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Pit Gottschalk über den DFL Bundesliga-Report

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Pit Gottschalk über den DFL Bundesliga-Report

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Kolumne: Liga stinkt vor Kommerz

In seiner Gastkolumne für SPORT1 nimmt Fußball-Experte Pit Gottschalk den Wirtschaftsreport der DFL unter die Lupe. Über zahlreiche Rekorde - und das große Aber.
Die DFL präsentiert Rekordzahlen - Pit Gottschalk schaut in seiner SPORT1-Kolumne genauer hin.
Die DFL präsentiert Rekordzahlen - Pit Gottschalk schaut in seiner SPORT1-Kolumne genauer hin.
© SPORT1-Montage: Getty Images

Der neue Wirtschaftsreport der Fußball-Bundesliga nimmt schon Züge eines Guinnessbuchs an.

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Genüsslich präsentiert die Deutsche Fußball-Liga (DFL) auf den 60 seriös gestalteten Seiten einen Rekord nach dem anderem. Auf Erklärungen im Rahmen einer Pressekonferenz hat der DFL-Geschäftsführer Christian Seifert verzichtet. Der deutsche Klubfußball lässt Zahlen sprechen.

Man muss tiefer in das Zahlenwerk eintauchen, um ein paar überraschende Erkenntnisse zu finden. Die erste ist: Noch nie verdiente ein durchschnittlicher Bundesliga-Profi so viel Geld wie in der bilanzierten Saison 2017/18. Die zweite: Die Erstliga-Klubs mit einem höheren Etat gehen mit ihrem Geld schlechter um als die armen Kirchenmäuse der Liga. Aber der Reihe.

Rekord um Rekord - und das große Aber

Zunächst die Rekordzahlen im Schnelldurchlauf. Die erste Liga feiert 3,81 Milliarden Euro Jahresumsatz - das ist der 14. Umsatzrekord in Folge. Die 2. Liga erzielte 608 Millionen Euro - und knackte zum dritten Mal in Folge die 600er Marke. 1,28 Milliarden Euro zahlten die 36 Profiklubs an Steuern und Abgaben: ein Plus von 238 Prozent gegenüber der Situation vor 15 Jahren.

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So geht das mit den Rekorden die ganze Zeit. 55.142 Beschäftigte bei den Vereinen - Rekord. 18,8 Millionen Tickets für 612 Spiele verkauft - Rekord. 177,1 Millionen Euro Investition in die Nachwuchsleistungszentren - na klar, Rekord. Und dann kommt plötzlich das Aber: Wer meint, dass die Bundesliga vor Kommerzialisierung stinkt, findet seine Bestätigung.

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Auf Seite 11 führt die DFL aus, woher die 3,81 Milliarden Euro Jahresumsatz eigentlich stammen. Jedenfalls nur zu einem Bruchteil aus dem Fußballspiel im Stadion direkt. Gerade mal eine halbe Milliarde, exakt 538,4 Millionen Euro, bringen die 306 Erstliga-Begegnungen. Das sind nur 14,1 Prozent von den Gesamteinnahmen. Der Löwenanteil fließt aus der Vermarktung.

Im Detail: 32,7 Prozent (1,2 Milliarden Euro) aus Medienlizenzen, also vornehmlich vom TV-Sender Sky, und 22,9 Prozent (871,7 Millionen Euro) aus der Werbung. Hier scheiden sich die Geister. Die einen meinen, die Kommerzialisierung mache den Fußball kaputt, und motzen herzhaft, wenn Sky seine Investition mit Abo-Gebühren und Werbung refinanziert. Die anderen sehen die Notwendigkeit.

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Unvergleichlicher Gehaltsanstieg

Ergiebiger als mit Kommerzialisierung sind Personalkosten von 1,32 Milliarden Euro im Profibereich nicht zu stemmen. Siehe Erkenntnis Nummer eins: Je nach Rechenart kassiert jeder der 550 Bundesliga-Profis im Schnitt 2,2 bis 2,4 Millionen Euro im Jahr. Vom Pickelgesicht bis zum Superstar: Das ist ein Monatsgehalt von fast 200.000 Euro. Dafür reichen die Stadioneinnahmen nicht.

"Und ja, auch manche Gehälter sind tatsächlich schwer nachvollziehbar", räumte Seifert im Handelsblatt-Interview ein. "Den Marktkräften ist wenig entgegenzusetzen, solange es in Europa keinen Gehaltsdeckel gibt. Und es gibt nun einmal insbesondere in Südeuropa einige Präsidenten großer Klubs, die träumen von der sportlichen Weltherrschaft. Die lassen sich das etwas kosten."

Die Vereine haben nämlich keine Wahl: Entweder wechseln ihre Spieler ins Ausland, wo zum Teil noch mehr gezahlt wird, oder zum Konkurrenten. Innerhalb von drei Jahren kletterte das Durchschnittsgehalt um 25 Prozent. Einen Anstieg in dieser Dimension gibt es wohl in keiner anderen Branche. Nicht jeder Bundesligist stellt sich beim Feilbieten klug an.

Offenbarungseid der Krisenklubs

Siehe Erkenntnis Nummer zwei: Die Tabellenränge 13 bis 18 belegten Klubs, die einen höheren Umsatz erzielten und einen höheren Aufwand betrieben als die Konkurrenz auf den Plätzen 7 bis 12. Die DFL weist den Offenbarungseid in der Spalte "Transfers" detailliert aus. Die sechs Abstiegskandidaten gaben ein Drittel mehr für neue Spieler aus und nahmen 50 Prozent mehr ein.

So darf sich der scheidende DFL-Präsident Reinhard Rauball zwar im letzten Report unter seine Ägide über "so viele Tore wie seit Jahren nicht mehr" sowie "zahlreiche neue Stars und aufstrebende Talente" freuen. Festzuhalten bleibt aber auch: Nicht jeder Bundesliga-Klub wird so professionell gemanagt, wie es Unternehmen dieser Größenordnung verdienen.

2018 lagen Klubs wie 1. FC Köln, Hamburger SV und VfL Wolfsburgs am Tabellenende. Ihre Hauruck-Aktionen mit Trainerwechseln und Spielertransfers trieben die Kosten hoch. Erst auf der vorletzten Seite im DFL-Report, etwas versteckt, verrät eine Zahl nichts Gutes: Nur 13 der 18 Erstliga-Klubs schlossen die Saison mit Gewinn nach Steuern ab. Fünf Erstligisten mit Verlust - ein Jahr vorher waren es drei weniger.

ZUR PERSON
Pit Gottschalk, 50, ist Journalist und Buchautor. Ehemals Chefredakteur von Sport-Bild in Hamburg und bei Funke Sport in Essen. Seinen kostenlosen Fußball-Newsletter Fever Pit’ch erhalten Sie hierhttp://newsletter.pitgottschalk.de

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