Hinter TUSEM versteckt sich kein schwerreicher Sponsor, der sein Produkt in der Handball-Bundesliga vermarkten will. Vielmehr ist der Turn- und Sportverein Essen-Margarethenhöhe ein Traditionsverein, der sich mühsam zurück in die HBL gekämpft hat.
Das Märchen eines Traditionsklubs
Allerdings war der dreimalige Deutsche Meister und dreimalige Pokalsieger in der 2. Bundesliga verschwunden. Nach sieben Saisons Abstinenz sind die Essener ins Oberhaus zurückgekehrt, nachdem sie in diesem Jahrtausend zwei Insolvenzen erlittet haben.
HBL-Abbruch: Neue Saison mit 20 Teams
Der Aufstieg steht seit 21. April fest, nachdem die HBL-Saison offiziell abgebrochen worden ist. Wie vermutet gibt es dieses Jahr wegen der Coronakrise keinen Absteiger. Zweitliga-Meister Coburg sowie der TUSEM stocken die HBL auf 20 Teams auf.
"Es ist vermutlich die fairste einer zwangsweise auch ein Stück weit unfairen Entscheidung", bilanziert TUSEM-Geschäftsführer Niels Ellwanger in einem offenen Brief zur Entscheidung. Obwohl seine Mannschaft seit dem 2. Spieltag unter den ersten Vier lag und am Ende als Zweiter verdient aufsteigt, war es denkbar knapp.
Die Verfolger aus Bietigheim und Gummersbach, das vergangenes Jahr aus der Eliteklasse abgestiegen war, rechneten sich mit zwei bzw. drei Zähler Rückstand in den verbleibenden zehn Partien noch Chancen aus. Der Corona-Abbruch beschert den beiden Leid, den Essenern Freude.
Löwen-Coach Schwalb begrüßt TUSEM Essen in der HBL
Allerdings in abgeschwächter Form, wie Ellwanger ein wenig beklagt: "Gerne hätten wir bei einem Heimspiel, in einer ausverkauften Halle und unter großen Emotionen sportlich den Aufstieg geschafft, mit unseren zahlreichen Fans eine Aufstiegsfeier gefeiert und wären von einer Euphoriewelle getragen in die 1. Liga zurückgekehrt."
Dort wird der Meister von 1986, 1987 und 1989 sofort von Martin Schwalb, dem Trainer der Rhein-Neckar Löwen, begrüßt. "Das ist ein großer Name, der sehr herzlich in der HBL willkommen ist", sagte der 56-Jährige, der von 1988 bis 1990 beim TUSEM spielte, im SPORT1-Interview.
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Auch der heutige DHB-Bundestrainer Alfred Gislasson sowie Michael Roth (interimsweise Füchse Berlin) sind von der Essener Platte an die Seitenlinie gewechselt. Es ist der insgesamt fünfte Aufstieg für den Traditionsklub. Die beiden letzten Male war die Euphorie schnell vorbei.
Auf- und Abstiege und zwei Insolvenzen
2012/13 stieg der TUSEM nach einer Saison ab, wo er bis heute in der Versenkung blieb. Vier Jahre zuvor stand er frühzeitig als Absteiger fest – wegen der zweiten Insolvenz binnen drei Jahren.
Bereits 2005 sorgten finanzielle Probleme für das Aus in der HBL, nachdem das Team um Oliver Roggisch, dem heutigen DHB- und Löwen-Manager, den EHF-Pokal gewonnen hatte. Ein dubioser griechischer Sponsor hatte die Zahlungen verweigert.
Dass der Sponsor später wegen Betruges verurteilt wurde, half bloß bedingt. Aufgrund der fehlenden drei Millionen Euro wanderte Essen gar in die drittklassige Regionalliga Süd.
Wegen der jüngeren Vereinsgeschichte backen sie in Essen inzwischen kleinere Brötchen. Essen wolle "das Beste daraus machen", verriet Geschäftsführer Ellwanger dem WDR. Der Verein wolle nach Möglichkeit die Klasse halten, auch wenn das bei einer durch die Aufstockung der Liga höheren Zahl von Absteigern "sehr schwer" sein werde.
TUSEM-Trainer Siewert geht zu den Füchsen Berlin
Zudem deutet sich ein Umbruch an. Der erst 26 Jahre alte Erfolgstrainer Jaron Siewert heuert in Berlin an, wohin Rolando Urios und Torwart Fredrik Genz ebenso zurückkehren. Insgesamt verlassen sechs Spieler Essen, während fünf Neue kommen.
Immerhin bringt das frühe Saisonende ein wenig Planungssicherheit. Das könnte entscheidend werden, wenn der TUSEM wieder ein etabliertes Mitglied der HBL werden will.