Im Sommer schien es in Barcelona so, als würde das Undenkbare nicht nur denkbar, sondern auch wahrscheinlich werden.
Ist Messi mit dem Herzen woanders?
Da war es für alle, die es mit dem FC Barcelona halten, wohl eine große Erleichterung, dass Lionel Messi nach langem Hin und Her doch in Katalonien blieb - und eben nicht den Verein wechselte.
Doch seitdem sind die Probleme des stolzen Klubs nicht unbedingt kleiner geworden. Den internen Machtkampf hat Messi nach dem Rücktritt von Präsident Josep Maria Bartomeu zwar gewonnen. Doch sportlich läuft es nicht und finanziell stand Barca wohl noch nie so schlecht da wie momentan.
Und dann ist da auch noch Messi, der irgendwie nicht so richtig bei der Sache ist.
Messi und Barca verlieren den Glanz
Seit über 15 Jahren prägt der Argentinier nun die Geschichte des Klubs. Zehn Mal ist Barca seitdem spanischer Meister geworden, viermal gelang der Triumph der Champions League, sechsmal wurde Messi zum Weltfußballer ausgezeichnet, sechsmal gewann er den Ballon d'Or.
Der Superstar entschied unzählige Spiele im Alleingang und erzielte astronomische 640 Pflichtspieltore für die Katalanen - in 741 Pflichtspielen. Messi erarbeitete sich auch den Ruf, Barca im Alleingang zu tragen, wenn die Mannschaft nicht gut spielte. Die Messidependencia - also die Abhängigkeit Barcelonas von Messi - ist seit vielen Jahren ein kontrovers diskutiertes Thema.
Doch in dieser Spielzeit schafft es Messi nicht mehr, ein schwächelndes Barca zu einer Weltklassemannschaft zu machen. In La Liga belegt das Team einen erschreckenden achten Rang. Ende Oktober ging auch der Clásico gegen Real Madrid mit 1:3 verloren - und das gegen ein Team der Königlichen, das Barca vor zwei Jahren noch aus dem Camp Nou geschossen hätte.
Barca strahlt derzeit wenig des Glanzes aus, der in den letzten Jahrzehnten in jeder Ecke Europas aufblitzte. Und das hat viel damit zu tun, dass Messi nicht der ist, der er nahezu über seine komplette Karriere hinweg war: der wohl beste Spieler der Welt.
Figo: "Gibt nichts, was die Meinung ändern kann"
In den ersten neun Ligaspielen hat Messi menschliche Werte aufgelegt. Er erzielte drei Tore (zwei per Elfmeter) und bereitete zwei weitere Treffer vor. In der Champions League war er zwar in drei Partien drei Mal erfolgreich, keines der Tore fiel aber aus dem Spiel heraus.
Zuletzt konnte der 33-Jährige vor allem in Spielen gegen die großen Teams kaum liefern und erzielte auch wenige wichtige Tore. Nur ein Beispiel: In seinen vergangenen 14 Auswärtsspielen hat der Argentinier nur drei Tore erzielt - davon war keines ein sonderlich wichtiges. Seit elf Monaten hat Messi in der Fremde keinen einzigen Siegtreffer mehr erzielt und auch kein Tor, das zu einem Unentschieden führte.
Der frühere Barca-Star Luís Figo ist sich sicher, dass die durchwachsenen Leistungen mit dem Wechsel-Theater im Sommer zu tun haben, das damit begann, dass Messi die Klausel in seinem Vertrag ziehen wollte, die es ihm erlaubt, den Klub ablösefrei zu verlassen.
"Ich habe die Sache mit Messi und seinen Versuch, Barcelona in diesem Sommer zu verlassen, wie alle Fußballfans beobachtet: erwartungsvoll und überrascht", sagte Figo als Gast beim Marca-Sportwochenende: "Er wird seine Motive und Gründe für diese Entscheidung haben. Ich weiß nicht, was vorher passiert ist."
Figo meint, dass Messi nicht mehr mit dem Herzen in Barcelona ist. "Wenn man im Leben nicht irgendwo sein möchte, dann gibt es am Ende nichts, was die Meinung ändern kann", sagte der 48-Jährige, der Barca im Jahr 2005 nach fünf Jahren verließ - um sich ausgerechnet dem Erzrivalen Real Madrid anzuschließen.
Satter Bonus für Messi bei Abgang?
Wird also auch Messi nach dieser Spielzeit den Klub wechseln und gibt für Barca gerade eine triste Abschiedstournee? Gut möglich. Angeblich winkt dem Argentinier so oder so sogar ein satter Loyalitätsbonus.
Wie ESPN berichtet, kassiert Messi im kommenden Sommer 33 Millionen Euro, unabhängig davon, ob er bleibt oder nicht.
Es soll der zweite Teil einer Abmachung über 66 Millionen Euro sein, die er bei seiner Verlängerung im Jahr 2017 im Vertrag verankert habe. Hätte er den Klub bereits in diesem Sommer verlassen, wäre der Bonus hinfällig gewesen.
Die Mittelfeld-Legenden Iniesta und Xavi hatten einst ebenfalls Boni-Zahlungen erhalten, wenn auch nicht in dieser Höhe.
Ein Lichtblick gegen Betis
Die gute Nachricht für die (positiv gestimmten) Fans ist, dass Messi in Barcelona noch nicht ganz fertig ist.
Das zeigte sich am vergangenen Wochenende, als der Kapitän der Katalanen gegen Real Betis zum zweiten Durchgang - beim Stand von 1:1 - eingewechselt wurde und Barca zu einem fulminanten 5:2-Sieg führte. Messi schnürte einen Doppelpack und zeigte das, was man von ihm kennt: Er führte ein schwächelndes Barca zum Erfolg.
Unklar ist nur, wie lange die Barca-Fans derartige Schauspiele noch sehen werden. Das einst Undenkbare könnte im Kopf von Lionel Messi schon mit einem Plan versehen sein.