Die meisten Fans von Borussia Dortmund hatten den Ort des Spektakels längst verlassen. Ein Mann verharrte jedoch länger unter der Haupttribüne und tippte auf seinem Handy herum. Vermutlich musste er zahlreiche Glückwunsch-Nachrichten von Freunden und aus der Familie beantworten.
Castros Attacke aus der zweiten Reihe
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Der Mann war schließlich Protagonist eines denkwürdigen Abends im DFB-Pokal. An diesem schoss der BVB den Zweitligisten SC Paderborn mit 7:1 (3:1) aus dem Stadion und qualifizierte sich für das Achtelfinale. Gonzalo Castro zeigte dabei mit zwei Toren und zwei sehenswerten Vorlagen, wie wertvoll er für die Dortmunder sein kann.
Entsprechend gut drauf war er nach seiner Gala. "Das war eine glatte Zehn", sagte Castro, als er den Spaßfaktor bestimmen sollte.
Für elf Millionen Euro aus Leverkusen
Von diesem Wert war er zu Saisonbeginn weit entfernt. Castro wagte im Sommer nach 16 Jahren bei Bayer Leverkusen den Wechsel nach Dortmund.
Elf Millionen Euro war er den Schwarz-Gelben angeblich wert. Beim BVB sollte der fünfmalige Nationalspieler nach Sebastian Kehls Karriereende und dem sich abzeichnenden Abgang von Ilkay Gündogan eine Führungsrolle übernehmen.
Doch es kam anders. Gündogan blieb beim BVB, den zweiten Platz auf der Doppel-Sechs erkämpfte sich der junge Julian Weigl. Trainer Thomas Tuchel brachte Castro als Rechtsverteidiger – das endete im Desaster. Nach einem tollpatschigen Auftritt in der UEFA Europa League bei Odds BK stand der 28-Jährige prompt in der Kritik.
Für Tuchel spielt Zeit eine Rolle
Castro schien sich verwechselt zu haben, denn auch in der starken Offensive der Borussia war für ihn kein Platz. Doch Thomas Tuchel glaubte an seinen Wunschspieler.
"Ich fühle mich mit der Einschätzung bestätigt, dass so ein Transfer seine Zeit benötigt. Nicht nur der Spieler braucht Zeit, um anzukommen, sondern auch der Mensch", sagte Dortmunds Coach nach dem Pokalspiel.
In diesem hatte er Marco Reus geschont und Castro deshalb ins offensive Mittelfeld beordert. Der sah zunächst Roman Bürkis Blackout und den Paderborner Führungstreffer.
Vorlagen für Ramos und Kagawa
Doch dann begann die große Castro-Show: Traumpass vor Adrian Ramos Ausgleichstor. Eiskalter Abschluss zum Führungstreffer. Hackenvorlage vor Shinji Kagawas 3:1.
Der Profi mit der Nummer 27 führte die von Stefan Effenberg trainierten Ostwestfalen vor und erzielte nach der Pause seinen zweiten Treffer. "Die Spiele davor waren auch schon ganz gut, da hat nur das Tor oder der Assist gefehlt", sagte Castro zu seiner Entwicklung.
Auch Ramos sammelt Pluspunkte
Gegen Paderborn gab es noch eine weitere Attacke aus der zweiten Reihe. 13-Tore-Mann Pierre-Emerick Aubameyang blieb draußen, dafür stürmte Adrian Ramos. Der Kolumbianer sammelte durch ein Tor, eine Vorlage und seinen nimmermüden Einsatz Pluspunkte bei Tuchel.
Doch auch Ramos hat ein Problem: das offensive Überangebot beim BVB. Deshalb wird er am Samstag bei Werder Bremen (ab 15 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) wahrscheinlich wieder auf der Bank Platz nehmen müssen.
Wenn sein Sitznachbar Gonzalo Castro heißt, würde das auch niemanden überraschen – trotz der vier Scorerpunkte vom Mittwoch.