{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Die Gründe für das Favoritensterben

Deutschland, Spanien, Messis Argentinien, Ronaldos Portugal: Bei der WM 2018 sind schon zahlreiche Großmächte früh gestürzt. Reiner Zufall? Eher nicht.
Thiago, Ronaldo, Müller und Messi (v.l.) mussten ihren Weltmeister-Traum schon begraben
Thiago, Ronaldo, Müller und Messi (v.l.) mussten ihren Weltmeister-Traum schon begraben
© SPORT1-Grafik: Getty Images
mhoffmann
mhoffmann

Im Tor: Manuel Neuer. In der Abwehr: Ramos, Pique, Hummels, Boateng. Im Mittelfeld: Busquets, Iniesta, Özil, Kroos. Im Angriff: Cristiano Ronaldo und Lionel Messi. Auf der Trainerbank: Joachim Löw.

{ "placeholderType": "MREC" }

Könnte man ein All-Star-Team aufstellen all derer, die jetzt schon ausgeschieden sind bei der WM 2018: Man bekäme eine Mannschaft zusammen, die den Titel ganz sicher holen würde.

Wobei: Vielleicht eben auch doch nicht. Genau das ist ja eine Lehre dieses irrwitziges Turniers. Es kann jeden treffen, den Weltmeister Deutschland ebenso wie Vize-Weltmeister Argentinien. Den Europameister aus Portugal genauso wie die Spanier, die langjährigen Dominatoren des Weltfußballs.

Sie alle sind draußen, während Teams wie Russland, Uruguay und Kroatien noch drin sind. Ein Zufall? Oder ein Trend? Gibt es einen übergeordneten Grund für das Favoritensterben?

{ "placeholderType": "MREC" }

Messi quälte sich schon in der Quali

Der erste Teil der Antwort: Es gibt nicht DEN Grund. Jede der besagten Mannschaften hatte unterschiedliche Probleme, die ihr auf die Füße gefallen sind. Und sie kamen auch unterschiedlich überraschend.

Während das deutsche Weltmeister-Team nach makelloser WM-Qualifikation jäh abstürzte, hatten sich die Argentinier schon dort gequält und einen Teil der Probleme offenbart, die in Russland zu ihrem Verhängnis wurden: Qualitätsmängel im Kader, ein Coach, der zu keinem taktischen Konzept fand und schließlich jede Autorität verlor, ein Messi, dem jeder Glaube abhanden gekommen schien.

Das Achtelfinal-Aus gegen Frankreich war schließlich auch kein Favoritensturz mehr, es war der folgerichtige Endpunkt eines seit Jahren dauernden Niedergangs.

--

{ "placeholderType": "MREC" }

Lesen Sie auch:

- Spaniens unwürdiges Ende
- So hat Argentinien seinen Fußball zerstört

--

Sondereffekte bei Spanien und Deutschland

Ganz anders war die Ausgangssituation der Spanier, die mit einer Serie von 20 Spielen ohne Niederlage in den WM-Sommer gegangen waren - ehe die Entlassung von Trainer Julen Lopetegui wegen seines Deals mit Real Madrid die Mannschaft kurz vor dem Turnierstart ins Chaos stürzte.

Einen ähnlichen Sondereffekt gab es in Deutschland, wo die ungelöste Erdogan-Affäre um Mesut Özil und Ilkay Gündogan die Vorbereitung überschattete. Am Ende war das einer von vielen Gründen, warum es Löw diesmal nicht gelang, eine funktionierende Einheit aus seinen Spielern zu formen.

In der Hinsicht lässt sich das Scheitern von Spanien und Deutschland also vergleichen, so wie sich auch das von Portugal und Argentinien vergleichen lässt: beide ausgestattet mit einem Ausnahmekönner, aber nicht mit einem Ausnahme-Kollektiv.

