Als wäre die Welt nicht schon rosarot genug, hatte Ljubomir Vranjes noch eine gute Nachricht für den neuen Pokalsieger parat: Er macht weiter als Trainer der SG Flensburg-Handewitt.
"Hätten wir noch einmal verloren, hätte ich aufgehört", sagte der kleine Schwede, der von der IHF jüngst zum weltbesten Trainer gekürt worden war, nach dem wahnwitzigen Finalsieg über den SC Magdeburg inklusive Verlängerung und Siebenmeterwerfen.
Das war natürlich nicht ernst gemeint. Es zeigt aber, welche Bedeutung dieses Endspiel für die Flensburger hatte, nachdem sie vier Pokalfinals in Folge verloren hatten.
Noch im vergangenen Jahr hatte Vranjes tieftraurig an gleicher Stelle gestanden und den Füchsen Berlin gratuliert. Dieses Mal waren sie dran, das ließen sie den Gegner von der ersten Minute an spüren.
Und auch wenn die Magdeburger einen bedingungslosen Kampf lieferten und zweimal schon wie der Sieger aussahen, die SG schlug immer wieder zurück in diesem Finale aus dem Bilderbuch.
Wanne wieder der Held
Nachwuchskraft Hampus Wanne, der hinter Routinier Anders Eggert auf Linksaußen sonst eher die zweite Geige spielt, entschied am Ende das Drama im Siebenmeterwerfen - wie er es schon 2014 beim sensationellen Gewinn der Champions League im Halbfinale gegen den FC Barcelona getan hatte.
Wie ein 21-Jähriger derart cool sein kann, ist fast nicht zu erklären. Der Schwede selbst ging es recht analytisch an: "Green ist ein guter Torwart, wahrscheinlich hat er gesehen, dass ich in Köln einen Heber gemacht habe. Und er ist ja nicht dumm. Aber ich bin auch nicht dumm. Also habe ich diesmal schnell geworfen."
Vranjes erklärte grinsend im Gespräch mit SPORT1: „Hampus ist mein Glücksbringer“. Natürlich habe auch er an das Finalturnier in Köln gedacht, als er Wanne abermals für den fünften, entscheidenden Siebenmeter nominierte.
Taktik drei Wochen lang ausgeklügelt
Überhaupt hatte Vranjes recht viel nachgedacht vor dem REWE Final Four, dass sie dieses Jahr unbedingt gewinnen wollten, ja mussten, um nicht völlig traumatisiert abzureisen.
Seine Pläne trugen Früchte. Mit einer äußerst offensiven Deckungsvariante, die er vorher nur einmal in der Liga gegen Kiel gespielt hatte, zog sein Team zunächst im Halbfinale den Rhein-Neckar Löwen und dann den Magdeburgern den Zahn.
Gegen den THW war das aus der Not geboren, "im Bus zur Halle" habe er sich das damals ausgedacht, erzählte Vranjes.
Diesmal waren die Vorzeichen günstiger. Drei Wochen lang scheuchte der gewiefte Taktiker seine Spieler durch die Halle, eine klaren Plan vor Augen, und trainierte "schnelle Beine und Eins-gegen-Eins-Situationen".
Bemerkenswerte Transferoffensive
Nun ist die SG für wenige Wochen Champions-League-Sieger und Pokalsieger, und wenn möglich, will man bald auch wieder in der Meisterschaft ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Dafür hat Vranjes ebenfalls einen Plan, die Flensburger Transfers im Sommer sind bemerkenswert.
Spieler wie Lars Kaufmann ("Man soll ja gehen, wenn es am schönsten ist") verlassen den Verein, dafür haben Vranjes und Geschäftsführer Dierk Schmäschke mit Rasmus Lauge (Kiel), Petar Djordjic und Henrik Toft Hansen (beide Hamburg) einige Hochkaräter an die Förde gelotst.
"In der Breite habe noch nie so eine Mannschaft gehabt wie nächste Saison", sagte Vranjes: "Ob das reicht, werden wir sehen. Aber wir versuchen anzugreifen, wir wollen Finals erreichen und um die Meisterschaft mitspielen."
Die Konkurrenz inklusive Serienmeister THW Kiel und den Rhein-Neckar Löwen sollte sich jedenfalls warm anziehen. Die Spannung in der DKB HBL dürfte weiter zunehmen.
Ausschweifende Party
Bis zum Sommer werden sich die Flensburger auch wieder von den ausschweifenden Feierlichkeiten erholt haben.
Von Hamburg aus ging es am Sonntag direkt in die heimische Flens-Arena, wo Spieler, Trainer und Betreuer mit den Anhängern eine wilde Partynacht starteten.
Die Chancen, dass bald weitere folgen, stehen nicht schlecht.