Von seiner taktischen Herangehensweise ist Julian Nagelsmann einer, der nicht in starren Mustern denkt.
Was sich unter Nagelsmann ändert
Für ihn besteht der Fußball aus vielen Variablen, auf die ein Trainer zusammen mit seinen Spielern reagieren muss. Er glaubt nicht, dass eine Mannschaft erfolgreich sein kann, wenn nur die Automatismen stimmen. Deshalb mag Nagelsmann taktische Tüftelei. (BERICHT: Nagelsmanns Liebeserklärung an Bayern)
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Das Faszinierende an seinem Wechsel zum FC Bayern ist, dass er zu einem Team kommt, das in einem über längere Zeit recht unveränderten taktischen System gespielt hat.
Vorgänger Hansi Flick hat an ein paar Stellschrauben gedreht und beispielsweise das Angriffspressing wieder stärker in den Fokus gerückt, aber er stellte bei weitem nicht alles auf den Kopf. Hat etwa Nagelsmann genau das im Sinn? Unwahrscheinlich. Er wird seine Herangehensweise an die Bayern ein Stück weit anpassen und von den ihm gebotenen Möglichkeiten des Kaders profitieren.
Mit Bayern mehr Risikofußball
Stichwort Pressing: Nagelsmann mag ebenso wie Flick einen pressingintensiven Fußball. RB Leipzig hat in dieser Saison die meisten Zweikämpfe im Pressing geführt und sogar weniger gegnerischen Raumgewinn als die Bayern zugelassen. Wenn also die Arbeit gegen den Ball schon mit den Roten Bullen so gut funktioniert, dann könnte Nagelsmann mit Leon Goretzka, Robert Lewandowski und Co. große Freude haben.
Stichwort Ballbesitz: In Leipzig vermied Nagelsmann es zuweilen, zu viel Risiko im Spielaufbau zu gehen, also etwa die Innenverteidiger weit nach vorn vorstoßen zu lassen. Das positive Ergebnis dieser vorsichtigen Spielweise war, dass Leipzig die mit Abstand wenigstens Ballverluste in der eigenen Hälfte produziert hat.
Allerdings konnten manche Gegner die Sachsen mit intensivem Pressing sehr gut in Schach halten. Sie lagen statistisch gesehen, was die Anzahl an Spielbeschleunigungen betrifft, nicht einmal unter den besten fünf Teams der Liga.
Bayern unter Nagelsmann auch mal mit Dreierkette?
Bayern hingegen beschleunigte unter Flick das Spiel sehr häufig. Nagelsmann kann daran anknüpfen und bei eigenem Ballbesitz Teile der Viererkette wie auch die zentralen Mittelfeldspieler stärker als in Leipzig in die offensiven Räume vorschieben, um dann mit linienbrechenden Pässen schnelle Raumgewinne zu erzeugen.
Damit Nagelsmann darüber hinaus dem Ganzen noch seinen eigenen Stempel aufdrückt, könnten wir in der kommenden Saison den einen oder anderen Formationswechsel sehen.
Ob wieder sieben oder mehr unterschiedliche System wie in dieser Saison in Leipzig zum Einsatz kommen, bleibt zu bezweifeln. Aber vielleicht treten die Bayern auch mal mit einer Dreierkette oder zwei Sturmspitzen auf. Möglich wäre es mit den vorhandenen Spielern und es wäre dann auch der symbolische Wechsel vom rationalen 4-2-3-1-Erfolgstrainer Flick zum jungen und forschen Tüftler Nagelsmann.