Home>Internationaler Fußball>

Neue Wendung in der DFB-Affäre um die WM 2006 - Fragen und Antworten

Internationaler Fußball>

Neue Wendung in der DFB-Affäre um die WM 2006 - Fragen und Antworten

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Die nächste Wendung in der WM-Affäre

In der Affäre um die Vergabe der WM 2006 kommen tagtäglich neue Details ans Licht. Im Fokus stehen dabei vor allem Ex-DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Franz Beckenbauer. SPORT1 beantwortet die wichtigsten Fragen.
Niersbach_Beckenbauer_Schmidt.jpg
© Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach und Fedor Radmann stehen unter Druck
von Robin Schmidt, Martin Volkmar

Was sind die neuesten Enthüllungen?

Die Süddeutsche Zeitung hat in ihrer Freitagsausgabe berichtet, dass der damalige DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt und "mindestens ein weiterer, prominenter Spitzenfunktionär" von dem Vertragsentwurf zwischen Franz Beckenbauer und dem früheren FIFA-Vizepräsidenten Jack Warner gewusst haben sollen.

{ "placeholderType": "MREC" }

Wie das Blatt in seiner Samstagsausgabe schreibt, handelt es sich beim zweiten Spitzenfunktionär um den früheren DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder 

Demnach soll der am 2. Juli 2000 aufgesetzte Vertrag, der Zusagen von Beckenbauer an Warner und dessen Verband (Concacaf) für die Karibik, Nord- und Mittelamerika enthielt, Mayer-Vorfelder einen Monat später mit einer begleitenden Aktennotiz präsentiert worden sein, da das Präsidium den Vertrag bis zum 31. August 2000 bewilligen sollte.

Im Endeffekt habe sich das Präsidium aber nicht mit dem Entwurf beschäftigt. Mayer-Vorfelder war am 17. August 2015 verstorben.

{ "placeholderType": "MREC" }
So lief der Tag des Niersbach-Rücktritts
01:03
So lief der Tag des Niersbach-Rücktritts

Der Vertrag soll dem Fußballverband für Mittel- und Nordamerika umfangreiche Leistungen zusichern und legt damit einen Kauf von Warners Stimme bei der Abstimmung zur WM-Vergabe 2006 nahe. Unterschrieben worden ist das Papier laut DFB von Beckenbauer und dem ehemaligen CONCACAF-Präsidenten Warner, der damals stimmberechtigt war. 

Lesen Sie auch

Schmidt hat inzwischen zugegeben, das "Beckenbauer-Dokument" bereits seit 15 Jahren zu kennen. "Ich kann bestätigen, das Papier im Jahr 2000 gesehen zu haben", sagte Schmidt der Bild-Zeitung: "Und ich glaube auch, dass ich nicht der einzige war, der es gesehen hat. Allerdings ist der ganze Vorgang 15 Jahre her, da kann ich nicht mehr exakt sagen, wie das Schreiben formuliert war.

Die SZ vermeldete, dass sowohl der als DFB-Präsident zurückgetretene Wolfgang Niersbach als auch Generalsekretär Helmut Sandrock bereits seit Wochen von dem Dokument gewusst haben sollen. Der stellvertretende DFB-Generalsekretär Stefan Hans soll den brisanten Vertragsentwurf in den Archiven gefunden und beide informiert haben. Niersbach hatte öffentlich mehrfach anderes behauptet.

Drohen Niersbach weitere Konsequenzen?

Ja. Niersbach sitzt noch in den Exekutivkomitees der FIFA und der UEFA. Falls er Erkenntnisse bewusst vorenthalten haben sollte, droht ihm ähnlich wie FIFA-Boss Sepp Blatter oder UEFA-Chef Michel Platini zumindest eine Suspendierung auf Zeit bei den beiden Gremien. Der DFB würde dadurch auch international weiter blamiert.

{ "placeholderType": "MREC" }

Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Steuerhinterziehung. 

Wie reagiert Beckenbauer?

Beckenbauer gilt in der WM-Affäre als die Schlüsselfigur, in der Öffentlichkeit hüllt er sich bislang in Schweigen.

Rummenigge steht zu Beckenbauer
01:33
Rummenigge steht zu Beckenbauer

"Franz Beckenbauer steht den zuständigen Gremien weiterhin zur Verfügung und wird sich daher öffentlich nicht äußern", teilte sein Management am Mittwoch schriftlich mit.

Beckenbauer hat bisher nur vor den vom DFB beauftragten Ermittlern der Wirtschaftskanzlei Freshfields ausgesagt - allerdings wendet er dabei die "Salami-Taktik" an und gibt nur peu à peu Auskunft.