TOPSHOT-FBL-WC-2018-MATCH50-FRA-ARG
FBL-WC-2018-MATCH50-FRA-ARG Nach dem Achtelfinal-Aus Argentiniens bei der WM in Russland wurde Sampaoli entlassen
+35
WM 2018: Pressestimmen zum Aus von Messi und Ronaldo

Gegner nutzen Schwächen gnadenlos

Gibt es aber auch einen Faktor, der alle vier Favoritenstürze verbindet? Indirekt schon: Es ist die überraschende Gnadenlosigkeit, mit der die Konkurrenz die jeweiligen Probleme ausgenutzt hat.

Der eine oder andere wird zwar geahnt haben, dass die deutsche Mannschaft im Lauf des Turniers von ihrer Sinnkrise heimgesucht werden würde. Die wenigsten ahnten aber, dass das schon in der Vorrunde gegen Mexiko und Südkorea passieren würde.

Gegen die vermeintlich kleinen Gegner taten sich auch andere Teams schon in der Gruppenphase mindestens schwer: Portugal ließ Punkte gegen Iran liegen, Spanien gegen Marokko, Argentinien gegen Island. Deutliche Favoritensiege gab es in der Vorrunde eigentlich nur gegen Panama.

Kein Zufall, befand Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann am Montag beim Trainingsauftakt: "Die WM ist geprägt von tief stehenden Teams, die versuchen, viel zu verhindern und wenig zu kreieren."

Außenseiter überraschen mit Taktik-Kniffen

Ob man es schön findet oder nicht: Fast jeder Außenseiter war mindestens in der Lage, die prominenter besetzten Teams mit einer kompakten Verteidigung zu ärgern. Manch einer verblüffte sie aber auch durch unerwartete Kniffe.

Bestes Beispiel: der Auftaktsieg der Mexikaner gegen Deutschland. Trainer Juan Carlos Osorio hatte Löws Matchplan gescoutet und ihn mit einer Umstellung auf Konterfußball aus dem Konzept gebracht.

Auch die Spanier fanden bei ihrem Achtelfinal-Aus keine Antwort auf eine Taktik-Rochade des Gegners. Sie ließen den Ball gegen eine tief stehende 5-4-1-Anordnung der Russen nur immer weiter kreisen, trafen das Tor nicht, verloren das Elfmeterschießen.

Auffällig: Sowohl Deutschland als auch Spanien liefen mit ihrem auf Ballbesitz ausgelegten System ins Leere. Die kleineren Teams scheinen es besser entschlüsselt zu haben als von ihnen erwartet. Oder die Favoriten haben es zu träge, zu ideenlos umgesetzt. So oder so: Das Turnier ist in der Breite auf einem Niveau, das den Spitzenteams auf Dauer keine Schwächen verzeiht.

Uruguay und Co. wirken hungriger

Belohnt werden stattdessen Teams, bei denen sich ein klarer Plan mit einem funktionierendem Kollektiv und einer spürbaren Erfolgsgier verbindet: Portugal-Bezwinger Uruguay ist ein gutes Beispiel, ebenso Belgien und Kroatien, die anderen Top-Teams der Vorrunde.

Apropos Belgien: Beinahe hätte es auch den ewigen Geheimfavoriten erwischt, doch nach einem 0:2 gegen Japan gelang es Eden Hazard und Co. gerade noch so, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Das Thema Erfolgsgier ist vielleicht sogar der alles entscheidende Punkt: Seit Sonntag sind bei der WM alle Teams ausgeschieden, die in den vergangenen 14 Jahren eine Welt- oder Europameisterschaft gewonnen haben.

Deutschland, Portugal, Spanien, die gar nicht erst qualifizierten Italiener - waren sie vielleicht einfach zu satt?

Wahrscheinlich ist dieser Vorwurf zu pauschal, um fair zu sein. Man kann bei diesem WM-Verlauf aber definitiv zum Schluss kommen: Es war für die noch übrig gebliebenen Teams von Vorteil, ein bisschen hungriger zu sein.