Clemens Tönnies steht nicht zum ersten Mal in der Kritik.
Tönnies-Sitzung: Juristin packt aus
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Der Aufsichtsratsboss von Schalke 04, der derzeit wegen der Zustände in seiner Fleischfabrik am Pranger steht , hatte schon im vergangenen Sommer reichlich Gegenwind bekommen.
Damals, im August 2019, war er bei einer Veranstaltung zum Tag des Handwerks in Paderborn mit rassistischen Äußerungen aufgefallen. Statt die Abgaben für den Klimaschutz zu erhöhen, sollte man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren, sagte Tönnies damals: "Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren."
Tönnies musste Amt ruhen lassen
Tönnies musste sich anschließend dem Schalker Ehrenrat erklären. Der wiederum ordnete an, dass der Aufsichtsratsvorsitzende sein Amt drei Monate lang ruhen lassen solle.
Für viele Beobachter war die Entscheidung gleichbedeutend mit einem Freispruch. Ehrenrats-Mitglied Kornelia Torpozysek trat anschließend aus Protest aus dem Ehrenrat aus. Lange Zeit schwieg sie zu den Umständen, jetzt aber brach sie ihr Schweigen.
"Ich hatte aber den Eindruck, dass man von mir als Mitglied des Ehrenrats nicht in erster Linie kompetente und qualifizierte juristische Arbeit im Gremium erwartet, sondern Loyalität und Dankbarkeit gegenüber bestimmten Personen. Das ist nicht mein Anspruch", sagte die Juristin dem Magazin 11 Freunde.
Juristin: Tönnies wurde von Anwalt verteidigt
Was sie an der Sitzung am meisten überrascht habe, war die Erkenntnis, "dass ein Mitglied des Ehrenrats von Anfang an die Rolle des Verteidigers von Herrn Tönnies übernommen hat. Dieses Mitglied hat ihn auch schon in anderen Verfahren anwaltlich verteidigt". Dies konterkariere die Arbeit des Ehrenrats, so Torpozysek weiter.
Sie wusste, dass das mediale Echo auf diese Entscheidung verheerend sein werde, sagte die Richterin weiter: "Der Umgang des Vereins und insbesondere des Ehrenrats mit der Äußerung haben dem FC Schalke 04 sehr viel mehr geschadet als die Äußerung selbst."
Denn: "Die beste Lösung wäre gewesen, Clemens Tönnies wäre freiwillig zurückgetreten. Wenn er dazu nicht bereit ist, hätte der Ehrenrat die Kraft und die Courage haben müssen, die Sache entlang der Interessen des Vereins sauber aufzuarbeiten."
Sie habe sich darüber geärgert, "dass die Befindlichkeiten von Clemens Tönnies Vorrang vor dem Interesse des Vereins haben, seine Satzung und sein Leitbild einzuhalten – ungeachtet der Person".
"Total überzogen und bizarr"
Deshalb sei sie im Endeffekt auch zurückgetreten.
Noch deutlich wurde Toporzysek in einem Fußball-Talk (Trinkhalle Talk), wo sie kein gutes Haar an Teilen des Gremiums lässt. Die Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf berichtet von "erschreckenden Details" aus Verhandlungen bei der Tönnies-Anhörung Demnach habe "ein Kollege, der für seine Nähe zu Herrn Tönnies bekannt ist, den Konflikt mit mir gesucht" und wirkte eher wie ein Verteidiger des Aufsichtsratsvorsitzenden statt wie ein Richter.
Nach übereinstimmenden Medienberichten meinte sie damit Dr. Klaus Bernsmann.
Dessen Reaktion sei "total überzogen und bizarr" gewesen, sagte Toporzysek. "Das war eine reine Inszenierung und hat alle meine Vorstellungen gesprengt. Das hat alles konterkariert, wofür ich stehe. Deswegen war ich so empört und fassungslos."