Trotz zwei Siegen zum Auftakt der EM-Quali sind die deutschen Handballer von Glückseligkeit weit entfernt.
Das Problem des Sigurdsson-Erbes
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Das Bangen um den Verbleib von Bundestrainer Dagur Sigurdsson überschattete auch den mühsamen 23:22-Erfolg in Zürich gegen die Schweiz. Womöglich war es auch ein Grund für die mäßige Leistung der Bad Boys.
Die Zeichen stehen auf Abschied. "Für mich läuft alles darauf hinaus, dass Dagur im kommenden Jahr seine Tätigkeit beenden wird", glaubt auch SPORT1-Experte Stefan Kretzschmar: "Ob das im Sommer sein wird oder nach der WM ist reine Spekulation."
Der Isländer besitzt in seinem Vertrag eine Ausstiegsklausel, durch die er seinen eigentlich bis 2020 gültigen Kontrakt schon zum 30. Juni 2017 auflösen könnte. Aber auch ein Abschied direkt nach der WM in Frankreich (11. bis 29. Januar) ist durchaus denkbar.
Nach Informationen der Bild-Zeitung hat Sigurdsson bereits eine Entscheidung gefällt und übernimmt im kommenden Jahr die japanische Auswahl.
Kretzschmar warnt vor Schnellschuss
Selbst DHB-Vizepräsident Bob Hanning ist skeptisch: "Wenn man ihn beobachtet, spürt man bei Dagur den Hang zur Veränderung", sagte Hanning der Süddeutschen Zeitung.
Der DHB hat parallel zur WM-Vorbereitung schon die Suche nach einem potenziellen Nachfolger angestoßen. "Man sollte dabei nichts übers Knie brechen", rät Kretzschmar.
Sigurdssons Zusage, die Mannschaft in jedem Fall durch die Weltmeisterschaft zu bringen, verschaffe dem Verband die nötige Bedenkzeit.
Wer tritt in Sigurdssons Fußstapfen?
Doch wer könnte in die großen Fußstapfen des Erfolgstrainers treten? Kretzschmars Einschätzung: "Der Kandidatenkreis ist groß: Alfred Gislason, Ljubomir Vranjes, Kai Wandschneider, Michael Biegler, Velimir Petkovic. Alle Trainer, die auch bei Sigurdssons Verpflichtung schon zur Debatte standen. Die alten Bekannten also."
Einziges Problem: Bis auf den 60-jährigen Petkovic, im März vom späteren Bundesliga-Absteiger ThSV Eisenach entlassen, stehen all diese möglichen Nachfolger aktuell unter Vertrag.
Will der DHB einen der schillernderen Namen loseisen, steht er vor langen und intensiven Verhandlungen - und das mitten in der heißen Phase der WM-Vorbereitung.
Oder doch ein ganz anderer?
Vranjes - von vielen als Topkandidat gehandelt - ist bei HBL-Spitzenreiter Flensburg eigentlich noch bis 2020 gebunden, Sigurdssons Landsmann Gislason in Kiel bis 2019.
Wandschneider hat erst vor wenigen Tagen bei der HSG Wetzlar seinen im Sommer auslaufenden Kontrakt um zwei Jahre verlängert. Bei Biegler wiederum wäre es für den DHB nur schwer zu vermitteln, dass er den im April dieses Jahres für Deutschlands kriselnde Handball-Frauen verpflichteten Biegler lieber doch für die Männer hätte.
Vielleicht, sinniert daher auch Kretzschmar, werde es doch ein Mister X. Bob Hannings Liste umfasste ursprünglich 15 Kandidaten, auch Kretzschmar glaubt an einen großen Pool an potenziellen Bundestrainern.