Favre auf "dünnes Eis"

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Titel weg? Experte analysiert Favre

Frustriert erklärte Lucien Favre den Titelkampf nach der Derby-Pleite für entschieden. Körpersprachen-Experte Stefan Verra hat den BVB-Trainer analysiert - und er warnt.
BVB-Coach Lucien Favre glaubt nach der Niederlage gegen Erzrivale Schalke nicht mehr an den Titel und schimpft über die Handregel.
Florian Plettenberg
Florian Plettenberg

Aufgabe oder Bluff? Nach der bitteren Derby-Pleite gegen Schalke 04 (2:4) hat Dortmund-Trainer Lucien Favre erst über strittige Schiedsrichter-Entscheidungen gewütet und dann enttäuscht gesagt: "Der Titel ist verspielt. Das ist klar für mich!"

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Kurios: Favre gab die Meisterschaft verbal bereits auf, obwohl die Bayern noch gar nicht in Nürnberg angetreten waren. Die Münchner spielten einen Tag später beim Club aber bekanntlich nur 1:1 und hielten die Meisterschaft dadurch unfreiwillig offen. 

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Hat Favre den Rekordmeister zuvor gar absichtlich in Sicherheit wägen wollen oder seine Mannschaft nachhaltig demotiviert?

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"Ob ernst gemeint oder nicht, ist an dieser Szene nicht eindeutig erkennbar. Allerdings hat die Aussage in jedem Fall eine Auswirkung auf die Mannschaft", erklärt Körpersprache-Experte Stefan Verra* bei SPORT1.

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David verliert meistens gegen Goliath

Der 46-Jährige erklärt: "Für die mentale Stärke der Mannschaft ist der Cheftrainer entscheidend. Wenn er die Grundspannung so kurz vor dem Ziel löst, indem er öffentlich sagt, dass der Titel gelaufen sei, begibt er sich auf dünnes Eis. Denn selbst wenn es nur ein taktisches Kalkül ist, dann hat es doch Auswirkungen. Wenn er den BVB damit in die David-Position bringen will, muss man dran erinnern, dass nahezu immer der Goliath gewinnt."

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Also die Bayern? Bei noch drei ausbleibenden Spielen sind die Chancen für das Favre-Team auf die Meisterschaft jedenfalls noch immer vorhanden. Auch das Restprogramm hält alles offen. Auf die Borussen warten noch die Hürden Bremen, Düsseldorf und Gladbach. Die Münchner müssen noch gegen Hannover, Leipzig und Frankfurt ran. 

Verra ist sich sicher, dass die Favre-Aussagen im Saison-Endspurt einen Einfluss auf den Tabellenführer haben könnten. "Es könnte sein, dass Bayern die Sache jetzt zu leicht nimmt. Aber wie gesagt: Meist gewinnt doch der Goliath. Vor allem, wenn er so viel Erfahrung in Titelrennen hat. Die Körpersprache der Spieler und des Umfeldes signalisieren nämlich wechselseitig, wer sich über- und wer sich unterlegen fühlt. Das generiert nochmal zusätzliche Kraft oder schwächt", so der Österreicher.

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Ob Favre sein Team mit seinen Aussagen geschwächt hat, wird sich am kommenden Wochenende zeigen. Fakt jedoch ist, dass sich die BVB-Verantwortlichen von seinen Aussagen überrascht zeigten und zurückruderten. "Lucien hat das aus der Emotion und Enttäuschung direkt nach dem Abpfiff heraus gesagt. Wir geben erst dann auf, wenn es rechnerisch nicht mehr möglich ist", stellte Dortmund-Boss Hans-Joachim Watzke bei BILD klar. Manager Michael Zorc pflichtete ihm bei.

Weniger kritisch empfindet indes Christoph Daum die vermeintliche Aufgabe Favres. "Ich sehe das als eine sehr ehrliche Aussage von Favre an. Das ist kein Kalkül, er spricht hier ehrlich. Wir sollten es ihm so abnehmen und nicht irgendetwas hineininterpretieren. Das war der zweite Tiefschlag nach dem 0:5 in München, was ihnen klar vor Augen geführt hat: Wir sind noch nicht so weit", sagte die Trainer-Legende im CHECK24-Doppelpass.

"Favre lässt Kraft vermissen"

Verra jedoch hat die Verhaltensmuster des Schweizer Trainers während und nach dem Spiel gegen Schalke 04 genau analysiert. Seine Beobachtung: "Auffallend ist, dass viele Bewegungen Richtung Boden tendieren. Das vermittelt unserem Unterbewusstsein Kraftverlust und Energielosigkeit. Ob gespielt oder nicht: Diese Signale wirken enorm stark auf das Unterbewusstsein. Das belegen Untersuchungen."

Der Körpersprachen-Experte weiter: "Er lässt die Kraft vermissen, die der BVB braucht, um die Bayern auf der Zielgerade noch zu überholen." Für Verra ist aber auch klar, dass man dem 61-Jährigen fehlende Emotionalität nicht vorwerfen könne. Seit jeher gilt der Schweizer eher als kontrollierter Taktikfuchs statt als Energiebündel, wie es etwa seine BVB-Vorgänger Thomas Tuchel und Jürgen Klopp waren.

"Menschen können nicht unemotional sein. Das lässt unser Gehirn gar nicht zu", so Verra. "Seine Körpersprache ist oft von geringer Amplitude, also kleinerem Umfang. Das löst beim Betrachter das Gefühl aus: Er würde rationaler sein als ein Giovanni Trapattoni oder Jürgen Klopp. Allerdings ist dieses Gefühl von Rationalität eben auch eine Emotion."

Als positives Beispiel hingegen erwähnt Verra das Auftreten von RB Leipzig: "Dort sind zum Schluss hin immer viele Signale zu sehen, die zeigen: Vielleicht geht noch was."

Genau diese Einstellung hätte man sich in Dortmund auch von Favre gewünscht.  

* Stefan Verra (www.stefanverra.com) ist einer der gefragtesten Körpersprache-Experten, dessen neues Buch "Leithammel sind auch nur Menschen - die Körpersprache der Mächtigen" sich mit der Körpersprache in Führungspositionen beschäftigt. Anhand von Weltpolitikern veranschaulicht er, welche Signale auch in unserem Alltag zählen.