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Champions-League-Finale: Alexander Schlüter charakterisiert Thomas Tuchel

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Champions-League-Finale: Alexander Schlüter charakterisiert Thomas Tuchel

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Tuchel, der unterschätzte Oberlehrer

Die Arbeit von Thomas Tuchel wird bisweilen nicht genug wertgeschätzt. Im Finale der Champions League könnte er diesen Eindruck verblassen lassen - meint Alexander Schlüter.
Manchester City und der FC Chelsea treffen sich zum Final-Kracher in Porto. Mit dabei sind gleich vier deutsche Nationalspieler - und sich prügelnde Fans aus beiden Lagern.
Nico Seepe
Nico Seepe
von Alexander Schlüter

Egal in welcher Branche, der Politik, der Wirtschaft oder in der Kultur - es gibt diese Menschen, die einfach immer ein wenig unterschätzt werden. Thomas Tuchel widerfährt genau dies seit Jahren in seiner Branche, dem Profifußball.

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Verstehen wir uns nicht falsch: Tuchel erhält durchaus Anerkennung für seine bisherige Karriere, sein Fußball-Know-how und zunehmend auch für sein öffentliches Auftreten. Und doch finde ich, dass er bei all dieser Anerkennung immer noch zu sehr unter dem Radar fliegt. Thomas Tuchel ist schon jetzt ein Weltklasse-Coach und nur noch einen Sieg vom Trainer-Olymp entfernt! (Champions League: Manchester City - FC Chelsea am Samstag ab 21 Uhr im LIVETICKER)

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Menschen, die chronisch unterschätzt werden, sind oft schüchtern und zurückhaltend, was oft dazu führt, dass ihre Erfolge nicht wahrgenommen werden. Bei Tuchel stoßen wir auf ein etwas anders geartetes Phänomen:

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Tuchel schon in Mainz und Dortmund zu wenig wertgeschätzt

Seine früheren Erfolge wurden durchaus wahrgenommen, aber stets in ein falsches Verhältnis gesetzt. Dieses Phänomen begleitet ihn seit seiner ersten Cheftrainer-Station: Tuchel führte das kleine Mainz in drei von fünf Bundesliga-Saisons auf einen einstelligen Tabellenplatz. Dafür wurde er gefeiert, allerdings immer mit angezogenem Sektkorken – schließlich fußte all das, so der oft spürbare Eindruck, ja auf den vorangegangenen Leistungen des Mainzer Lieblings Jürgen Klopp.

Ähnliches passierte in Dortmund. Seine erste Saison als Cheftrainer schloss er dort mit 78 Punkten ab und wurde damit der bis dahin beste Vizemeister der Bundesliga. Im Pokal unterlag er den Bayern erst im Elfmeterschießen des Finals, ein Jahr später holte er diesen Titel und wurde in der Liga respektabler Dritter.

Doch auch in Dortmund konnte er sich aus dem riesigen, Klopp'schen Schatten nicht lösen. Wie schon in Mainz wurden seine Leistungen am Ende anerkannt, zum Zeitpunkt seines Abschieds aber doch unterschätzt. Was jeweils folgte, ist ebenfalls Teil vom "Phänomen Tuchel". Seine Nachfolger – Hjulmand beim FSV, Bosz beim BVB – wurden nach wenigen Monaten wieder entlassen. Erst jetzt wurde wirklich deutlich, dass Tuchels Leistungen keine Selbstverständlichkeit gewesen waren.

Zwei Meistertitel und CL-Finale mit PSG

Es liegt nicht allein an diesen besonderen Konstellationen, dass der gebürtige Schwabe immer ein wenig unterbewertet wurde. Tuchel ist nicht so laut wie ein Simeone oder ein Mourinho. Er ist keine besondere Erscheinung wie ein Zidane – im Gegenteil, mit seiner hageren Figur könnte Tuchel sich komplett hinter der Henkelpott-Trophäe verstecken. Er ist kein Menschenfänger wie Klopp, aber er läuft auch nicht vor ihnen davon.

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In Paris, seiner nächsten Station, fand er Zugang zu den divenhaften Topstars Neymar und Mbappé und impfte dem Team taktische Disziplin ein. Das Ergebnis waren zwei Meisterschaften und der ersehnte Einzug ins Champions League-Finale. Nur mit Sportdirektor Leonardo kam er auf keinen grünen Zweig. Wie schon in Dortmund, war ein Zerwürfnis mit der Führungsetage der Grund für seinen Abschied. Nachfolger Pochettino verpasste die Meisterschaft und scheiterte im Viertelfinale der Königsklasse an Manchester City. (Spielplan und Ergebnisse der Champions League)

Bei Chelsea fand Tuchel nun erstmals eine andere Konstellation vor. Das Team lag am Boden. Unter Vorgänger Frank Lampard hatte die Mannschaft ihr Gesicht und jede Menge Spiele verloren. Von Platz neun führte Tuchel das Team bis Saisonende noch in die Champions-League-Ränge und durchaus überraschend ins Finale der Königsklasse.

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Mit seiner akribischen, fast besessenen Art krempelte Tuchel die Blues in kürzester Zeit komplett um – änderte das System, verpasste der Mannschaft einen neuen, defensiv geprägten Anstrich. In seinem Perfektionismus hat er manchmal etwas Lehrerhaftes, er versteht es aber offensichtlich, sein Fachwissen zu vermitteln. Speziell die jungen Spieler schwärmen von Oberlehrer Tuchel, dem zum Erreichen des Klassenziels nur noch fehlt, dass er Timo Werner das Zeugnis zum erfolgreichen Torabschluss ausstellt.

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Chelsea Außenseiter gegen ManCity

Tuchel hat viel richtig gemacht und viel gewonnen, zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass dem 47-Jährigen der ganz große Coup bislang noch nicht gelungen ist. Dazu hat er nun die nächste Gelegenheit. Als erster Trainer der Geschichte steht er in zwei aufeinander folgenden Saisons mit zwei verschiedenen Klubs im Finale der Königsklasse. Ein toller Rekord, der im Falle einer erneuten Niederlage  aber schleunigst verblassen würde – das Tuchel-Phänomen ließe grüßen.

Sein Team ist Außenseiter gegen die Citizens, angeführt von Trainerikone Pep Guardiola. Aber vielleicht braucht es genau diese Ausgangssituation. Dieses Mal ist da kein Schatten, aus dem er sich lösen muss, keine Selbstverständlichkeit, die im Falle des Sieges mitschwänge.

Sollte Chelsea der Coup gelingen, würde Thomas Tuchel wohl tatsächlich niemand mehr unterschätzen und das Tuchel-Phänomen würde im Schatten des Erfolgs verschwinden.

Alexander Schlüter ist eines der Gesichter bei DAZN. Auch am Samstag wird er beim Finale der Champions League, das live auf DAZN übertragen wird, am Mikrofon sein.