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Handball-Deutschland, lass die Kirche im Dorf: Dieses Team ist nicht Weltspitze

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Handball-Deutschland, lass die Kirche im Dorf: Dieses Team ist nicht Weltspitze

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Deutschland ist nicht Weltspitze

Die neue Euphorie um die Nationalmannschaft tut dem deutschen Handball vor der Heim-EM 2024 gut. Das Viertelfinal-Aus zeigt aber klar auf, wo für das DHB-Team auch da wohl die Grenzen liegen werden.
Nach dem Ausscheiden gegen Frankreich ist der Frust im DHB-Team groß. Dementsprechend äußern sich die Handballstars Johannes Golla, Kai Häfner, Patrick Groetzki, Lukas Mertens und Julian Köster
Peter Kohl
Peter Kohl

Handball-Deutschland, lass die Kirche im Dorf!

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Man muss diese Mahnung nach dem deutschen Viertelfinal-Aus gegen Frankreich aussprechen - auch wenn es natürlich gut ist, dass während der WM in Polen und Schweden neue Euphorie um die Nationalmannschaft aufgeflammt ist.

Eine Sportart, die im Pay-TV-Bereich während der Liga-Saison seit Jahren eher Randwahrnehmung erfährt, kann jede Art von Scheinwerferlicht gebrauchen. Und die hohen Millionen-Einschalt-Quoten zeigen, dass nach wie vor durchaus eine Verwurzelung mit einer urtypisch-deutschen Sportart vorhanden ist. Die Vorverkaufszahlen für das Eröffnungsspiel der kommenden Heim-EM 2024 zeigen das ebenso.

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Die Erwartungshaltung für dieses Turnier ist nun hoch, zuhause soll Deutschland wieder Titelanwärter sein. Viele wollen bei der gerade laufenden WM dafür gute Anzeichen gesehen haben. (Noch zwei deutsche Spiele bei der WM: So sehen Sie sie im TV)

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Ich bin da aber skeptisch.

Leistungen sind zu schwankend

Ja, mit Juri Knorr hat Deutschland nach vielen Jahren endlich mal wieder einen Spielmacher, der ein richtig Großer werden kann. Johannes Golla ist bereits Weltklasse. Andreas Wolff zeigt zum ersten Mal nach dem Europameistertitel 2016 wieder über ein gesamtes Turnier überragende Leistungen.

Aber machen wir uns mal ein Stück weit ehrlich, wie die guten Ergebnisse dieser WM zustande kamen.

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Deutschland hat bei der Handball-WM die Grenzen aufgezeigt bekommen
Deutschland hat bei der Handball-WM die Grenzen aufgezeigt bekommen

In den ersten beiden Vorrundenspielen gegen Katar und vor allem gegen Serbien gewinnt die Auswahl von Alfred Gislason dank überragender Torhüterleistungen von Wolff und Birlehm. Algerien und Argentinien werden klar geschlagen, sind beide aber kein Maßstab für gehobene Ansprüche. Richtig stark war der Auftritt gegen die Niederlande. Ein Team, das gerade anfängt, in der erweiterten Weltspitze anzuklopfen. Da hat die DHB-Auswahl gespielt wie aus einem Guss.

Die Spiele gegen Norwegen und vor allem gegen Frankreich haben aber deutlich gezeigt, woran es fehlt.

Individuelle Klasse noch nicht ausreichend

Der Rückraum ist generell zu schwach mit zu wenig Durchschlagskraft. Julian Köster auf Halblinks ist ohne Frage ein großes Talent. Aber für Gegner der Kategorie Frankreich fehlt ihm noch einiges. Gestern blieb er ohne Torerfolg. In der Defensive im Innenblock ist er noch Welten von einem Pekeler oder Wiencek entfernt.

Er wird sich weiterentwickeln, hat sicher auch bei dieser WM einiges gelernt. Bis 2024 reicht die Zeit aber nicht, um aus ihm einen Weltklassespieler zu machen.

Sebastian Heymann hat Potenzial, eine schwere Knieverletzung hat ihn aber erstmal weit zurückgeworfen. Dass er bei einem großen Turnier Bäume ausreißen kann, dafür fehlt bislang der Beweis.

Mit Heymann und dem ebenfalls zuletzt schwer verletzten Julius Kühn hätte der Rückraum aber durchaus mehr Gefahr bringendes Potenzial, was bei dieser WM definitiv gefehlt hat. Was Deutschland ebenfalls gut getan hätte: ein leistungsstarker Fabian Wiede, genauso wie auf Rechtsaußen ein fitter Timo Kastening.

Tiefe im Kader fehlt

Die Hoffnung, dass beim nächsten Mal alle fehlenden Puzzleteile zusammenpassen, ist vage: Verletzte wird es immer geben. Auch 2024 wird Alfred Gislason den einen oder anderen Spieler nicht nominieren können. Der Terminwahnsinn in Liga und internationalen Wettbewerben ist Verschleiß intensiv. Gerade deshalb darf nicht übersehen werden, dass dem deutschen Team die Tiefe im Kader fehlt.

Alfred Gislason ist seit März 2020 deutscher Nationaltrainer
Alfred Gislason ist seit März 2020 deutscher Nationaltrainer

Die erste Sieben war auch bei diesem Turnier gut. Die Leistungsträger lassen aber durch Dauereinsätze im Verlauf eines Turniers zu viele Körner liegen.

Während Frankreich gestern den kompletten Kader zum Einsatz brachte, hatten Mbengue, Weber, Dahmke, Ernst, Steinert und Drux wenig bis keine Einsatzzeit. In den letzten 20 Minuten lief der Akku der Spieler auf der Platte zunehmend in den Reservemodus. Eins-zu-Eins-Auswechslungen ohne Qualitätsverlust waren kaum möglich.

DHB gehört weiter nicht zur Weltspitze

Was mit Blick auf 2024 ebenfalls bedenklich stimmt: Eine Europameisterschaft ist intensiver als eine WM, weil jeder Gegner gut ist. Da muss man schon in der Vorrunde überzeugend spielen. Mannschaften eines Kalibers Algerien oder Argentinien gibt es bei einer EM nicht. Ausrutscher sind kaum zu korrigieren. Das haben die vergangenen Turniere immer wieder gezeigt.

Im Halbfinale bei der laufenden WM gibt es mit Frankreich, Dänemark, Schweden und Spanien keine Überraschung. Das sind die großen Vier. Und das werden sie auch 2024 bleiben, befürchte ich.

Deutschland wird nicht innerhalb von 12 Monaten einen so gewaltigen Entwicklungsschritt machen, um dieses Handball-Imperium zu stürzen. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Träumen darf man, aber die aktuelle Realität ist, Deutschland bewegt sich im Bereich von Platz 5 bis 8 in der Welt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und von diesen ersten Acht ist nur Ägypten nicht aus Europa.