Nach Informationen der SZ hat Beckenbauer den DFB darüber informiert, dass er vor einer zweiten Aussage im Rahmen der internen Ermittlungen des Verbands mit den kommissarischen DFB-Präsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch reden will.

Rauball bestätigte bei der ARD, dass "Franz Beckenbauer über sein Büro Kontakt mit uns aufgenommen und erklärt hat, er sei bereit, den Verantwortlichen Rede und Antwort zu stehen".

Man sei aber der Meinung, dass "es zunächst einen zweiten Termin bei Freshfields (dem unabhängigen Aufklärer, d. Red.) geben muss." Heißt: Beckenbauers Ansinnen, zunächst dem DFB sein Wissen darzulegen, stößt nicht auf Gegenliebe.

Muss Beckenbauer eine Haftstrafe fürchten?

Nein, muss er nicht. Sollte das unterschriebene Dokument zwischen Beckenbauer und Warner tatsächlich existieren, würde es sich hierbei um Untreue und Bestechung handeln. Beide Delikte wären längst verjährt.

Ärger droht ihm allerdings durch das FIFA-Exekutivkomitee. Momentan wird gegen Beckenbauer im Zuge der Nicht-Kooperation mit der Ethik-Kommission ermittelt.

"Dabei geht es um die Untersuchungen von Herrn Garcia wegen der WM-Vergaben von 2018 und 2022 und die Art und Weise, wie mit Herrn Garcia da umgegangen wurde", sagte Marc Tenbücken, Sprecher der  FIFA-Ethikkommission gegenüber SPORT1.

Bis zu einem Urteil kann es noch dauern, da Hans-Joachim Eckert, der Vorsitzende der rechtsprechenden Kammer, sich aufgrund seiner Staatsangehörigkeit als befangen erklärt hat. Wegen der Vorgänge rund um die WM 2006 sind bislang noch keine Ermittlungen aufgenommen worden.

Nach Informationen der Zeitung interessiert sich nun aber die Schweizer Bundesanwaltschaft für die Vorgänge rund um die Vergabe der WM 2006. Ein Sprecher der Berner Behörde kommentierte das auf SZ-Anfrage aber nicht.

Wer führt den DFB in die Zukunft?

Nach dem Rücktritt von Niersbach führt momentan interimistisch eine Doppelspitze bestehend aus Liga-Boss Reinhard Rauball und Dr. Rainer Koch den DFB an. Allerdings ist das keine Dauerlösung.

Rauball hat eine Kandidatur bereits ausgeschlossen, damit kristallisieren sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwei Kandidaten heraus: Koch und Reinhard Grindel, der der stellvertretende Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestags und zugleich seit 2013 DFB-Schatzmeister ist.

Wolfgang Niersbach trat als Präsdent des DFB zurück
Reinhard Rauball (DFB-Vizepräsident):
Rainer Koch (DFB-Vizepräsident)
Reinhard Grindel (Schatzmeister DFB)
+4
Kandidaten für die Niersbach-Nachfolge

Ob Koch zur Verfügung steht, ist aber noch nicht sicher. Zunächst hatte Karl Rothmund, der Präsident des Niedersächsischen Fußball-Verbandes, behauptet, dass Koch nicht kandidiere, sondern Grindel unterstütze. Koch hatte den Wahrheitsgehalt dieser Aussage bei SPORT1 allerdings bestritten.

Gegenüber der SZ sagte Rothmund nun, er habe die Information nicht von Koch, sondern nur "aus Gesprächen" erhalten: "Wenn ich mich da geirrt habe, dann muss ich mich korrigieren."

Wann wird Niersbachs Nachfolge geklärt?

Der DFB wird am kommenden Freitag zu einer Präsidiumssitzung zusammenkommen und sich dabei im Optimalfall auf einen Präsidentschaftskandidaten einigen. "Wir werden dabei die Marschroute festlegen, wie schnell es einen Präsidenten geben wird", sagte Koch der ARD. Der Präsident des Bayerischen (BFV) und Süddeutschen Fußball-Verbandes (BFV), glaubt zudem an ein einstimmiges Votum der Amateure.

Was passiert aktuell in Paris?

Am Rande des Länderspiels zwischen Frankreich und Deutschland kommt es zu einem Krisengipfel der wichtigsten Funktionäre des deutschen Fußballs.

Bei dem Treffen will man sich über den weiteren Ablauf und Umgang in der WM-Affäre verständigen und einen groben Zeitplan für die Nachfolgeregelung von Niersbach festlegen.

Wie sieht der weitere Verlauf aus?

Am Dienstag steht eine außerordentliche Sitzung des DFB-Präsidiums in Hannover auf dem Programm.

Dort will man sich über die weiteren Abläufe verständigen. Auch die Kür eines Präsidentschaftskandidaten ist möglich.