"Definitiv", sagt Stefan Kuntz im SPORT1-Social-Format "Split It!" und lacht. "Ich gehöre definitiv zu den 80 Millionen Bundestrainern in Deutschland."
So plant Kuntz die olympische U21
Und als solcher wird er am Freitag wohl vor allem Luca Waldschmidt mit Argusaugen beobachten. Vor allem aber mit viel Freude. Der 23 Jahre alte Stürmer des SC Freiburg weilt erstmals bei der A-Nationalmannschaft und hofft im Länderspielklassiker gegen Oranje auf sein Debüt. (EM-Qualifikation, Deutschland - Niederlande, Fr. ab 20.45 Uhr im LIVETICKER)
Im Juni war Waldschmidt Torschützenkönig bei der UEFA U21 EM 2019 in Italien geworden - unter den Fittichen von Kuntz. Nach seiner Berufung durch Bundestrainer Joachim Löw habe er sich bei Kuntz gemeldet und "sich bei seinen Mitspielern und bei unserem Team bedankt, dass wir ihn zwei Jahre lang so gut begleitet haben", erzählt Kuntz, dem dabei das Herz aufgegangen sei.
Jetzt das aktuelle Trikot des DFB-Teams bestellen - hier geht's zum Shop! | ANZEIGE
Für den Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft steht nun das Begleiten einer neuen Generation an.
Nach dem erfolgreichen EM-Turnier, bei dem Deutschland lediglich die letzte Krönung verwehrt blieb, muss Kuntz ein neues schlagkräftiges Team aufbauen, um in der Qualifikation zur UEFA U21 EM 2021 zu bestehen - und bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio.
U21-Nationalmannschaft mit wenig Bundesliga-Erfahrung
Von seinen Vize-Europameistern stehen Kuntz nur drei für die anstehenden Aufgaben zur Verfügung: Lukas Nmecha (VfL Wolfsburg), Markus Schubert (FC Schalke 04) und Johannes Eggestein (Werder Bremen).
Sie werden im Testspiel gegen die Griechen (U21-Länderspiel, Deutschland - Griechenland, ab 18.15 Uhr im LIVETICKER) dabei sein, ehe es zum Auftakt in die Qualifikation zur U21-Europameisterschaft 2021 in Ungarn und Slowenien nach Wales geht (U21-EM-Qualifikation, Wales - Deutschland, Di. ab 20 Uhr im LIVETICKER).
Die meisten Spieler im Kader muss auch der 56-Jährige erst noch kennenlernen. "Ich will nicht sagen Speed-Dating, aber es gibt schon relativ viele kurze Gespräche. Teilweise über Sport, teilweise über Geschichten aus den Vereinen", beschreibt Kuntz das erste Zusammentreffen der neuen U21-Nationalmannschaft.
Von den 23 nominierten Spielern haben lediglich elf bereits Bundesliga-Erfahrung, zusammen kommen sie auf 267 Einsätze im deutschen Fußball-Oberhaus. Der erfahrenste Akteur unter ihnen: Salih Özcan, der 36 Bundesliga-Partien für den 1. FC Köln bestritt und inzwischen bei Holstein Kiel in der 2. Liga spielt.
Kuntz: Eggestein und Schubert in der Verantwortung
Dabei wird sich erst noch herauskristallisieren müssen, auf wen Kuntz als verlängerten Arm auf dem Feld setzen kann.
"Man muss ja auch Führung übernehmen wollen", sagt der Europameister von 1996. "Es gibt Spieler, die sind zufrieden, wenn man sie in Ruhe lässt und sie 'nur' ihre Leistung zu bringen brauchen."
Zwei vergleichsweise erfahrene Spieler hat Kuntz aber bereits als potentielle Führungsspieler ausgemacht, und dieses Duo nimmt er auch in die Pflicht. "Johannes Eggestein, der jetzt schon Bundesliga-Erfahrung hat, und Markus Schubert als Torhüter", sagt Kuntz, "sollten jetzt am Anfang schon so ein bisschen die Verantwortung übernehmen."
Sie sollen also die Säulen der Mannschaft bilden, um in der Quali gegen Belgien, Bosnien-Herzegowina, Moldawien und Wales zu bestehen - kein Selbstläufer, schließlich ist nur der Gruppensieger sicher für die Endrunde qualifiziert. Als Zweiter müsste das DFB-Team besser abschneiden als die anderen acht Gruppenzweiten.
Kuntz: "... dann würde ich gerne Poldi fragen"
Inmitten der Quali wartet ein besonderer Höhepunkt auf die deutsche U21: das olympische Fußballturnier. Hierfür kann Kuntz theoretisch drei ältere Spieler nominieren - und so die fehlende Erfahrung wettmachen.
Dabei geht es Kuntz aber vor allem um die richtigen Spielertypen. "Was habe ich bei den zur Verfügung stehenden Spielern noch nicht besetzt? Sei es von der Position her oder vom Charakter her. Wenn ich jetzt rein theoretisch Poldi (Lukas Podolski, d. Red.) vom Spieler und vom Charakter her schon besetzt hätte, dann würde ich vielleicht auf einen anderen zurückgreifen. Aber wenn mir so etwas noch fehlt, dann würde ich natürlich auch gerne noch Poldi fragen, ja."
Der 34 Jahre alte Podolski wird seit Längerem als Kandidat für ein Olympia-Team gehandelt und hatte erst kürzlich Interesse bekundet: "Klar hätte ich Bock auf Olympia. Das ist für jeden Sportler etwas Geiles."
Zunächst müsse Kuntz aber "von den Bundesligavereinen wissen, wie viele Spieler sie bereit sind abzustellen. Und daraus ergibt sich dann schon mal ein gewisses Gerüst an Spielern."
Um dieses Gerüst dann hochwertig zu verfeinern, sei auch Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg eine Option. "Maxi war mein Kapitän bei der U21-EM und wir haben sicherlich ein besonders Verhältnis. Außerdem sind seine Leistungen aktuell bärenstark", sagt Kuntz.
Jatta von der deutschen U21 überzeugen
Und dann wäre da noch Bakery Jatta.
"Ich würde gerne versuchen, Bakery bei der Einbürgerung zu helfen, weil ich ihn gerne von der U21 überzeugen möchte. Auf diesem Weg waren wir schon, und dann kam diese, für meine Begriffe, etwas unsägliche Diskussion", sagt Kuntz in "Split It!".
Am 7. August hatte die Sport Bild einen Bericht über angebliche Zweifel an der Identität Jattas veröffentlicht. Am Montag hatte nun das Bezirksamt Hamburg-Mitte die Ermittlungen gegen den HSV-Profi eingestellt, am Dienstag hatten die Zweitligisten Karlsruher SC, VfL Bochum und 1. FC Nürnberg ihre Einsprüche gegen die Wertung ihrer Punktspiele gegen den Hamburger SV zurückgezogen. Damit ist auch die für den 9. September geplante Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht hinfällig.
"Wenn es jetzt beendet ist, werde ich warten, bis unser neuer Präsident gewählt ist. Dann werde ich bei ihm im Büro sitzen und ihn fragen, ob wir nicht alles tun wollen, um Bakery von uns zu begeistern", kündigt Kuntz ein Gespräch mit dem designierten DFB-Präsidenten Fritz Keller an.
Dann wird womöglich auch Kuntz' Vertrag als U21-Trainer Thema sein. "Er endet nächstes Jahr im September und wir sind in Gesprächen", sagt Kuntz. "Und das heißt ja eigentlich schon mal, dass wir grundsätzlich gerne weiter zusammenarbeiten würden."