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EM 2021: Ungarn-Idol Gabor Kiraly über Deutschland, Jogginghose, Szoboszlai, Rossi

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EM 2021: Ungarn-Idol Gabor Kiraly über Deutschland, Jogginghose, Szoboszlai, Rossi

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Kiraly: Was Matthäus uns vorlebte

Kult-Keeper Gabor Kiraly warnt die deutsche Nationalmannschaft vor dem Duell mit seinem Heimatland Ungarn. Der Jogginghosen-Torwart traut Ungarn viel zu.
Ungarns Rekordnationalspieler und Bundesliga-Legende Gábor Király glaubt an einen Sieg gegen Deutschland und verrät, wie Trainer Marco Rossi arbeitet.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

In Deutschland gilt Gabor Kiraly wegen seiner starken Leistungen für Hertha BSC oder bei 1860 München als Kult-Torwart.

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Aber auch wegen seiner langen, grauen Schlabberhose, die er immer getragen hat, ist er im Gedächtnis geblieben.

197 Mal stand er in der Bundesliga im Kasten, 18 Jahre hütete Kiraly das ungarische Tor, bestritt 108 Länderspiele.

2019 beendete der Schlussmann dann seine Karriere.

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Vor dem letzten Gruppenspiel seiner Ungarn am Mittwoch gegen Deutschland (Deutschland - Ungarn am Mittwoch ab 21.00 Uhr im LIVETICKER) spricht der 45-Jährige über das Duell und sein optisches Markenzeichen.

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SPORT1: Herr Kiraly, wie geht es Ihnen und was machen Sie beruflich?

Gabor Kiraly: Ich lebe in Szombathely, zehn Kilometer entfernt von Österreich, eine Stunde entfernt von Wien. Ich habe täglich viel zu tun in meinem Verein und unserem eigenen Sportzentrum. Wir haben etwas Neues entwickelt - eine große Innovation. Seit zwei Jahren bin ich da jeden Tag in meinem Fußballverein beschäftigt mit 250 Kindern und 22 Trainern. Wir spielen mit den Jugendteams in der 1., 2. und 3. Liga. In der vergangenen Saison wurden wir Zweiter und wären fast aufgestiegen. Wir wollen in die 3. Liga. Ich möchte meinem alten Verein Haladas helfen. Seit 18 Jahren läuft dieses Projekt, aber seit zwei Jahren nach dem Ende meiner Profikarriere mache ich das hauptberuflich und sehr intensiv. Ich reise auch viel herum und habe gute Kontakte zu meinen früheren Vereinen. Ich arbeite zudem noch für Crystal Palace und Hertha BSC. Für die Zukunft gibt es Pläne für eine Zusammenarbeit mit 1860 München. Ich will das zurückgeben, was mir der Fußball gebracht hat. (Ergebnisse und Spielplan der EM)

Kiraly: "Manchmal vermisse ich den Gabor in der Schlabberhose"

SPORT1: Sie sind in Ungarn eine Legende und waren in Deutschland auch durch Ihre Jogginghose Kult. Ist das schön, darauf angesprochen zu werden oder nervt Sie das?

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Kiraly: Das nervt mich nicht. Ich war 26 Jahre Profi und habe 23 Jahre davon diese graue Schlabberhose getragen. Diese Hose gehört einfach zu mir. Ich habe insgesamt 882 Spiele im Tor absolviert und habe immer Spaß gehabt, nicht nur in der grauen Schlabberhose. Ich spiele noch für die Altherren-Nationalmannschaft und da habe ich die Schlabberhose nach der Karriere zwei Mal angezogen. Seitdem nicht mehr, aber manchmal vermisse ich den Gabor in der Schlabberhose. Aber keine Sorge, ich genieße im Sommer auch kurze Hosen.

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SPORT1: Am Mittwoch spielen Ihre Ungarn gegen die deutsche Nationalmannschaft. Ist es ein Alles-oder-Nichts-Spiel?

Kiraly: Es ist auch für Deutschland ein Alles-oder-Nichts-Spiel. Sie müssen gewinnen, um ganz sicher weiter zu sein. Ungarn hat seine Möglichkeiten, die Deutschen müssen schon aufpassen und dürfen sich nicht zu sicher sein. Ich habe meine Ungarn gegen Frankreich live im Stadion gesehen und sie waren deutlich engagierter als Les Bleus. Ungarn hat mutig gespielt, und deshalb kam das Unentschieden zustande. Das Spiel gegen die Deutschen wird wieder in der Allianz Arena stattfinden, das wird für mich als Zuschauer etwas Besonderes, weil es mit 1860 viele Jahre mein Wohnzimmer war. Ich werde wieder vor Ort sein und das Spiel genießen. Diese EM ist ein Fest für Ungarn. Und das Spiel gegen Deutschland ist schon jetzt das Highlight. Wir werden uns nicht verstecken. (Tabellen der EM)

SPORT1: Ist es gefährlich für Ihre Ungarn? Sie müssen gewinnen, Deutschland reicht ein Punkt.

