Vom DFB-Team berichtet Thorsten Mesch
Vom Notnagel zum Anführer
Frankfurt am Main - Bastian Schweinsteiger, Mesut Özil, Sami Khedira - drei Weltmeister, drei Stammspieler.
Doch sie alle sind verletzt und werden in diesem Jahr kein Spiel mehr für die deutsche Nationalmannschaft bestreiten.
Ihr Fehlen reißt ein Loch ins deutsche Mittelfeld. Dazu schmerzt der Ausfall von Marco Reus.
Ernst, aber nicht dramatisch
Die Lage vor den EM-Qualifikationsspielen in Polen am Samstag (ab 20.15 Uhr im LIVE-TICKER), gegen Irland am Dienstag (ab 20.15 Uhr im LIVE-TICKER) und gegen Gibraltar im November ist ernst, aber nicht dramatisch.
Toni Kroos ist frei von körperlichen Beschwerden und bereit, die Fäden in der Kreativzentrale in die Hand zu nehmen.
Feste Größe bei der WM
Bei der WM war der 24-Jährige die konstante Größe in den Planspielen von Bundestrainer Joachim Löw.
Bis auf das Viertelfinale gegen Frankreich, als er in der 90. Minute ausgewechselt wurde, spielte er in Brasilien immer über die volle Zeit. In seinem Arbeitsnachweis standen am Ende zwei Tore und vier Torvorlagen.
Doch diese Daten sagen nicht alles über seine Leistung aus.
"Er hat bei der WM noch einmal einen großen Schritt gemacht, man merkt eine große Reife bei ihm", lobte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff die Entwicklung des Spanien-Legionärs.
"Er kommt auch im Ausland sehr gut klar, spielt eine bedeutende Rolle bei Real Madrid und fordert auch in schwierigen Momenten den Ball, das zeigt Verantwortungsbewusstsein", meinte Bierhoff.
Nächster Schritt in Madrid
Bei der WM gehörte Kroos zu den besten Spielern des Turniers, mit dem Wechsel vom FC Bayern zu Real machte er den nächsten Schritt auf seiner Karriereleiter.
Nach einer kurzen Erholungspause im Sommer schaffte Kroos beim spanischen Rekordmeister mühelos den Sprung in die Stammelf.
"Ich wurde von der Mannschaft sehr gut aufgenommen, habe mich in Madrid sehr gut eingelebt und fühle mich sehr wohl", berichtete Kroos.
Mit dem Spanisch hapere es noch etwas, "weil wir so viele Spiele hatten", aber mit seinem Englisch könne er sich ganz gut verständigen.
Auf dem Platz lässt er Taten sprechen.
Rückkehr nach Warschau
Am Samstag kehrt er in Warschau in das Stadion zurück, das er vor zwei Jahren als Verlierer verlassen hatte.
Im Halbfinale der EM 2012 gegen Italien hatte Löw ihn - zur Überraschung vieler Beobachter - im Mittelfeld aufgestellt, um die Kreise von Italiens Regisseur Andrea Pirlo einzuengen.
Das Experiment ging schief, Kroos wurde eine Mitschuld für die 1:2-Pleite angelastet.
Das Spiel hat der Weltmeister längst abgehakt, sein Ziel ist die Qualifikation für die EM 2016.
Auf dem Weg nach Frankreich ist Kroos einer der großen Hoffnungsträger, und das angesichts der personellen Situation im Mittelfeld mehr denn je.
"Qualität ist vorhanden"
"Wir haben bislang die Ausfälle immer ganz gut verkraftet. Auch dieses Mal wird das so sein. Die Qualität ist nach wie vor vorhanden", erklärte er.
In Polen und gegen Irland wird Kroos im Zentrum zusammen mit Christoph Kramer das Spiel ankurbeln. Beim 2:4 gegen Argentinien und beim 2:1 gegen Schottland hat das Zusammenspiel schon ganz ordentlich funktioniert. Doch es gibt noch Luft nach oben.
"Natürlich muss man sich ein bisschen neu finden", meinte Kroos. "Vor allem die, die bislang noch nicht so oft gespielt haben müssen sich nun integrieren."
Kroos soll ihnen dabei helfen und als Leistungsträger die Richtung vorgeben. Aus dem Notnagel von Warschau ist ein Anführer geworden.