Tiger Woods hat schon unzählige Schlachten geschlagen, er hat während der so ruhmreichen Karriere 79 Turniersiege gefeiert und das Golfspiel auch irgendwie neu erfunden.
Krise bis die Haare ausfallen
© Getty Images
Als bei der 144. British Open allerdings die nächste herbe Enttäuschung feststand, wirkte selbst der US-Superstar vollkommen ratlos. "Ich habe gedacht, dass ich gut genug spielen könnte, um das Turnier zu gewinnen. Ich weiß wirklich nicht, woran es lag", sagte Woods nach seinem unerwarteten Halbzeit-Aus.
Ausgerechnet im schottischen St. Andrews, der Wiege des Golfsports, wo er noch vor Turnierbeginn auf seine sportliche Wiedergeburt gehofft hatte, ereilte den 39 Jahre alten Kalifornier ein neuer Tiefpunkt: Erstmals in seiner Laufbahn war Woods zum zweiten Mal bei einem Major-Turnier nacheinander schon nach zwei Runden zum Zuschauen verdammt.
Trügerische Selbsteinschätzung
"Das ist irgendwie lustig, denn eigentlich habe ich die Bälle ganz gut getroffen", sagte Woods, der Mitte Juni auch bei der US Open am Cut gescheitert war, sichtlich irritiert.
Dass der 14-malige Major-Sieger mittlerweile seine Leistung schlichtweg falsch einschätzt und die Konkurrenz zudem zu stark spielt, ist wohl die treffendste Erklärung für seine aktuelle Situation.
Woods jedenfalls befindet sich mehr denn je auf dem absteigenden Ast, und es ist nach dem erneuten Debakel unwahrscheinlicher denn je, dass er noch einmal zurückkommen wird.
Nur sechs Profis schlechter
Denn der legendäre Old Course an der Ostküste Schottlands, wo Woods 2000 und 2005 zwei seiner drei British-Open-Triumphe feiern konnte, ist bestimmt nicht der einfachste, lässt aber durchaus gute Runden zu.
"Er war nicht so schwer zu spielen, und ich habe mir auch einige Chancen erarbeitet", bilanzierte Woods nach seinen Runden: "Aber die Bälle sind einfach nicht gefallen."
Am Ende hatte Woods zwei miserable Runden gezeigt und nach der 76 zum Auftakt noch eine 75 am Samstag auf die Scorekarte gekritzelt. Nur sieben Teilnehmer waren noch schlechter, darunter ein Amateur.
Nicht mehr unter den Top 250
Damit wird Woods, der sich bereits im vergangenen Februar bei den Phoenix Open nicht für die beiden Schlussrunden qualifizieren konnte, wird zu Beginn der kommenden Woche auch nicht mehr unter den besten 250 Golfern der Welt gelistet sein.
Wie akut die sportliche Krise des einstigen Branchenführers ist, zeigt auch die Tatsache, dass Woods bei insgesamt 69 Major-Teilnahmen als Profi nur sechsmal den Cut verpasste.
Drei vorzeitige Turnierabschiede in einer Saison hatte er vor Jahresbeginn sogar überhaupt noch nicht erlebt - und es sind noch einige Wettbewerbe in den kommenden Wochen zu spielen.
"Weniger Haare, besseres Spiel"
Ende Juli schon in Gainesville/Virginia will Woods nach einer kurzen Pause wieder antreten und dabei genau das tun, was er am besten kann oder zumindest konnte: "Hoffentlich werde ich das Turnier gewinnen."
Mit erstaunlichem Optimismus entwickelte Woods auch schon seine Zukunftsvision für die nächste British Open in St. Andrews. "2020 oder 2021 wird das sein", sagte er, "dann habe ich weniger Haare, aber hoffentlich auch ein besseres Spiel."