Fritz Keller war leicht desorientiert.
Diese Probleme muss Keller lösen
"Wo muss ich denn hin?", fragte der neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), als er im Anschluss an seine Wahl am Freitag um 12.30 Uhr mit einem übergroßen Blumenstrauß in der Hand seinen Platz auf dem Podium suchte.
Nachdem er seinen Stuhl gefunden hatte, durfte er sich über den großen Vertrauensbeweis freuen - der 62-Jährige war beim Bundestag in Frankfurt/Main einstimmig gewählt worden.
Sein Aufstieg vom Winzer zum Wortführer war nach dem Votum der 257 Delegierten perfekt, Keller geht als 13. Chef in die 119-jährige Geschichte des größten Einzelsportverbands der Welt ein.
Verschwiegenheitstest: Keller stellt DFB auf die Probe
Das für ihn nötige Vertrauen hatte Keller bereits zuvor durch einen Verschwiegenheitstest erhalten.
Der Ex-Klubchef des SC Freiburg wäre nicht angetreten, wenn im Vorfeld der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur etwas herausgekommen wäre.
Keller, das wird klar, hat keine Lust auf Leaks, darauf, dass Interna nach draußen sickern – und brachte damit auch den DFB hinter sich, der sich an die Absprache hielt.
Auch über die Tauglichkeit Kellers herrschte selten gesehene Einigkeit in den Gremien, aber auch bei den Bossen der Liga-Klubs oder bei Joachim Löw, der "volle Leidenschaft und viel Herzblut" spürt.
Keller will Vertrauen zurückgewinnen
"Er hat große Ziele und viel Energie. Das wird uns gut tun", sagte der Bundestrainer.
Das Patenkind des deutschen Ehrenspielführers Fritz Walter will neue Wege gehen und Problemstellen des DFB lösen.
Keller kündigte eine "externe Generalinventur" des Verbandes an, die er ausschreiben lassen will. "Dabei geht es nicht nur um Finanzen, sondern auch um Finanzströme und Entscheidungsprozesse", sagte Keller: "Es geht um alles."
Mit dem DFB gelte es auch darum, "Vertrauen zurückgewinnen", das in den vergangenen Jahren und Monaten gelitten hatten.
Konflikt zwischen Amateuren und Profis
Keller möchte zudem den jahrelangen Konflikt zwischen Amateuren und Profis beenden. "Es wird natürlich auch in Zukunft Diskussionsbedarf geben", so Keller, der aber auch betonte, "heute keine Kluft gespürt" zu haben.
Ganz nebenbei muss er den Verband aus der Dauerkrise führen, für eine moderne Struktur sorgen, den Bau der Akademie vorantreiben, den Weg der Nationalmannschaft zurück in die Weltspitze forcieren, die Zusammenarbeit mit den internationalen Gremien verbessern, einen neuen Grundlagenvertrag aushandeln - und die EM-Endrunde 2024 planen.
Damit sich Keller nicht wie seine Vorgänger verzettelt, bekommt er Helfer zur Seite gestellt. So soll Vizepräsident Rainer Koch als neuer "Außenminister" fungieren. Als Folge des Grindel-Rücktritts ist der DFB derzeit weder im Council des Weltverbandes FIFA noch im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (UEFA) vertreten, zumindest ins UEFA-Exko will Koch einziehen.
Keller: "Anspruch muss die Weltspitze sein"
Auch innerhalb des DFB, dessen Budget bei mehr als 400 Millionen Euro im Jahr liegt, wird Keller mit der Zeit nicht mehr so viel Macht wie seine Vorgänger besitzen. Zunächst will Keller als tatkräftiger Boss die Strukturreform in seinem Sinn gestalten, um später Aufgaben abzugeben.
"Ich werde reingrätschen, wenn es was zum reingrätschen gibt", äußerte Keller: "Wir müssen so transparent sein, dass es langweilig ist, über uns zu reden."
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Unter dem 13. Präsidenten soll es eine deutlichere Trennung zwischen den wirtschaftlichen und den gemeinnützigen Aufgaben geben. Deshalb werden alle Aktivitäten, mit denen Geld verdient wird, künftig von der DFB GmbH verantwortet. Gemeinnützige Aufgaben obliegen dem DFB e.V.. Starker Mann der GmbH soll Generalsekretär Friedrich Curtius werden, Oliver Bierhoff ist als Geschäftsführer Sport vorgesehen.
So ist Keller, der Nachhaltigkeit, Ökologie und Gleichberechtigung ebenfalls in den Fokus rücken will, nach den Statuten nicht mehr der Chef des Bundestrainers.
Dennoch formuliert der künftige DFB-Boss auch in dieser Hinsicht seine Ambitionen: "Die Hauptaufgabe des DFB bleibt, Erfolge an der Spitze möglich zu machen. Unser Anspruch muss die Weltspitze sein"