Auf dem Papier steht Drittligist gegen Erstligist. Vom Gefühl her ist der Gegensatz noch deutlich größer.
Lotte: Ein irres Heimwerker-Projekt
Borussia Dortmund ist im Viertelfinale des DFB-Pokals zu Gast beim VfL Sportfreunde Lotte, dem Bezwinger von Werder Bremen, Bayer Leverkusen und 1860 München.
Nicht nur deshalb sind die Sportfreunde (naheliegendes Klubmotto: "Volle Lotte!") ein außergewöhnlicher Verein. SPORT1 stellt den Underdog in kuriosen Fakten vor:
- Die Stadt:
Lotte ist eine 14.000-Einwohnerstadt in der westfälischen Region Tecklenburger Land, nahe an der Grenze zu Niedersachsen. Mit dem neun Kilometer entfernten Osnabrück verbindet Lotte auch ein Autobahnkreuz - durch das die Stadt auch bei fußballdesinteressierten Autofahrern überregional bekannt ist.
- Der Mäzen:
Der Ingenieur Manfred Wilke ist seit 1988 Fußballobmann des Klubs. Er trug entscheidend dazu bei, dass Lotte inzwischen fünf Spielklassen höher spielt - indem er viel privates Geld und noch mehr Arbeit in den Klub steckte: Er repariert, kontrolliert, mäht den Rasen und organisiert größere Projekte wie den Tribünenausbau oder aktuell die Plätze für die Kommentatoren und Moderatoren der Pokal-Übertragung.
- Das Stadion:
Das Frimo-Stadion fasst nur knapp 10.059 Zuschauer, 59 über dem Mindestmaß für einen Drittligisten. Und auch das nur, weil Wilke und seine Helfer nach dem Aufstieg im Sommer improvisierten und eigenhändig ausbauten: Funktionäre, Spieler und Fans packten mit an - auch Flüchtlinge aus der örtlichen Asylbewerberunterkunft.
Der Fußball als Ort des gesellschaftlichen Zusammenhalts: In Lotte wird dieses Prinzip gelebt, auch vor dem Spiel gegen 1860, als der Platz in Gemeinschaftsarbeit vom Schnee befreit wurde.
Das Heimwerker-Prinzip hat aber natürlich seine Grenzen: Rasen und Trainingsplätze sind holprige Angelegenheiten für alle Beteiligten.
- Die Spieler:
378,35 Millionen Euro müsste ein findiger chinesischer Klub aktuell bezahlen, wenn er alle Spieler von Borussia Dortmund kaufen wollen würde - so taxiert das Portal Transfermarkt.de den Gesamtmarktwert aller Dortmunder.
378,35 Millionen Euro würde vielleicht auch ein chinesischer Klub für ganz Lotte zahlen, der Gesamtmarktwert der Sportfreunde liegt aber nur bei 4,48 Millionen. Pierre-Emerick Aubameyang und Co. sind 84,5 Mal so teuer.
Teuerster Lotter: der deutsch-polnische Mittelfeldspieler Andre Dej wäre für etwa 350.000 Euro zu haben. Das mal 186 und man käme auf Aubameyangs Marktwert (65 Millionen).
- Der Trainer:
Der 36 Jahre alte Ismail Atalan kam vor 30 Jahren als kurdisches Flüchtlingskind nach Deutschland, arbeitete sich als Trainer von der Kreisliga in den Profibereich.
Der ehrgeizige Autodidakt hat zahlreiche Biografien großer Trainer verschlungen, macht nun in Hennef seinen Trainerschein. Dass Lotte nicht das Ende der Fahnenstange sein muss, zeigt das Beispiel eines seiner Vorgänger: Maik Walpurgis trainiert mittlerweile den FC Ingolstadt.
- Das Stammlokal:
Vor jedem Heimspiel trifft sich die Mannschaft in der Pizzeria Soave von Hakki Hamidanoglu. Für alle gibt es das gleiche Gericht: Nudeln mit Pesto und Tomate-Sahne-Soße, Fachausdruck: "Penne a la Aufsteiger".
"Er ist ein Fußballverrückter im positiven Sinn", sagt Atalan den Ruhr Nachrichten über seinen Erfolgskoch: "Wir sind froh, dass er uns unterstützt."