Die Nacht war kurz und gruselig.
Deutschland rückt Olympia in den Fokus
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Mit tiefen Augenrändern schlurften die deutschen Handballer um Kapitän Uwe Gensheimer durch die Lobby des vornehmen Team-Hotels in Doha. Das schmerzhafte Viertelfinal-Aus gegen WM-Gastgeber Katar hatte seine Spuren hinterlassen, die Euphorie war in Ernüchterung umgeschlagen.
Als es drauf ankam, zahlte das neu formierte Team bei der unnötigen 24:26-Pleite gegen Katar Lehrgeld - und beraubte sich mit seiner schlechtesten Turnierleistung jeglicher Medaillenträume.
"Das ist doch normal nach solch einem Spiel, dass sich jeder versteckt und eingräbt und sich Gedanken macht", sagte Oliver Roggisch. Der Teammanager wollte sich am Donnerstag aber nicht mehr lang mit dem Ausscheiden beschäftigen und lenkte den Fokus auf die Platzierungsspiele um die Ränge fünf bis acht.
"Wir spielen nicht um irgendeinen Blumentopf. Wir haben jetzt noch zwei Endspiele um die Olympia-Quali. Das ist ein Riesenziel", sagte Roggisch.
Um im Frühjahr 2016 an einem der drei Qualifikationsturniere für Rio teilzunehmen, muss das DHB-Team mindestens den siebten Platz belegen.
Erster Gegner am Freitag (ab 13.45 Uhr im LIVE TICKER) ist der zweimalige Olympiasieger Kroatien. "Ganz wichtig ist, dass die Olympia-Quali noch möglich ist. Es ist für den DOSB ein Primärziel, dass wir das deutsche Handball-Team in Rio dabei haben", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann.
Weinholds Einsatz ist fraglich
Bundestrainer Sigurdsson ging am Donnerstagmorgen eine Runde laufen.
Beim Joggen an Dohas Strandpromenade Corniche lud der Isländer seine Akkus auf. Aufkommende Diskussionen um einige fragwürdige Pfiffe der Schiedsrichter erstickte Sigurdsson anschließend im Keim und konzentrierte sich auf das Wesentliche.
"Wir sollten jetzt nicht allzu viel diskutieren", sagte der 41-Jährige: "Wir müssen gegen Kroatien gut spielen, um eine Chance zu haben, und sehr, sehr gut spielen, um zu gewinnen. Das ist unsere Aufgabe jetzt."
Ob Linkshänder Steffen Weinhold gegen das kroatische Star-Ensemble am Freitag auflaufen kann, steht indes noch nicht fest.
Der Rückraumspieler des THW Kiel plagt sich mit einer Adduktorenzerrung im rechten Oberschenkel aus dem Katar-Spiel. Die Ärzte und Physios geben aber "volle Pulle" für seine Genesung, sagte Sigurdsson: "Es sieht gut aus."
Final-Four-Turnier um Olympia
In der Verbandsspitze deklarierte man die beiden ausstehenden WM-Partien zum "Final-Four-Turnier" um die Olympischen Spiele.
"Das ist jetzt Aufgabe und Zielsetzung genug, um das Turnier positiv abzuschließen", sagte DHB-Vize Bob Hanning. Die WM sei aber schon jetzt für die Entwicklung des jungen Teams "unendlich wertvoll". Viele Dinge "laufen viel besser als gedacht".
Die Mannschaft habe es geschafft, "Deutschland für den Handball zu begeistern. Wir sind auf einem tollen Weg - das dürfen wir mit vollem Stolz alle hier behaupten."
Brand und Stephan sind optimistisch
Auch der frühere Bundestrainer Heiner Brand und der ehemalige Welthandballer Daniel Stephan zogen ein positives Turnier-Fazit. "Das gibt uns sehr, sehr viel Mut für die Zukunft", sagte Brand. Man solle das Ausscheiden "nicht dramatisieren, sondern das Positive mitnehmen. Es gibt keinen Grund des Tadels".
Stephan sieht die Auftritte von Katar ausdrücklich als Schritt nach vorne.
"Wir haben uns Respekt wiedergeholt. Die Handballwelt guckt wieder auf Deutschland. Das Turnier war ein Fingerzeig, dass mit Deutschland wieder zu rechnen ist", sagte der Europameister von 2004.
Er glaube nicht, "dass es jetzt einen Knacks gibt, sondern eher, dass uns das beflügelt, um beim nächsten Großereignis noch erfolgreicher zu sein." Bei der EM 2016 in Polen "müssen wir angreifen", sagte Stephan.
Angreifen muss das deutsche Team aber zunächst gegen Kroatien. Denn sollte die DHB-Auswahl beide noch ausstehenden Spiele verlieren, wäre der nächste schwere Kater programmiert.