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Raphael Honigstein zum Derby zwischen Manchester United und City

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Raphael Honigstein zum Derby zwischen Manchester United und City

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Duell um Stolz und Ehre statt Titel

Manchester City und United begegnen sich im Derby auf Augenhöhe. Für SPORT1-Kolumnist Raphael Honigstein zeugt das von Citys Absturz. Die Schuld daran trägt Pellegrini nicht allein.
Manuel Pellegrini ratlos
Manuel Pellegrini ratlos
© Getty Images

In den vergangenen Jahren war vor den innerstädtischen Duellen ganz selbstverständlich vom "wichtigsten Manchester-Derby aller Zeiten" die Rede, doch dieses Mal fällt der Hype doch eine ganze Nummer kleiner aus. Zum ersten Mal seit 2005-06, als Jose Mourinhos Chelsea von der Konkurrenz nahezu unbelästigt zum zweiten Titel marschierte, sind nämlich weder United noch City in ein Titelrennen involviert. 

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Beiden Teams ist ein Platz unter den ersten Vier kaum noch zu nehmen, der einzige echte sportliche Wert schöpft sich aus dem Gerangel um Platz drei, der zur direkten Qualifikation für die Königsklasse berechtigt.

Manchester United hat sein Saisonziel so fast schon erreicht. Und Vincent Kompany, der Kapitän der Himmelblauen, erklärte die Spielzeit für sein Team indirekt sogar schon als vorbei. Es gelte nun, sagte der Belgier nach dem 1:2 gegen Crystal Palace am Ostermontag, mit guten Resultaten Schwung für die nächste Saison aufzubauen. 

Raphael Honigstein
Raphael Honigstein

Als Kampfziel ist das sehr wenig. Wenn man all den folkloristischen Nebenbelangen und die sogenannten "bragging rights"  - das Recht, die Unterlegenen mindestens einen Tag lang zu ärgern - in der Stadt absieht, hat City, der entthronte Meister, am Sonntag im Old Trafford kaum etwas zu gewinnen. Im Falle einer Niederlage allerdings stünde im Etihad wohl eine größere Zäsur ins Haus. 

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Trainer Manuel Pellegrini steht nach nur vier Siegen in vierzehn Partien schon sehr Nahe am Rausschmiss, die katalanischen Vereinsmanager im Hintergrund, Feran Soriano und Txki Begiristain können sich ihrer Zukunft auch nicht sicher sein, wird kolportiert. Die Financial Fairplay Auflagen der UEFA allein können nicht als Entschuldigung für die verfehlte Transferpolitik herhalten.

City hat im Sommer allein für den französischen Innenverteidiger Eliaquim Mangala 54 Millionen Euro locker gemacht. Viel Geld für einen Bankdrücker. In der Mannschaft gibt es kaum Engländer, und noch weniger Spieler mit Entwicklungspotenzial: von den Stammkräften ist keiner jünger als 26. Dieses City ist, wenn man das alles als geplant ansehen will, für den Erfolg im Hier und Jetzt gebaut. Vierte Plätze und das Champions-League-Aus im Achtelfinale fallen nicht unter diese Definition. 

Den großen Umbruch wird es unabhängig vom Resultat am Sonntag geben müssen, doch je nach Spielausgang könnte er mal radikaler oder sanfter ausfallen. Pellegrini, so lässt City inoffiziell durchblicken, muss nicht unbedingt am Saisonende gehen - weil die Alternativen fehlen. Diego Simeones Macheten-Style an der Seitenlinie ist bei den Scheichs aus Abu Dhabi nicht wohl gelitten, Carlo Ancelotti wurde schon einmal ob seiner erstaunlich schlechten Bilanz in den nationalen Ligen - nur drei Meisterschaften in 18 Jahren bei Spitzenvereinen - übergangen, Rafael Benítez fehlt der Glamour-Faktor.

Und Pep Guardiola ist frühestens 2016 zu haben, wenn überhaupt. Ein Trainer, der nur auf der Bank sitzt, weil sich kein besserer findet, gerät allerdings sehr schnell zur lame duck. Wenn die Geldgeber am Golf den Eindruck erlangen, dass die Mannschaft sich in den nächsten Wochen gehen lässt, wird Pellegrini auch ohne geeigneten Nachfolger entlassen. 

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Manuel Pellegrini ist seit 2013 Teammanager bei Manchester City
Manuel Pellegrini ist seit 2013 Teammanager bei Manchester City

Der von Kompany erhoffte Schwung ist jedenfalls ganz auf Manchester Uniteds Seite. Es hat bis ins Frühjahr gedauert, bis van Gaals Fußballvorstellungen und die Fähigkeiten des Kaders miteinander harmonierten, doch momentan läuft es ganz blendend für die Reds. United hat die fünf vergangenen Ligaspiele in Folge gewonnen, und nicht nur das: das Spiel des Branchenkrösus sieht mittlerweile auch wieder ansprechend aus. Selbst Marouane Fellaini funktioniert plötzlich als Rammbock im zentralen Mittelfeld, obwohl man den Belgier nicht unbedingt als typischen van Gaal-Spieler bezeichnen kann. 

Viel hat mit der starken Form von Wayne Rooney (sechs Tore seit Mitte Februar) zu tun, der in seiner angestammten Position  wieder aufblüht und noch dazu im Derby besonders gerne einnetzt. Mit elf Treffern hat kein United-Spieler öfter gegen die Nachbarn getroffen. Robin van Persie hat sich zwar rechtzeitig fit gemeldet, wird aber den Engländer so schnell nicht aus der Startelf verdrängen können. 

"Es geht um Stolz", sagte Rooney vor dem 169. Treffen mit den Lokalrivalen. Soll heißen: es ging schon mal mehr um mehr.  Damit kann nach dem Desaster der Vorsaison jedoch nur United gut leben. Die Begegnung auf tabellarischer Augenhöhe - nur ein Punkt Unterschied - erzählt dieses Jahr vor allem die Geschichte von Citys Abstieg. 

Raphael Honigstein, geboren 1973 in München, zog 1993 nach London. Dort lebt und arbeitet er als Journalist und Autor. Für SPORT1 berichtet er ab sofort in der wöchentlichen Rubrik "London Calling" über alle Themen rund um den englischen Fußball. Honigstein arbeitet unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung", das Fußballmagazin "11 Freunde", die englische Tageszeitung "The Guardian", den Sportsender "ESPN" und ist in England und Deutschland als TV-Experte tätig.