Kiraly: Es kann auch für die Deutschen gefährlich werden, denn dieses einen Punkt müssen sie erstmal eintüten. Natürlich haben sie jetzt Oberwasser durch den tollen Sieg gegen Portugal. Aber die 90 Minuten gegen Ungarn müssen erst noch gespielt werden. Unser Land hat schon gewonnen durch die Teilnahme an dieser EM. Wir haben bisher gegen große Nationen gespielt und uns da beachtlich geschlagen. Jetzt kommt mit Deutschland ein dritter Brocken. Es ist für uns eine Todesgruppe. Für unser Land fühlt es sich jetzt schon wie ein Turniersieg an. Wir sind einfach froh, in München gegen Deutschland zu spielen.

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SPORT1: Spürt man in Ungarn ein neues Wir-Gefühl?

Kiraly: Ganz neu nicht, denn wir hatten 2016 bei der EM in Frankreich auch eine tolle Stimmung. Da haben wir durchaus überrascht. Ich bin stolz auf unsere Mannschaft, dass wir jetzt wieder dabei sind. Für den ungarischen Fußball ist es großartig.

Kiraly: Ungarn war gegen Frankreich "großartig"

SPORT1: Die Deutschen sind nach dem Sieg gegen Portugal zurück im Glück. Macht diese Leistung Angst?

Kiraly: Auf gar keinen Fall. Wir beschäftigen uns nur mit uns. Die Leistung gegen Frankreich war großartig und das müssen wir uns vor Augen führen. Das war ein tolles Spiel. Unsere Spieler haben sich schon wieder regeneriert. Natürlich ist Deutschland der Favorit, aber wir waren gegen die Franzosen für eine Überraschung gut, warum nicht auch am Mittwoch? Marco Rossi ist ein sehr guter Trainer, der unsere Hoffnung am Leben hält. Er gibt klare Kommandos und das sieht man am Spiel der Truppe.

SPORT1: Also wirklich keine Angst vor dem Spiel der Deutschen?

Kiraly: Warum sollten wir vor Deutschland Angst haben? Für mich war der Sieg gegen Portugal keine Überraschung. Für mich persönlich ist die deutsche Elf auch einer der Kandidaten für den Titel. Die deutsche Nationalmannschaft hatte in den vergangenen Jahren eine schwierige Phase, aber die Spieler wollen sich mit einem Titel von Bundestrainer Joachim Löw verabschieden. Sie werden alles geben, damit das klappt. Gegen Frankreich haben sie unglücklich verloren. Durch den Sieg gegen Portugal ist Deutschland wieder auf Kurs.

Hier können Sie sich den PDF-Spielplan der Fußball-EM 2021 herunterladen und im Anschluss ausdrucken

SPORT1: Ungarn hat sich vom verlorenen Finale 1954 bis heute nicht erholt. Viele sprechen immer noch von einer Tragödie. Wie sehen Sie es?

Kiraly: Wie die Stimmung damals war, kann ich nicht beurteilen, weil ich damals noch nicht gelebt habe. Damals gab es wenig Nationen, die so dominant waren wie heute bei der EM. Es ist komisch, dass man im Finale stand und es dennoch eine Tragödie war. (lacht) Dann war es eine schöne Tragödie. Damals war es eine andere Zeit. Ich habe sehr oft mit dem damaligen ungarischen Torwart Gyula Grosics gesprochen und er hat mir viel von dem Endspiel in Bern erzählt. Leider lebt er nicht mehr und kann die aktuelle Nationalmannschaft nicht miterleben.

Kiraly: Szoboszlai "fehlt extrem"

SPORT1: Sie waren 18 Jahre in der Nationalmannschaft. Wie blicken Sie zurück?

Kiraly: Es gab natürlich auch schwierige Zeiten, aber wir haben auch viele gute Spiele absolviert. Ich erinnere mich noch, dass wir vor der EM 2004 gegen Deutschland in Kaiserslautern 2:0 gewinnen konnten. Im Fußball kann so viel passieren. Vielleicht auch am Mittwoch in München.

