Als klarer Favorit geht Deutschland am Sonntag (ab 17 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) ins Achtelfinale der EM in Frankreich.
Taktik-Analyse: Härtetest für Kimmich
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Aber: Das Team von Bundestrainer Joachim Löw darf die Slowakei keineswegs auf die leichte Schulter nehmen. Nicht zuletzt das Testspiel in Augsburg vor der EM sollte ein Warnschuss sein.
Damals lagen die Deutschen bei der 1:3-Niederlage gegen die Slowaken schon zur Halbzeitpause mit 1:2 in Rückstand, bevor ein Wolkenbruch den Platz nahezu unbespielbar machte.
Löws Mannschaft dominierte mit einem eher ungewöhnlichen 3-3-3-1-System, wurde aber von der Slowakei zweimal kalt erwischt. Marek Hamsik traf per Fernschuss, Michal Duris besorgte nach einem Eckball den zweiten Treffer.
Klar: Die Aussagekraft dieser Testpartie ist überschaubar. Aber damals wie auch in den drei Gruppenspielen wurde klar, dass die Slowaken trotz geringer Spielanteile in der Offensive stets gefährlich sind.
Marek Hamsik: Schlüsselspieler mit Monsterschuss
Vieles hängt dabei von Allzweckwaffe Hamsik und seinem Mittelfeldpartner Juraj Kucka ab. Die beiden Achter unternehmen viele Vorstöße durch die Mitte oder unterstützen die Flügelstürmer im Konterspiel.
Gerade Hamsik sticht aus der Masse heraus: Der Napoli-Profi ist nicht nur mit einer grandiosen Schusspräzision gesegnet, sondern brilliert zudem mit seiner Flexibilität. Er kann alle Rollen im Mittelfeld bekleiden, am Spielaufbau teilnehmen oder auch im offensiven Zentrum auf die eine entscheidende Abschlusssituation warten.
Das macht den 28-Jährigen umso unberechenbarer. Ein Manndecker müsste ihn über die komplette Länge des Feldes verfolgen. Die DFB-Elf wird jedoch vor allem versuchen, am eigenen Strafraum die Passwege zu versperren und Hamsik rasch zu attackieren, damit er nicht zum Schuss kommt.
Bei seinem Treffer im Testspiel gegen Deutschland spielten die Slowaken den Ball schnell von der linken Seite zur Mitte. Auf dem Flügel wurden sie noch eng gedeckt, aber Hamsik stand zentral frei.
Bevor Jerome Boateng aus der Verteidigungslinie herausrücken und den Abstand zu ihm schließen konnte, befand sich der Ball bereits in der Luft und schlug unvermeidlich im Tor der Deutschen ein.
Die Offensive der Slowakei ist also nicht zu unterschätzen. Sollte Joshua Kimmich erneut das Vertrauen des Bundestrainers erhalten, bekäme er es als Rechtsverteidiger mit Flügelstürmer Vladimir Weiss zu tun, der im Tempodribbling seine Stärken hat und ein echter Härtetest für Kimmich wäre.
Toni Kroos und Co. vor Geduldsspiel
Doch die Achtelfinalpartie sollte für die DFB-Auswahl ähnlich verlaufen wie die beiden vorherigen Spiele. Im laufenden EM-Turnier hat Deutschland mit 66,5 Prozent bisher die höchste Ballbesitzquote aller Teams. Auch gegen die Slowaken werden Toni Kroos und Co. vielfach den Ball durch die hinteren Reihen laufen lassen und die Angriffe durchdacht aufbauen.
Gegen Nordirland war die deutsche Mannschaft allerdings ebenso in der Lage, mit schnellen Eröffnungspässen über die Flügel zu attackieren. Die Slowakei wird defensiv ihre 4-5-1-Grundformation in eine 6-3-1-Anordnung verwandeln und versuchen, am eigenen Strafraum die komplette Spielfeldbreite zu verteidigen.
Die DFB-Elf könnte erneut über die Außenbahnen angreifen, aber nicht unbedingt unablässig Flanken nach innen auf Mario Gomez und Thomas Müller schlagen, sondern auch kurze Pässe in die Halbräume spielen.
Ähnlich wie bei der Umstellung vom Polen- zum Nordirland-Spiel sollte es nun wieder kleinere taktische Veränderungen in der Angriffsgestaltung geben. Die Slowakei präsentiert ein ähnliches Problem wie die beiden Gegner zuvor.
Folglich muss der deutschen Mannschaft vor allem eines gelingen: ein Überraschungseffekt.