Hansi Flick hat die Kontrolle über seine Worte. Das ließ er die Journalisten spüren.
Flicks heikelstes Kader-Problem
Fragen zur Trainer-Situation beim FC Bayern München, wie es weitergeht nach Weihnachten, wenn die von den Bossen ausgesprochene Job-Garantie des Interimscoachs abgelaufen ist, nach Kandidat Mauricio Pochettino, nach seiner persönlichen Zukunft: Er ließ sie bei der Pressekonferenz vor dem anstehenden Bundesliga-Spiel bei Fortuna Düsseldorf eiskalt abprallen.
Keine Informationen, keine Hinweise, nichts (Bundesliga: Fortuna Düsseldorf - FC Bayern, am Samstag ab 15:30 Uhr im LIVETICKER).
Genau wissen, was zu sagen ist und was nicht gesagt werden sollte: Es ist eine nicht zu unterschätzende Qualität eines Trainers.
Und Flick wird sie noch brauchen können, wenn es um ein anderes heikles Thema geht, das auf der PK angeschnitten wurde: den Umgang mit den von ihm zurückgestuften Topstars Thiago und Philippe Coutinho.
Flick: "Nicht ganz einfach"
In beiden Spielen nach der Entlassung von Niko Kovac, dem 2:0 in der Champions League gegen Piräus und dem 4:0 im Bundesliga-Topspiel gegen Borussia Dortmund, berief Flick die beiden Ballkünstler nicht in die Startelf.
Eine Entscheidung mit Signalwirkung, die Flick wohlbewusst ist. So wie dem langjährigen Assistenten von Bundestrainer Joachim Löw auch bewusst ist, dass er sich damit auf eine Gratwanderung begibt.
"Es war eine Situation, die nicht ganz einfach war", erklärte er: "Wir haben den Spielstil etwas verändert, haben nach vorn verteidigt. Ich habe da auf Spieler gesetzt, die vielleicht gegen den Ball einen Tick besser sind."
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Zu Flicks Grundidee, mehr auf Konter zu setzen, auf schnelles Umschalten aus einer gesicherten Abwehr heraus, passen die beiden früheren Barca-Spieler nicht so ganz. Wobei er schnell ergänzte: "Aber wir wissen: Bei Ballbesitz tun uns ihre Qualitäten gut. Es ist wichtig, dass sie nahtlos anknüpfen, wenn sie reinkommen."
Verzicht auf Thiago und Coutinho keine Dauerlösung
Thiago, der einstige Königstransfer von Ballbesitz-Guru Pep Guardiola und Coutinho, die Leihgabe aus Barcelona mit angeblich 120 Millionen Euro teurer Kaufoption: Bei Flick zu Edeljokern degradierte Systemopfer?
Der 54 Jahre alte Coach weiß natürlich, dass das keine Dauerlösung sein kann. Auch wenn der Erfolg der ersten beiden Spiele ihm erstmal keinen Anlass gibt, sie umzuwerfen.
"Flick muss hinkriegen, dass Müller, Thiago, Coutinho ihre Spielzeit finden, die Balance finden, die bisher fehlt", warnte ihn SPORT1-Experte Marcel Reif schon nach dem Kantersieg gegen den BVB vor zwei Wochen: "Alle müssen wenigstens halbwegs zufrieden sein und mitziehen."
Kovac war am Ende auch daran gescheitert, dass ihm das nicht gelang, unter anderem verprellte er Thomas Müller mit seiner berühmt-berüchtigten Not-am-Mann-Aussage.
Flick: "Möchte keinem was vorgaukeln"
Müller spielte gegen Piräus und Dortmund wieder, bildete das Mittelfeldzentrum zusammen mit den Sechsern Joshua Kimmich und Leon Goretzka - dessen robuste Zweikampfhärte Flick wichtiger war als die kreative Energie von Thiago. Das Problem ist aber nicht gelöst, wenn Flick nun im Gegenzug Coutinho und Thiago links liegen lässt.
Ein Dilemma, dessen ist sich Flick bewusst. Der für seine Menschenführung intern geschätzte Interimstrainer vermittelte am Freitag aber den Eindruck, dass er sich das nötige Feingefühl zutraut, es zu auflösen.
"Es ist wichtig, den Spielern offen zu sagen, was man von ihnen erwartet und warum jemand anders, der an dem Tag an ihrer Stelle spielt, das vielleicht etwas eher erfüllt", führte er auf Nachfrage aus: "Das möchte ich so handhaben. Ich bin da immer offen und ehrlich und möchte keinem was vorgaukeln. Das ist meine Vorgehensweise, andere haben da andere."