Erst nach dem Spiel war Ilkay Gündogan zu stoppen.
So wird Gündogan zum Titelfaktor
Weil der deutsche Nationalspieler noch bei der Dopingprobe festhing, musste der Mannschaftsbus von Manchester City die Rückreise ins Hotel ohne seinen besten Spieler antreten. Gündogans guter Stimmung tat diese Verzögerung keinen Abbruch. Schließlich war der Mittelfeldspieler zuvor der überragende Mann im altehrwürdigen Jakobspark gewesen.
Vor den Augen von Joachim Löw zeigte sich der 27-Jährige vier Monate vor dem WM-Auftakt beim 4:0-Triumph über den FC Basel in Galaform. Gündogan erzielte im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League nicht nur zwei Treffer (14., 54.), sondern war mit 93 Prozent Zweikampf- und 82 Prozent Passquote auch Dreh- und Angelpunkt der souveränen Gäste. (Spielplan und Ergebnisse)
"Bundestrainer hat den Ausflug nicht bereut"
"Ich habe mitbekommen, dass Jogi Löw auch im Stadion war. Er hat zwei Tore von mir gesehen und Leroy Sane wurde dann nach seiner Verletzungspause auch noch eingewechselt", sagte der Man of the Match zu später Stunde zu SPORT1 und ergänzte mit einem Lächeln: "Ich gehe mal davon aus, dass er seinen Ausflug nicht bereut hat. Jetzt können wir mit einem positiven Erlebnis zurück nach Manchester fliegen."
In der Tat dürfte Gündogans Vorstellung den Bundestrainer ebenso beeindruckt haben wie den Rest der 36.000 Zuschauer. In dieser Form ist der Ex-Dortmunder dank seiner offensiven wie defensiven Präsenz, seiner Ballsicherheit und seiner Torgefahr im DFB-Team gesetzt und könnte so der entscheidende Faktor bei der geplanten WM-Titelverteidigung werden.
Guardiola begeistert
"Er war heute fantastisch", schwärmte City-Coach Pep Guardiola über den im Vorjahr lange verletzten Gündogan. "Er ist ein außergewöhnlicher Spieler. Letzte Saison hat er uns sehr gefehlt - nicht nur wegen seiner Tore, sondern vor allem wegen seiner Persönlichkeit. Er fühlt überhaupt keinen Druck."
Auch dank Gündogan hat ManCity realistische Chancen auf alle vier Titel. "Wir haben erst Februar. Allerdings sind wir in einer tollen Ausgangslage in der Premier League, wo wir 16 Punkte Vorsprung haben", meinte der ehemalige Trainer des FC Bayern: "Wir sind fast im Viertelfinale der Champions League und wir stehen im Ligapokal-Finale, außerdem haben wir nächsten Montag den FA Cup, wo wir ins Viertelfinale wollen."
Auch Gündogan sieht die Citizens für den Endspurt gerüstet. "Wir können ganz viel erreichen. Es ist wichtig, dass wir jetzt dranbleiben. Wenn wir so spielen, wie heute und in den letzten Wochen, dann werden wir in dieser Saison sehr erfolgreich sein."
Gündogan mahnt vor Euphorie
Gleichzeitig mahnte der gebürtige Gelsenkirchener vor verfrühter Euphorie. "Trotzdem haben wir noch nichts gewonnen", sagte er zu SPORT1. "Wir dürfen bei all diesen Komplimenten jetzt nicht abheben, was wir aber auch definitiv nicht werden. Wir wissen, dass die entscheidende Phase jetzt erst kommt."
Der sonst oft so kritischen englischen Presse gehen allerdings schon jetzt "wirklich die Superlative aus", wie der Telegraph schrieb. Das größte Lob erhielt in allen Medien erwartungsgemäß der Matchwinner. "Ilkay Gündogan trifft doppelt während Pep Guardiolas Team in der Schweiz randaliert", schrieb die Sun: "Gündogan leitete einen Schweizer Spaziergang für Manchester City ein, das damit dem Traum vom Quadruple einen neuen Schub verleiht."
Für den Deutsch-Türken, der zunächst per Kopf und dann mit einem herrlichen Distanzschuss traf, war es der zweite Doppelpack in der Champions League nach dem 3:1 gegen den FC Barcelona im November 2016.
WM und EM wegen Verletzung verpasst
Wenig später folgte eine lange Pause wegen eines Kreuzbandrisses, nachdem Gündogan zuvor schon die WM 2014 und die EM 2016 wegen schwerer Verletzungen an Rücken und Knie verpasst hatte. Entsprechend verärgert war er über das übermotivierte Einsteigen des Ex-Stuttgarters Sere Die kurz vor Schluss, das aber glücklicherweise ohne Folgen für ihn blieb – abgesehen von der Gelben Karte wegen der anschließenden Rudelbildung.
Es wäre ein Drama, wenn Gündogan erneut wegen einer Verletzung ein großes Turnier verpassen würde – für ihn persönlich, aber auch für die deutsche Nationalmannschaft. Entsprechend erleichtert verließ Jogi Löw nach dem Abpfiff das Stadion. Denn in dieser Form ist der Mittelfeldmotor bei der WM unverzichtbar.