Jeder, der irgendwann mal ein Beziehungsende am eigenen Leib erfahren hat, weiß: Es gibt kein gutes Timing für eine Trennung.
Zwischen CL-Flirt und Paartherapie
Viel schlechter hätte der Zeitpunkt für die Verkündung von Marco Roses Abschied aus Mönchengladbach allerdings auch nicht sein können. Mitten in der Schwächephase von fünf Spielen ohne Sieg, dazu das K.o.-Duell mit Gigant Manchester City vor der Brust.
Rose-Wechsel zum BVB sorgt für Ärger bei Fans
Zu dieser Unzeit müssen die Fohlen-Fans die Nachricht vom scheidenden Trainer verdauen. Ich muss gestehen, die Reaktionen haben mich in der Intensität und Aggressivität trotzdem überrascht. Zu absehbar war die ganze Geschichte doch eigentlich gewesen.
Zu klar die Mechanismen des harten Geschäfts namens Profifußball. Dass Marco Rose nun als Söldner beschimpft wird und viele Anhänger gar seinen unmittelbaren Rauswurf fordern, zeigt, dass ich die Situation wohl falsch eingeschätzt habe.
All das rührt aus einem Missverhältnis zwischen Fankultur und Trainerjob: Objektiv gesehen sind ein höheres Gehalt und mehr finanzieller Spielraum für die Kadergestaltung natürlich legitime Argumente für Marco Rose, um den Verein zu wechseln.
Ein Gladbach-Anhänger hingegen würde niemals Fan von Dortmund werden, weil die Ticketpreise dort günstiger und die Spieler, denen man dort zujubeln kann, etwas talentierter sind. Einmal Gladbach, immer Gladbach! Für Verständnis für Roses Karriereentscheidung bleibt kein Platz im gebrochenen Borussen-Herz.
Was bleibt Borussia Mönchengladbach?
Doch wie bei jeder Trennung ist es irgendwann an der Zeit, nach vorn zu schauen. Was bleibt der Borussia? Was bleibt den Fans der Fohlen?
Nun, zunächst einmal ein junges, homogenes Team, das bereits jetzt viel erreicht hat. Heute Abend wird diese Mannschaft zum ersten Mal seit 43 Jahren die Gladbacher Farben in der K.o.-Phase der Königsklasse vertreten und die nächsten wichtigen Erfahrungen sammeln.
Das Talent im Kader ist die Hoffnung auf eine große Zukunft und gleichzeitig das nächste dicke Problem: Gladbachs Spieler sind beliebter als Friseur-Termine ab dem 1. März – blöderweise aber leichter zu kriegen.
Florian Neuhaus besitzt eine Ausstiegsklausel über kolportierte 40 Millionen Euro – ein Wert, den er mit seinen großartigen Leistungen längst überspielt hat.
Chelsea soll an Hofmann interessiert sein
Jonas Hofmann hat unter anderem das Interesse seines Ex-Trainers Thomas Tuchel geweckt, mittlerweile beim finanzstarken FC Chelsea am Ruder. Dazu kommen Marcus Thuram, Denis Zakaria, Matthias Ginter – die potenzielle Transferliste ist lang.
Ich kann jeden Fan verstehen, der sich nun besorgt fragt, ob in Gladbach mehr zusammenbricht als nur der Trainerstuhl. Aber da ist ja noch ein anderer starker Mann, der im Borussia-Park die Strippen zieht. "Es werden sehr viele Spieler bleiben", zeigte sich Manager Max Eberl vor wenigen Tagen optimistisch, wenngleich er einordnete, dass es nun mal der Gladbacher Weg sei, den Kader nach teuren Abgängen immer wieder mit jungen Talenten aufzufüllen.
Ausgerechnet dieser eigentlich festgetrammpelte Weg nahm vor der laufenden Saison übrigens mal eine ungewohnte Abzweigung: Erstmals seit Jahren musste die Borussia keinen einzigen Stammspieler abgeben. Das weckte bei den Fans Hoffnung auf neuartige Langfristigkeit, wird sich im kommenden Sommer aber sehr sicher wieder ändern.
Hofmann: "Die Fans müssen vertrauen"
Mit Jonas Hofmann, einem der Begehrten, habe ich mich Anfang der Woche unterhalten.
"Max wird den Laden so zusammenhalten, dass er weiter läuft", sagte er zuversichtlich, ohne sich festzulegen, ob er dann selbst noch in diesem Laden angestellt sein wird. Der entscheidende Satz sollte aber noch folgen: "Die letzten Jahre hat Max das immer wieder so gut gemacht, da müssen die Fans einfach vertrauen!"
Halb als Spieler, halb als Paartherapeut sprach er damit die Worte aus, die sich jeder Borussia-Anhänger zu Herzen nehmen sollte. Denn Vertrauen ist schließlich der Schlüssel für jede gute Beziehung.