Benedikt Höwedes schämte sich. Dem Kapitän von Schalke 04 war es peinlich. Ein bisschen zumindest, wie er einräumte.
Der Weckruf des Kapitäns
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Dieser Schuss in der 47. Minute, nichts wirklich Halbes, nichts Ganzes. Es war ganz sicher als Flanke gedacht, wurde von Duje Caleta-Car jedoch noch entscheidend abgefälscht und trudelte ins Tor. Ein Glückstreffer, keine Frage, ein Zufallsprodukt. Trotzdem hob er zum Jubeln den Arm.
Doch auch wenn es ein glasklares Eigentor war, wusste er: Es war ein Zufallsprodukt zum richtigen Zeitpunkt, wie gemalt für das Schalker Seelenleben. Es war ein Weckruf, ein Zeichen, ein Ausweg möglicherweise. Genauso wie sein Tor zum 3:0, das zunächst seines war, dann wieder nicht, und schließlich dann wieder doch.
Noch so ein Weckruf. So hätte es Höwedes nach dem 3:1-Sieg gegen Salzburg am zweiten Spieltag der Gruppenphase der Europa League zumindest gerne.
"Es wäre auf jeden Fall schön, wenn das ein Signal gewesen ist. Und wenn es symbolisch für unsere Situation sein kann, nehmen wir das gerne so mit. Wir haben Charakter bewiesen", sagte Höwedes.
Therapeutisches Betätigungsfeld
Denn klar ist: Auch wenn die Europa League nach sechs Punkten aus zwei Spielen ganz offensichtlich eine Art therapeutisches Betätigungsfeld für das psychologisch angeknackste Schalker Selbstvertrauen ist, stehen in der Bundesliga weiterhin fünf Niederlagen aus den ersten fünf Saisonspielen auf dem Papier.
Und klar ist damit auch: Es ist noch längst nicht alles gut auf Schalke. Es ist nach dem ersten sportlichen Befreiungsschlag aber einiges wieder besser, nachdem es in dieser Woche ordentlich gekracht hatte.
Heidels Ansage kam an
Manager Christian Heidel hatte sich seine lethargische Truppe vorgeknöpft. Mit Erfolg. Die Ansage kam offenbar an. Harmlose Salzburger waren der richtige Aufbaugegner zur richtigen Zeit.
Schalke kämpfte sich in die Partie, zeigte endlich mal wieder die Grundtugenden des Spiels und holte sich über den Einsatz von Minute zu Minute mehr Selbstvertrauen und Sicherheit, auch spielerisch. Da lief sicher noch lange nicht alles rund, aber das war an diesem Abend tatsächlich zweitrangig.
"Dass nach solch einer Negativserie noch nicht alles zu einhundert Prozent funktioniert, ist klar. Es war zumindest mal ein Anfang. Es war einfach extrem wichtig", sagte Heidel.
Wie fragil das Ganze ist, zeigte sich nach dem Treffer zum 1:3, als Schalke doch noch einmal bedenklich wackelte. "Das wäre dann ja auch eine Blitzheilung, wenn das innerhalb von 50 Minuten funktioniert", meinte Heidel, dem die Erleichterung anzusehen war.
"Sind uns der Situation bewusst"
Benedikt Höwedes betonte dann am Ende noch einmal seinen Wunsch. Denn bei aller Liebe zur Europa League - eine sechste Niederlage in der Bundesliga am Sonntag gegen Mönchengladbach (ab 17 Uhr im LIVETICKER und in unserem Sportradio SPORT1.fm) in Folge, und der Baum brennt auf Schalke trotzdem.
"Wenn wir den Schwung jetzt noch mit in das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach nehmen können, würde mich das sehr freuen" sagte der Weltmeister daher.
Er war neben seinen beiden Toren, von denen am Ende nur eines zählte, mit viel Kampfkraft, Einsatzwillen und sogar Offensivdrang vorangegangen, wie sich das für einen Kapitän gehört. Nun ist es an der Mannschaft, sich an diesem Vorbild auch in der Liga zu orientieren.