Von "The Special One" zu "The Sacked One". Vom Besonderen zum Entlassenen. Das Image von Jose Mourinho bröckelt gewaltig.
Wie sich Mourinho selbst entzaubert
Nicht erst seit seinem Aus bei Manchester United. Bei seinen letzten beiden Stationen (United, FC Chelsea) wurde der portugiesische Star-Trainer vorzeitig entlassen. Zuvor war auch das Ende bei Real Madrid eine ganze Weile absehbar gewesen.
Mourinho scheint eine Halbwertzeit von zwei, drei Jahren zu haben. Länger nicht.
Was noch schwerer wiegt, ist das spürbare Aufatmen nach seinem Abgang, insbesondere in der Kabine.
Hazard: "Er wird zu einem Freund"
Dabei galt er mal als ein den Spielern freundschaftlich verbundener Trainer. Einer, der nach außen hin polarisiert, auf den sich seine Schützlinge allerdings verlassen können.
"Wenn mich jemand fragen würde, mit welchem Trainer ich gerne noch einmal zusammenarbeiten würde, wäre es Mourinho", verriet erst kürzlich Chelsea-Star Eden Hazard der belgischen Zeitung Het Laatste Nieuws.
"Er wird zu einem Freund", urteilte der belgische Mittelfeldstar - aber nur bei Siegen.
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Auch Andre Schürrle lobte seinen Ex-Coach nach seinem Abschied von der Stamford Bridge 2015. Allerdings nicht ohne Einschränkung: "Natürlich ist es manchmal schwierig, weil er besonders ist."
Mourinho, ein "special one"
Den Stempel des Besonderen drückte Mourinho sich selbst auf. "Please don't call me arrogant, but I'm European champion and I think I'm a special one", sagte er 2004 zu Beginn seiner ersten Amtszeit bei Chelsea.
Während die erste Episode in London aufgrund eines Streits mit Klub-Eigner Roman Abramowitsch zu Ende gegangen war, galt bei seinem zweiten Chelsea-Aus 2015 aber auch das Verhältnis zur Mannschaft als zerrüttet.
"Es war eine Zwietracht zwischen Trainer und Spielern zu spüren und wir haben gespürt, dass es Zeit ist zu handeln", sagte ein Klub-Verantwortlicher.
Nicht das erste Mal und nicht das letzte Mal. Wieso überwirft sich Mourinho wiederholt mit seinen Spielern?
Der Ursprung des Misstrauens liegt in Madrid
Die Spur führt nach Madrid.
In seiner Zeit bei Real hatte Mourinho Probleme mit an die Öffentlichkeit geratenen Interna. Der Coach vermutete einen Maulwurf im Team und ließ laut der Times sogar Hotelzimmer seiner Spieler durchsuchen.
Sein Ärger entlud sich schließlich nach einer Niederlage im Prestige-Duell mit dem FC Barcelona. "Ihr seid Verräter. Ihr habt mir gezeigt, dass ihr nicht auf meiner Seite steht. Ihr seid H...söhne", soll Mourinho in der Kabine gebrüllt haben.
Das Klima war vergiftet.
Krach mit Führungsspielern
Ein vergleichbares Ende nahm nun seine Zeit bei den "Red Devils".
Immer wieder geriet Mourinho mit Führungsspielern und eigentlichen Leistungsträgern aneinander. Vor allem mit Paul Pogba - mit dem er nie warm zu werden schien - pflegte er eine intensive, negative Beziehung.
"Es gibt keinen Platz für Leute, die nicht bereit sind, alles zu geben", kommentierte der Trainer Anfang Dezember die zwischenzeitliche Ausbootung Pogbas.
Statt den Franzosen, den 105-Millionen-Euro-Einkauf und Weltmeister, auf seiner Seite haben zu wollen, verkrachte sich Mourinho mit ihm wie mit Juan Mata oder Anthony Martial.
Lob hatte er meist nur für gegnerische Spieler, wie nach der Niederlage gegen den FC Liverpool: "Sie rennen mit 200 Meilen pro Stunde. Mit und ohne Ball." Doch die Zeit, in der er seine Spieler mit Psycho-Maschen dieser Art dazu brachte, im nächsten Spiel eben noch mehr zu geben, um den Boss zufriedenzustellen, ist vorbei.
Wie kann es für Mourinho weitergehen?
Bei jedem Amtsantritt starteten Mourinho und seine Mannschaften bei Null. Und zu Beginn trug ihn sein Nimbus als "Special One", oft auch noch dann, als bereits erste Risse in der Spieler-Trainer-Beziehung sichtbar wurden.
Doch der Krach kommt - und irgendwann, zuletzt eben in der zweiten oder dritten Saison, ist nichts mehr zu retten.
Mourinho sammelt zu Beginn seiner Amtszeiten nach wie vor durchaus vorzeigbare Erfolge (Europa-League-Sieger 2017, 81 Punkte in der Premier League 2018). Doch der Hype um seine Person ist abgeflaut.
Daher muss die Frage gestattet sein: Wie kann es für Mourinho weitergehen? Höher hinaus kann er ohnehin kaum noch. Und nach Jahren der Eskapaden, des oft unansehnlichen Fußballs und der Spielerschelten dürfte sich das Interesse der Top-Klubs an dem Star-Trainer in Grenzen halten - zumal ein Engagement mit gewaltigen Kosten verbunden wäre.
Andererseits: Er ist "The Special One", ohne Job wird er nicht bleiben. Unmittelbar nach seinem Aus in Manchester berichtete die spanische Zeitung El Pais von Kontakt zu Real Madrid - es wäre womöglich ein Weg zurück zum Ursprung des Niedergangs.
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