SPORT1: Willi Orban ist Kapitän, Peter Gulacsi spielt im Tor, Roland Sallai und Adam Szalai in der Offensive. Hat die Bundesliga das ungarische Team wiederbelebt?

Kiraly: Ein bisschen schon. Sallai ist ein junger, ehrgeiziger Spieler. Die anderen drei haben Ungarn natürlich mit ihrer Erfahrung Ungarn gut getan. Sallai hat sich beim SC Freiburg toll entwickelt. Ich kenne ihn noch als unerfahrenen Profi. Was der Junge jetzt leistet, ist unfassbar. Orban, Gulasci und Szalai zeigen seit Jahren konstant gute Leistungen in der Bundesliga, und ich weiß, wie schwer das ist. Daher bin ich sehr froh, dass sich diese ungarischen Spieler in der Bundesliga einen Namen gemacht haben. Ich wünsche mir aber noch mehr Talente, die in Deutschland groß werden. Die Bundesliga hat auch etwas davon. Die EM ist eine tolle Bühne, um sich zu zeigen. Damals zu meiner Zeit gab es mit Krisztian Lisztes, Imre Szabics oder Pal Dardai mehrere ungarische Spieler in der Bundesliga.

SPORT1: Leider fehlt den Ungarn mit Dominik Szoboszlai eines der großen Talente. Wie schwer wiegt sein Ausfall?

Kiraly: Er ist ein sehr talentierter Junge, der uns extrem fehlt. Er braucht noch weiter regelmäßig Spielpraxis und kann Ungarn in der Zukunft helfen. Dominik kann der entscheidende Mann im Spiel von Rossi werden. Er hat seine Klasse schon oft bewiesen. Einmal ist er im Playoff-Spiel in der letzten Minute alleine auf das gegnerische Tor gelaufen und hat eiskalt verwandelt. Er ist so ein guter Junge, der immer dazu lernen will. Er kann Spiele entscheiden. Aber Ungarn ist als Mannschaft sehr stark. Sallai kann der entscheidende Mann werden. Der Wille bei Ungarn ist da, aber wir brauchen noch etwas Erfahrung.

Kiraly: "Wir schauen gerne nach Deutschland"

SPORT1: Früher haben die Deutschen von Ferenc Puskás gelernt, jetzt ist es umgekehrt.

Kiraly: Sicher hat sich die Fußballwelt verändert. Und inzwischen lernen wir Ungarn von den Deutschen. Die Bundesliga gehört für mich nach wie vor zu den drei besten Ligen in der Welt. Ungarn hat sich verändert, auch was die Stadien betrifft. Es war ein großer Schritt, dass wir die Arenen umbauen konnten. Der ungarische Fußball entwickelt sich immer weiter und da schauen wir gerne nach Deutschland. Viele Fans in unserer Stadt sind Anhänger von deutschen Bundesliga-Vereinen.

SPORT1: Lothar Matthäus war mal Nationaltrainer, Pal Dardai und Bernd Storck auch. Sie haben deutliche Spuren in den Bereichen, Mentalität, Ehrgeiz und Professionalität hinterlassen. Finden Sie das auch?

Kiraly: Sicherlich. Sie haben so viel Erfahrung und haben lange in der Bundesliga gespielt. Lothar war dort kein Trainer, aber er ist Rekordnationalspieler. Sie haben immer gezeigt, dass man mit viel Arbeit Tolles erreichen kann. Für die Entwicklung des ungarischen Fußballs waren diese drei sehr wichtig. Storck hat in den U-Mannschaften bei uns viel bewirkt, aber auch in der A-Nationalmannschaft.

SPORT1: Was ist Marco Rossi für ein Typ? 

Kiraly: Marco Rossi habe ich als Trainer bei Honved Budapest kennen gelernt. Er wurde mit dem Klub Meister. Dann wurde er 2018 Nationaltrainer und ist mit seiner Disziplin und Zielstrebigkeit seinen Weg gegangen. Rossi denkt ganz einfach im Fußball, er macht das Spiel nicht kompliziert. Ich mag ihn sehr als Person und als Trainer. Er kommuniziert immer sehr gut mit den Spielern und hat es geschafft, dass das Klima in der Nationalmannschaft top ist. Rossi macht kein großes Theater, sondern er macht die einfachen Dinge, die die Spieler verstehen und gut umsetzen können. Das ist der Schlüssel des Erfolgs.

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