Bereits fünf Spieltage vor Saisonende steht der FC Fulham um Andre Schürrle als zweiter Absteiger der Premier League fest.
Fulhams Abstieg: 112 Mio. für Nichts
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Damit geht es für den Klub aus dem Südwesten Londons nach nur einer Spielzeit direkt wieder ins englische Unterhaus - und das, obwohl die "Cottagers" für diese Saison als Aufsteiger sage und schreibe 112 Millionen Euro in neue Spieler investiert hatten.
Mit Liverpool (182 Millionen), Chelsea (210 Millionen) und Leicester City (114 Millionen) gaben nur drei - allerdings etablierte - Teams mehr Geld für Transfers aus.
Wie konnte es trotz der Großinvestition zum Abstieg kommen? SPORT1 begibt sich auf die Suche nach Gründen.
Neuzugänge zünden nicht
Um gut für die neue Saison im englischen Oberhaus gerüstet zu sein und den Klassenerhalt zu sichern, ließ sich Fulham in der Sommer-Transferperiode die Dienste von sieben Spielern einiges kosten.
Besonders viel versprach sich der Klub dabei von 30-Millionen-Mann Jean Michael Seri, der von Nizza auf die Insel wechselte und im zentralen Mittelfeld zum einen als Defensiv-Stabilisator als auch im Spiel nach vorne kreative Impulse setzen sollte. Der 26 Jahre alte Ivorer war in 30 Premier-League-Spielen jedoch lediglich an vier Toren beteiligt.
Der mit rund 25 Millionen Euro nicht sehr viel günstigere Andre Zambo Anguissa, der wie Seri aus Frankreich (Marseille) und ebenfalls ohne Premier-League-Erfahrung zu den Cottagers kam, brachte es bei 17 Einsätzen auf keine einzige Torbeteiligung. Geld schießt oftmals eben doch keine Tore.
Zusammen mit den beiden Frankreich-Importen sollten Innenverteidiger Alfie Mawson und Linksverteidiger Joe Bryan die Defensive verstärken, allerdings ging diese Rechnung so gar nicht auf. Im Gegenteil: Mit 76 Gegentoren wurde Fulham zur Schießbude der Liga. Zu allem Überfluss steht Mawson aufgrund einer Verletzung mit anschließender Knie-OP seit Ende Dezember nicht zur Verfügung.
Sessegnon mit Ladehemmung - Babel kommt zu spät
Zum Problem wurden nicht nur die neu verpflichteten Spieler, sondern auch die Leistungsträger der vergangenen Aufstiegssaison. Fulham-Youngster Ryan Sessegnon hatte mit 15 Toren und sechs Vorlagen in 46 Championship-Spielen wohl den größten Anteil am Aufstieg in die Premier League. Zu diesem Zeitpunkt war der Flügelspieler gerade einmal 16 bzw. 17 Jahre alt.
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Doch mit dem Aufstieg kam bei ihm die Ladehemmung. Der Top-Torjäger der vergangenen Saison brachte es in bisher 30 Einsätzen auf nur zwei Tore und sechs Vorlagen - ein treffsicherer Sessegnon hätte dagegen zum Garanten für den Klassenerhalt werden können.
Fulham reagierte auf die Flaute des Offensivspielers und holte in der Winterpause Oranje-Kultstürmer Ryan Babel von Besiktas nach London. Dessen drei Tore und drei Assists in elf Spielen für Fulham kamen zu spät, um den Klub vor dem Abstieg zu bewahren.
Zwei Trainerwechsel zahlen sich nicht aus
Ein weiterer Beweis, dass bei Fulham in dieser Saison so gut wie nichts zusammenlief, sind die zwei Trainerwechsel binnen 106 Tagen - die auch noch erfolglos blieben. Ende November musste zunächst Slavisa Jokanovic, der seit Dezember 2015 im Amt war, seine Koffer packen. Für den Aufstiegscoach standen nach zwölf Spielen nur ein Sieg und zwei Remis sowie der letzte Tabellenplatz zu Buche.
Claudio Ranieri, der Leicester City 2016 zur Meisterschaft in der Premier League geführt hatte, sollte die Mannschaft zurück in die Erfolgsspur bringen. Als der Italiener 17 Spiele später mit zwölf Punkten (drei Siege, drei Remis, elf Niederlagen) nur einen Tabellenplatz gut gemacht hatte, zogen die Klubverantwortlichen erneut die Reißleine.
Seit Ende Februar sitzt Scott Parker interimsmäßig auf der Trainerbank, konnte den Klub jedoch nicht mehr vor dem Abstieg bewahren (fünf Spiele, fünf Niederlagen). 16 Zähler Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz, und das fünf Spieltage vor Saisonende, sind ein vernichtendes Zeugnis.
"Wir können keinen Sturm überstehen", sagte Parker nach dem 1:4 in Watford am Dienstag, das den Abstieg besiegelte. Diese Niederlage sei ein Spiegelbild der Saison gewesen, das Team habe sich regelmäßig fatale Schwächephasen geleistet.
Kamara sorgt für weitere Unruhe
Zum Jahreswechsel brachte Mittelstürmer Aboubakar Kamara weitere Unruhe in den Verein. Hatte er sich zuvor noch mit fünf Saisontoren in den Dienst der Mannschaft gestellt, kam es Ende Dezember während des Spiels gegen Huddersfield Town zu einem ersten Eklat, als sich der 24-Jährige entgegen teaminterner Absprachen bei einem Elfmeter das Leder schnappte - und scheiterte. Nur wenige Wochen später zoffte sich der Franzose mit Stürmerkollege Mitrovic bei einer Yoga-Stunde.
Um dem Ganzen noch eins draufzusetzen, wurde er nach BBC-Berichten Mitte Januar wegen Verdachts auf Körperverletzung und kriminelle Aktivitäten festgenommen. Fulham reagierte, schloss den Franzosen "auf unbestimmte Zeit von allen Klubaktivitäten aus" - und verlieh ihn in der Winter-Transferperiode für den Rest der Saison in die türkische Süper Lig an Malatyaspor.
Mitrovic und Schürrle noch die Besseren
Auch wenn Andre Schürrle seit dem Gewinn des WM-Titels 2014 weit von seiner damaligen Form entfernt ist: Schürrle trägt noch am wenigsten die Schuld für den Abstieg.
Im Gegenteil: Zusammen mit Mittelstürmer Aleksandar Mitrovic war der Deutsche noch einer der Besseren im Verlauf der Saison. Der Serbe bewies mit zehn Toren und zwei Assists in 32 Premier-League-Spielen immerhin seinen Torriecher. Schürrle, der sechs Spiele krankheitsbedingt verpasste, steuerte sechs Tore in 24 Einsätzen bei und ist damit zweitbester Torschütze der Cottagers. Sein Treffer gegen den FC Burnley im Januar wurde zum "Tor des Monats" gewählt.
"Dem Klub war nicht bewusst genug, dass der Umbruch Zeit benötigt und nicht direkt Erfolg verspricht", sagte Schürrle bereits im Dezember. Er war unter Fulhams vielen Transfer-Flops immerhin eine gelungene Leihe.
Während es für ihn erst einmal wieder zurück zum BVB geht, muss Fulham mitsamt der teuer verpflichteten Spieler den bitteren Gang in die zweite englische Liga antreten.